Bis zu 750 Proben werden jährlich aus dem Kreis Rottweil zur Untersuchung nach Freiburg geschickt. Foto: dpa

Wenn die Toilette zur Küche wird. Lebensmittelkontrolleure entdecken immer wieder Kurioses. "Hühnerfleisch – neu: jetzt mit Fleisch".

Kreis Rottweil - Ekel – das ist höchstwahrscheinlich das erste Gefühl, das Besucher des Veterinäramts beim Betrachten der Vitrinen überkommt. In zwei Glasschränken präsentieren die Lebensmittelkontrolleure ihre schlimmsten Funde: Da steht ein im Jahr 1998 abgelaufenes Glas Silberzwiebeln neben einem Klebestreifen voller Kakerlaken, rostigen Pfannen, verdreckten Putzlappen und einem Paar beschlagnahmter Bäckerschuhen, die fast bis zur Unkenntlichkeit verdreckt sind.

Im Landkreis mussten nur wenige Betriebe geschlossen werden

Vom kleinen Krabbeltierchen bis zum ausgewachsenen Nager haben Frank Rönz und Frank Arnold schon alles entdeckt. Zusammen mit zwei weiteren Lebensmittelkontrolleuren sind sie für den Kreis Rottweil zuständig. Vom landwirtschaftlichen Erzeuger über den Transport und die Herstellung bis hin zum Betrieb, in dem die Ware verkauft wird, decken die Beamten alles ab. Bei einem Landkreis von etwa 770 Quadratkilometern Fläche bereitet das eine Menge Arbeit. Allein 1914 Lebensmittelbetriebe müssen kontrolliert werden. Nichtsdestotrotz sei man »mittlerweile gut aufgestellt« erklärt Rönz.

Laut dem Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz mussten im vergangenen Jahr etwas mehr als 1000 Betriebe in Baden-Württemberg sofort geschlossen werden. Werner Schneider, Amtstierarzt und Sachgebietsleiter für Lebensmittel tierischer Herkunft, Fleischhygiene und Lebensmittelüberwachung im Landkreis Rottweil, hält diese Zahl für überzogen. »Wir haben im vergangenen Jahr lediglich acht Betriebe im Kreis vorübergehend schließen müssen«, erklärt er. Was genau passiert also, wenn bei den Untersuchungen etwas Ungewöhnliches festgestellt wird?

»Wenn ein Erreger gefunden wird, müssen wir das sofort melden«, erklärt Schneider. Dann werde erörtert, wie viele der kontaminierten Lebensmittel schon verbreitet wurden und wie man weiter vorgeht. Rückrufaktionen und Verkaufsstopps sind in den meisten Fällen die Folge. Im Kreis passiere das allerdings vergleichsweise selten. »Hier herrscht ein relativ hohes Niveau, was Lebensmittel anbelangt«, erklärt Schneider. Rönz führt das auch auf die hohe Frequenz der Kontrollen zurück.

Neben dem Zustand der Lebensmittel kontrollieren die Beamten auch das Umfeld, in dem die Ware angeboten wird. Schneider erinnert sich an einen besonders heiklen Fall. »Da saß der Mann der Inhaberin auf dem heruntergeklappten Toilettensitz im Waschraum und hatte vor sich eine Tüte mit Hähnchenschenkel, die er portionsweise abpackte.« Selbst als er den Mann auf die unhygienischen Umstände ansprach, schien ihn das nicht besonders zu beeindrucken.

Je nachdem wie groß der Verstoß gegen die Hygienevorschriften ist, muss ein Betrieb geschlossen werden. »Wir schließen dabei allerdings nie die ganze Gaststätte, sondern lediglich die Küche«, erklärt Schneider. Oft würden die Wirte für einige Zeit von sich aus schließen, um den Schaden zu beheben. »Da hängt dann halt ein ›Wir sind im Urlaub-Schild‹ an der Tür«, berichtet Arnold.

Neben diesen Sonderfällen sind es oft Kleinigkeiten, die die Beamten bemängeln. »Wir verhängen dann ein Bußgeld und kontrollieren den Betrieb erneut«, schildern sie. Dabei schreckt man auch nicht vor vierstelligen Beträgen zurück. »Je höher das Bußgeld, desto besser der Lerneffekt«, resümiert Rönz. Die Höhe der Strafe hänge allerdings vom Ertrag des Betriebs und der Härte des Verstoßes ab.

Verbraucher muss Vertrauen in Kontrolleure haben

Doch wie erkennt der Verbraucher, welche Läden man meiden sollte, oder wohin man die Schwiegereltern lieber nicht zum Essen einlädt? In Berlin wurde ein »Smileysystem« genutzt, um die Kunden über die Hygienezustände zu informieren. So eine rechtlich umstrittene private Initiative gab es im Kreis Rottweil bisher nicht. Man müsse eben auf die Arbeit der Kontrolleure vertrauen. »Zudem hilft der eigene kritische Blick«, ergänzt Rönz. Dreckige Toiletten können ein Anzeichen für Hygienemängel sein. Das Sprichwort »vorne hui, hinten pfui« sei allerdings auch nicht vollkommen von der Hand zu weisen. »Da gibt es auch Betriebe, wo die Toiletten sauber sind, die Küche aber dreckig ist.«

Am Ende präsentiert Rönz lachend seinen Lieblingsfund, ein Glas mit Hühnerfleisch, das einen Ehrenplatz in der Vitrine erhalten hat. Auf dem Etikett prangt der Schriftzug: »Hühnerfleisch – neu: jetzt mit Fleisch.« Was sich davor in dem Glas befand, bleibt unklar. Manchmal möchte man das auch gar nicht so genau wissen.

Wie oft welcher Betrieb kontrolliert werden muss, wird von einem System geplant, das unter Berücksichtigung verschiedener Faktoren eine Risikoanalyse erstellt. So spielen beispielsweise die Art der verkauften Lebensmittel aber auch die Größe des Betriebs eine Rolle.

Anhand dieser Daten wird ein Plan erstellt, der das Risiko einer Verunreinigung einschätzt und den Beamten vorgibt, wie, wo und wann kontrolliert werden muss. Ein Getränkemarkt wird infolgedessen seltener besucht als etwa eine Metzgerei. Vor allem die Entnahme von Proben ist dabei wichtig: Bis zu 750 werden jährlich im Kreis Rottweil genommen und nach Freiburg in die Untersuchungsanstalten geschickt.