Die Einführung des Mindestlohns senkt auch die Hartz IV-Leistungen und entlastet damit die Kommunen, wird beim Deutschen Gewerkschaftsbund betont. Foto: Büttner

Gewerkschaftsbund: Hartz-IV-Risiko im Kreis Rottweil ist halb so hoch wie im Durchschnitt Baden-Württembergs.

Kreis Rottweil - Die Beschäftigten im Landkreis Rottweil haben nach einer Auswertung des DGB ein unterdurchschnittliches Verarmungsrisiko. Das bedeute aber noch lange keine Entwarnung beim Streben nach angemessener Bezahlung. Allein für jene Beschäftigten im Kreisgebiet, die trotz eines sozialversicherten Jobs von ihrer Arbeit allein nicht leben könnten, müssen nach DGB-Berechnungen rund zwei Millionen Euro im Jahr an Hartz-IV-Leistungen gezahlt werden. "Die Armut von Beschäftigten verzerrt den Arbeitsmarkt und kommt den Steuerzahler teuer zu stehen", sagt DGB-Kreisverbandsvorsitzender Bernd Scheibke. Der geplante Mindeststundenlohn von 8,50 Euro komme nicht nur vielen Geringverdienern zu Gute, sondern entlaste auch den Haushalt der Kommunen im Kreisgebiet ebenso wie den Bund.

Im Sommer 2013 wurden laut DGB in Rottweil 294 Beschäftigte gezählt, die ergänzend Hartz-IV-Leistungen erhielten. "Trotz eines sozialversicherten Jobs konnten sie von ihrer eigenen Arbeit allein nicht leben und waren ergänzend zu ihrem Lohn auf staatliche Fürsorge angewiesen. Nicht berücksichtigt ist dabei die sogenannte Dunkelziffer erwerbstätiger Armer, die aus Scham oder Unwissenheit auf ihnen zustehende Hartz-IV-Leistungen verzichten", heißt es in dem DGB-Papier.

Dass das Hartz-IV-Risiko aller sozialversichert Beschäftigten im Landkreis dreimal niedriger als im Bundeschnitt und etwa halb so hoch wie im Schnitt in Baden-Württemberg sei, sei natürlich sehr positiv zu werten, betont Scheibke ebenfalls.

Erstmals legt der DGB Daten vor, die zeigen, dass Beschäftigte im Kreis Rottweil ein etwas geringeres Verarmungsrisiko haben als in den umliegenden Landkreisen. Der Anteil der Beschäftigten mit ergänzendem Hartz-IV-Bezug war im Landkreis Rottweil ebenso hoch wie in Tuttlingen und Zollernalb. Lediglich im Landkreis Calw ist das Hart-IV-Risiko um 0,1 Prozentpunkte niedriger (Vergleich Landkreise für 2012).

Jedoch sind auch in Rottweil Niedriglöhne und die oftmals hohen Mietkosten aus gewerkschaftlicher Sicht die wesentlichen Ursachen dafür, dass Beschäftigte auf Hartz IV angewiesen sind.

Das Verarmungsrisiko ist laut DGB-Statistik stark von der Branchenzugehörigkeit abhängig. Demnach ist das Hartz-IV-Risiko im Reinigungsgewerbe bundesweit etwa sechs Mal höher als in allen anderen Branchen. Im Gastgewerbe sowie der Leiharbeit ist das Hartz-IV-Risiko etwa drei Mal höher als in der Wirtschaft insgesamt.

Trotz der landesweit guten Position des Kreises Rottweil müssen für die Beschäftigten mit sozialversicherten Jobs im Jahr 2012 nach DGB-Berechnungen ergänzende Hartz-IV-Leistungen von fast zwei Millionen Euro gezahlt werden. Diese Steuermittel waren notwendig, um Geringverdienern überhaupt das gesellschaftliche Existenzminimum garantieren zu können. Laut DGB entfielen davon allein auf die Mietzahlungen für Hartz-IV-Beschäftigte fast eine Million Euro, die größtenteils von den Kommunen im Landkreis finanziert werden müssen.

"Erwerbseinkommen wird zwar grundsätzlich auf Hartz IV angerechnet, doch vorrangig auf die vom Bund zu tragenden Regelleistungen für den Lebensunterhalt. Erst wenn der Bund für diese Leistungen nicht mehr einspringen muss, wird darüber hinausgehendes Einkommen auch auf die Mietzahlung der erwerbstätigen Aufstocker angerechnet. Die Städte bleiben so lange in der finanziellen Verantwortung, bis Beschäftigte keine aufstockenden Fürsorgeleistungen mehr erhalten und Hartz IV überwunden werden kann. Gerade dort, wo Arbeitslosigkeit sowie Armut trotz Arbeit am größten sind, werden Städte und Gemeinden finanziell in besonderer Weise betroffen", heißt es in einer Erklärung des Gewerkschaftsbundes.

Der bisher vorliegende Gesetzentwurf zum Mindestlohn hat laut Scheibke auch Schattenseiten. Die vorgesehenen Ausnahmen für junge Menschen und Langzeitarbeitslosen seien willkürlich und diskriminierend. Langzeitarbeitslose bräuchten Förderung und Unterstützung. Sie vom Mindestlohn auszunehmen, sei stigmatisierend und bedeute, dass diese Menschen künftig als Lohndumpingreserve ausgenutzt würden.