Auch Kinder und Jugendliche sind bei der Fachstelle Sucht weiter im Blick. (Symbolbild) Foto: Polizeiliche Kriminalprävention

Kinder und Jugendliche weiter im Blick. Auch ohne Gruppentreffen wird Kontakt gehalten.

Kreis Rottweil - Auch die Fachstelle Sucht in Rottweil wird derzeit von einer "neuen Realität" eingeholt. Die Nachfrage nach Beratung bei Suchterkrankungen ist auch zu Corona-Zeiten hoch, gleichzeitig sind die Möglichkeiten eingeschränkt. Nicht zuletzt die Kinder sollen jetzt keinesfalls im Stich gelassen werden.

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Die Versorgung der Menschen, die die Unterstützung der Fachstelle benötigen, hat - mit den aktuell deutlich reduzierten Möglichkeiten und Kontaktbeschränkungen - weiter oberste Priorität, berichtet Leiterin Anja Klingelhöfer.

Es sei über die gesamte Zeit ein differenziertes Angebot mit Telefon, Internet und wenn notwendig auch persönlichen Kontakten auf die Beine gestellt worden. Seit dieser Woche ist mit den notwendigen Schutz- und Hygienemaßnahmen auch persönlicher Kontakt in der Fachstelle in der Schramberger Straße wieder möglich. Die besondere Bedeutung der ambulanten Suchthilfe im Zusammenhang mit den Auswirkungen der Epidemie, sei nun auch von der Landesregierung durch die Zuordnung zur "systemrelevanten Infrastruktur" betont worden.

Im Rückblick auf Projekte und Entwicklungen 2019 bei der Fachstelle zeigen sich zahlreiche Erfolge. Der erfolgreiche Start des ambulant betreuten Wohnens für Menschen, die im Verlauf ihrer Suchterkrankung eine wesentliche seelische Behinderung entwickelt haben, war laut Mitteilung ein wichtiger Meilenstein.

Engpass zeichnet sich ab

Für die substituierten Klienten, also die, die mit einer Ersatzdroge behandelt werden, zeige sich die Versorgungslage im Landkreis laut Klingelhöfer nach wie vor unsicher. Im Landkreis Rottweil gebe es mittlerweile nur noch eine Arztpraxis, die fast alle substituierten Patienten des Kreises versorgt. "Unsere Kooperation mit dieser Praxis ist sehr gut und konnte 2019 durch eine neu von uns angebotene psychosoziale Sprechstunde in der Praxis vertieft werden", so Anja Klingelhöfer. Dennoch gebe es auf Grund des sich abzeichnenden Versorgungsengpasses größten Grund zur Sorge. Von einer geregelten Substitution, so Klingelhöfer, "profitieren nicht nur die Betroffenen, sondern auch deren Familien, Arbeitgeber und unsere gesamte Gesellschaft". Erfreulicherweise hätten sich 2019 zwei Drittel der betroffenen Klienten in einem Arbeitsverhältnis befunden.

Mehr als 70 Jugendliche und junge Erwachsene mit Auflagen und Weisungen der Staatsanwaltschaft oder des Gerichts wurden in die Fachstelle Sucht vermittelt. Das Programm "realize it" versucht, diese Klienten mit den Auswirkungen des Konsumverhaltens zu konfrontieren und bei der Entwicklung neuer Ziele zu unterstützen.

Auch mehr Beratungen von Eltern, deren Kinder Cannabis konsumieren, wurden gewünscht, außerdem stieg die Nachfrage nach einer stationären Langzeittherapie insbesondere im Drogenbereich.

Die Fachstelle beteiligte sich im Jahr 2019 an zahlreichen Präventionskampagnen in der Stadt und im Landkreis. Insgesamt wurden 953 Endadressaten und 234 Multiplikatoren erreicht. Der Schwerpunkt lag bei den Schulen mit insgesamt 22 Veranstaltungen. Es gab auch viele Angebote für Auszubildende.

Krisen reduzieren

Für Kinder aus suchtbelasteten Familien wurde eine Gruppe aufgebaut, die sich regelmäßig zum Kochen, Backen, Spielen, Basteln und Geburtstag feiern trifft. Das Angebot richtet sich an Mädchen und Jungen im Alter von 8 bis 12 Jahren aus dem ganzen Landkreis Rottweil, bei denen ein Elternteil oder beide Elternteile eine Suchtproblematik aufweisen. Die Kinder sollen in ihrer schwierigen Situation gestärkt werden und Hilfe finden. Ein Fahrdienst ermöglicht es Kindern aus dem ganzen Landkreis Rottweil, an der Gruppe teilzunehmen. Es sei ein großes Anliegen, auch jetzt den persönlichen Kontakt zu den Kindern aufrecht zu erhalten. "Wir versuchen durch Telefonate und Angebote dazu beizutragen, Krisen zu reduzieren und wenn nötig Unterstützung initiieren zu können".

Die ambulante Rehabilitation, die eine Alternative zur stationären Suchtbehandlung bietet, wurde 2019 von 29 Menschen in Anspruch genommen. In zeitlichen Intervallen werden Stressbewältigung, Konflikt- und Problembewältigung, Aktivierung der eigenen Ressourcen oder Entspannungsmöglichkeiten angeboten.

"Es gelingt bis heute gut, den regulären Betrieb aufrecht zu erhalten. Auch wenn keine Gruppenangebote stattfinden dürfen bemühen wir uns zu allen Klienten den Kontakt zu halten", so die Leiterin.