Norbert Utzler (links) und Johannes Huber erklären wie es zum Verkehrshieb an der Landstraße kommt. Foto: Cools

Aufgrund von Trockenheit wird 2018 das Ausmaß des Schadens wohl einen Höhepunkt erreichen.

Kreis Rottweil - "Was auf uns zukommt, ist verheerend", warnt der Schenkenzeller Landwirt Eugen Haberer vor einem kleinen Lebewesen, das Waldbesitzer seit Jahren in Angst und Schrecken versetzt: dem Borkenkäfer. 2018 wird das Ausmaß des Schadens wohl einen Höhepunkt erreichen.

Harzausfluss, Rindenabfall, Bohrmehlhaufen – wie ein dürrer Finger ragt die Spitze einer Fichte in den Himmel. Schuld an ihrem desolaten Zustand ist ein alter Bekannter. Der Borkenkäfer treibt, begünstigt durch die diesjährigen Wetterbedingungen, verstärkt sein Unwesen und greift Fichten wie auch Tannen an.

Besonders betroffen ist das nördliche Kreisgebiet ab Epfendorf, vor allem Dornhan und Sulz. "Hier ist es am trockensten und wärmsten", erklärt Norbert Utzler, stellvertretender Kreisforstamtsleiter, bei einem Vor-Ort-Termin an der Landstraße 410 zwischen Dornhan und Bettenhausen. Dort ist derzeit ein Verkehrssicherungshieb im Gange. In einem Zeitraum von zwei Wochen arbeiten vier Unternehmen daran, gut 1000 Festmeter Holz zu machen.

Einzige Option: Kahlschlag

Der Borkenkäfer habe die Fichten, die durch die anhaltende Trockenheit in diesem Sommer ohnehin geschwächt sind, befallen, erklärt Norbert Utzler. "An einer 3,5 Kilometer langen Strecke müssen wir teilweise bis zu 40 Meter tief in den Hang reingehen, um alle betroffenen Bäume zu erwischen", erklärt der Dornhaner Revierleiter, Johannes Huber.

Wo der Käfer auftaucht und einen Baum besetzt, gibt es nur noch ein probates Mittel: Kahlschlag. Denn der kleine Sechsbeiner nutzt die Stress-Situation der geschwächten Bäume aus und frisst sich durch deren Rinde. Dort legen die Weibchen ein Gangsystem für ihre Eier an, das den Wasserfluss des Baumes unterbricht und dazu führt, dass er abstirbt. Neben kleinen Hinweisen wie Rindenabfall und Bohrmehl ist der Befall mittlerweile auch aus der Weite zu erkennen: an braun verfärbten Baumkronen und dürren Bäumchen, die keinem Sturm Stand halten würden.

Beim Spaziergang durch das Waldgebiet zwischen Sulz und Dornhan-Weiden bietet sich ein Bild der Zerstörung. Zahlreiche Bäume sind schon abgeholzt, stapeln sich am Rand. "Fünf Hektar Fichten mussten wir hier abholzen. Man kommt mit dem Abtransport kaum mehr nach", erklärt Utzler. Ganze Waldabschnitte sind ausgelichtet.

"Gut zehn Jahre hatten wir keine größeren Kalamitäten, aber dieses Jahr wird ein Höhepunkt sein", prognostiziert Utzler. Als Kalamitäten bezeichnet man durch Schädlinge, Hagel, Sturm oder Ähnliches hervorgerufene Schäden. Seit Juni seien bereits große Mengen Käferholz angefallen.

Schon 2017 sei der Käferbestand hoch gewesen. "Das war die ideale Ausgangsposition", meint Utzler. Im schlimmsten Fall könnten aus einem befallenen Baum nach der dritten Generation Käfernachwuchs 2000 befallene Bäume werden, sagt der 64-Jährige.

50 Millionen Festmeter Borkenkäferholz sollen europaweit angefallen sein, hat Utzler vom Landesholzverkäufer erfahren. Im nördlichen Kreisteil seien bereits mehr als 15 000 Festmeter als Käferholz identifiziert worden, knapp 50 Prozent des regulären Fichteneinschlags.

Einen spontanen Kahlschlag bei rund 20 befallenen Bäumen gab es kürzlich im Epfendorfer "Pfannenstiel". Auch tief im Schwarzwald, insbesondere in Schenkenzell und Schiltach, ist die Lage besorgniserregend. "Was auf uns zukommt, ist verheerend", sagt Landwirt Eugen Haberer aus Schenkenzell. Der Buchdrucker sorge für eine bläuliche Verfärbung des Holzes und sorge damit dafür, dass die Sägewerke es als minderwertig einstufen.

"Bei den ersten dürren Ästen muss man schon reagieren, sonst ist es zu spät", warnt Haberer. Wenn man dann einen Baum anpiekse und kein Harz mehr herausfließe, wisse man Bescheid. Tausende von Festmetern seien in seiner Region betroffen.

Er selbst sei noch verhältnismäßig zufrieden, auch wenn bereits gut 60 Prozent seines Waldgebiets aus Käferholz bestehe. "Wir haben eine nie da gewesene Kalamität dieses Jahr. Da müssen Waldbesitzer aufmerksam sein. Ich bin täglich draußen und kontrolliere den Bestand", sagt der Schenkenzeller.

Seine Hoffnung liegt nun in den kühleren Temperaturen. "Wenn die Käfer jetzt aufhören zu fliegen, wäre das ein Glücksfall", sagt er.

Bestand überprüfen

"Unsere Förster und Waldarbeiter waren über den Sommer in den Wäldern unterwegs, um potentielle Schadenflächen zu finden. Betroffene Bäume wurden gefällt und manche Stämme begiftet, um das Ausfliegen des Käfers zu vermeiden", erklärt Utzler. Beim Privatwald hat er jedoch kaum Handlungsmöglichkeiten. "Bei Befall informiere ich die Besitzer und rate ihnen, das Käferholz zu fällen", sagt er. Generell sollten Waldbesitzer ihren Bestand möglichst wöchentlich überprüfen, um den Schaden einzudämmen.

Manche Schlacht ist verloren, doch der Krieg noch lange nicht zu Ende. Mittlerweile hat der Borkenkäfer aufgrund der tiefen Nachttemperaturen seine Aktivitäten eingestellt und bleibt entweder unter der Rinde oder im Boden zur Überwinterung.

Utzler und seine Kollegen haben dem Käfer den Kampf angesagt. "Wenn das Frühjahr feucht und kühl wird, dann haben wir vorerst gewonnen", sagt er und wirft einen wehmütigen Blick auf die vielen braunen Fichten, die in diesem Sommer Opfer des Käfers geworden sind.