Der Angeklagte legte Berufung ein. 2019 wurde das Urteil vor dem Rottweiler Landgericht aufgehoben mit der Begründung, das Material sei in der Anklage nicht genau genug beschrieben worden.
Die Staatsanwaltschaft legte Revision ein. Der Fall landete vor dem Oberlandesgericht in Stuttgart. Dort entschied man, dass die Anklage sehr wohl zulässig sei. Der Fall wurde zurück an das Rottweiler Landgericht gegeben und am Dienstag erneut verhandelt – rund fünf Jahre später.
59-Jähriger bereut die Tat
Diesmal ging es jedoch nur noch um das Strafmaß. Der Angeklagte war geständig. "Ich habe mir geschworen, mir nie wieder solche Bilder anzusehen", sagte er. Aus Mangel an Freunden habe er nach "Unterhaltung" gesucht. Bilder dieser Art erregten ihn nun nicht mehr, beteuerte er. Er habe sich Hilfe gesucht und erhalte Spritzen zur Triebdämpfung. Seitdem habe er keine Lust mehr auf Sex. Richter Hornikel bestürzte vor allem die fehlende Opferempathie. "Damals habe ich mir darüber keine Gedanken gemacht", gab der 59-Jährige zu. Heute verabscheue er es.
Warum bei der zweiten Durchsuchung wieder Bilder gefunden wurden, sei ihm unerklärlich, beteuerte der Angeklagte. "Es kann sein, dass ich damals besoffen war", räumte er ein.
Der 59-jährige Pädophile ist kein unbeschriebenes Blatt. In den 90er-Jahren wurde er mehrfach wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern verurteilt und saß im Gefängnis. Damals hatte er sexuelle Handlungen an einem elf- und zwei 13-jährigen Jungen gefordert und vorgenommen. Umso unglaublicher wirkt, dass er zeitweise als Hausmeister in Schulen im Kreis Rottweil angestellt war. Diese Voreintragungen waren jedoch nach der langen Zeit getilgt und durften nicht für das Urteil herangezogen werden.
Mittlerweile wohnt der 59-Jährige in Sachsen-Anhalt. Er hat einige körperliche Gebrechen, keine sozialen Kontakte und lebt seit vielen Jahren von Arbeitslosengeld. Der psychologische Sachverständige Ralph-Michael Schulte attestierte ihm eine bisexuelle Kernpädophilie. Offenbar sei er als Kind selbst sexuell missbraucht worden. Im Vergleich zur ersten Begutachtung habe sich das Urteilsvermögen des Angeklagten verbessert. Eine schwere seelische Abartigkeit sei nicht zu diagnostizieren, weswegen er voll schuldfähig sei. Die soziale Situation des vereinsamten 59-Jährigen sei ein Risikofaktor. Er könnte depressiv werden und versuchen, dies mit "Trieberlebnissen" kompensieren. Eine absolute Sicherheit, dass er sich unter Kontrolle habe, gebe es nie. "Man kann diese Menschen nicht therapieren", so Schulte. Man könne nur das Verhalten ändern.
Angst vor dem Gefängnis
Der Verteidiger, Wolfgang Burkhardt, sagte, die Jahre bis zu dieser Verhandlung hätten seinen Mandanten stark belastet. Er habe unter der Angst vor dem Gefängnis gelitten. Der Angeklagte habe sein Problem erkannt. "Ich habe alles verloren. Wenn ich jetzt ins Gefängnis müsste, wäre das der totale Untergang", meinte der 59-Jährige.
Bei der Urteilsbegründung machte Richter Hornikel deutlich, dass es sich angesichts der Datenmenge und der Inhalte um schwerwiegende Taten handle, die keinesfalls bagatellisiert würden. Man habe lange mit der Entscheidung gerungen. Der Angeklagte sei ein "Opfer seiner Neigungen" und müsse engmaschig betreut werden. Die Bewährungszeit beträgt vier Jahre. Man will den Pädophilen "im Auge behalten". Mit Blick auf das "ungewöhnlich lange und unglücklich gelaufene" Verfahren und darauf, dass der Angeklagte sich Hilfe gesucht habe, könne die Strafe zur Bewährung ausgesetzt werden.
Die Erleichterung des 59-Jährigen dürfte jedoch nicht lange anhalten. Auf ihn wartet noch ein Prozess wegen des Materials, das bei der zweiten Durchsuchung gefunden wurde. Dann wird er seinen Dämonen abermals ins Auge blicken müssen.
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