Auf dem Oberndorfer Fahrplan stehen die richtigen Zeiten. Foto: © imagesbykenny – stock.adobe.com

"Reise" nach Oberndorf scheitert. Missverständnisse sind vorprogrammiert. Mit Kommentar

Kreis Rottweil - Steffi Reusch aus Dietingen-Rotenzimmern ist sauer. "Das ist wirklich ein Unding", sagt sie am Telefon und meint damit den ÖPNV im Kreis Rottweil, der ihrer Meinung nach überhaupt nicht funktioniert.

Da wolle man in der heutigen Zeit etwas für den Planeten tun, könne aber dennoch nicht problemlos von A nach B gelangen, fährt sie verärgert fort.

Aber von Anfang: Steffi Reusch hatte Besuch aus Stuttgart. Der Umwelt zuliebe, ist dieser mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zu ihr nach Dietingen-Rotenzimmern gefahren, "und wir waren bei der Hinfahrt noch so begeistert", sagt Reusch. Ihr Besuch sei in Rosenfeld gestrandet und mitten in der Stadt von einem netten Busfahrer eingesammelt worden, der sie dann nach Rotenzimmern gebracht habe.

Firma nicht mehr für den Rufbus zuständig?

Als der Besuch dann irgendwann den Heimweg antreten wollte, hatte dieser allerdings weniger Glück: Reusch öffnete die Internetseite der Deutschen Bahn und suchte nach einer passenden Bus-Verbindung von Rotenzimmern nach Oberndorf. Von dort aus die Besucher mit dem Zug nach Stuttgart gelangen wollten. Dabei erhielt sie die Informationen: Abfahrt um 11.43 Uhr am Rössle in Rotenzimmern mit einem Rufbus, den sie eine Stunde vorher telefonisch bestellen müsse. Bereits um 9.15 Uhr rief Reusch daraufhin die auf der Internetseite genannte Nummer an – erfolglos: "Niemand ging ans Telefon", erzählt sie. Daraufhin rief sie die Zentrale von Hauser Reisen an, wo das Gespräch von einem Anrufbeantworter entgegengenommen wurde. Sie hinterließ eine Nachricht. Dann sei viel Zeit verstrichen, bis endlich eine Dame zurückrief, um Reusch zu erklären, dass die Firma nicht mehr für den Rufbus zuständig sei und das falsch im Internet stehe. Sie gab ihr die vermeintlich richtigen Kontaktdaten.

Nachdem Reusch ihren Besuch zwischenzeitlich selbst zum Oberndorfer Bahnhof gefahren hatte, versuchte sie trotzdem die genannte Nummer zu erreichen. Wieder meldete sich ein Anrufbeantworter, der ihr eine weitere Nummer mitteilte. Sie rief die Nummer an - diesmal mit Erfolg: "Allerdings ging dann ein eher übel gelaunter Mann ran, der mir die Nummer von Hauser Reisen gab, die ich ja schon angerufen hatte", schildert Reusch. Der Mann war Hans Keller, Geschäftsführer des Unternehmens Omnibus Fischinger. Ihm sagte sie, dass Hauser Reisen doch nicht mehr zuständig sei, weshalb er ihr die Nummer vom Anruf- und Sammelbus gab, der im Landkreis abends und am Wochenende den normalen Linienbusverkehr ergänzt. "Außerdem sagte er mir, dass sein Anrufbus samstags ab 13 Uhr gar nicht mehr fährt, obwohl die Internetseite der Deutschen Bahn noch weitere Verbindungen um 14, 15 und 16 Uhr anzeigt", sagt Reusch. Verärgert legte Reusch wieder auf: "Da will man den ÖPNV nutzen, aber es funktioniert einfach nicht, und einer schiebt’s auf den anderen."

"Wir wollen mit unserem Rufbus die Umwelt weniger belasten"

Doch wer ist denn nun eigentlich zuständig, und welche Nummer ist die richtige, will Reusch wissen. "Omnibus Fischinger", weiß Heike Kopp, Leiterin des Nahverkehramts in Rottweil. Sie erklärt außerdem, dass das Unternehmen derzeit einige Linien nur auf Abruf fahren lässt, da die Schüler während der Ferien wegfallen. Das sei für das Unternehmen natürlich durchaus wirtschaftlicher und im Allgemeinen umweltfreundlicher, denn es mache ja keinen Sinn, leere Busse fahren zu lassen. Dieser Bus werde von dem Unternehmen "Rufbus" genannt - nicht zu verwechseln mit dem "Anruf- und Sammelbus", der abends und am Wochenende den normalen Linienbusverkehr in Rottweil ergänzt.

All das bestätigt Hans Keller, Geschäftsführer von Omnibus Fischinger, auch am Telefon. "Wir wollen mit unserem Rufbus einfach die Umwelt weniger belasten. Es lohnt sich nicht große Busse fahren zu lassen, wenn nachher nur zwei Fahrgäste drin sitzen." Sich selbst müsse er allerdings die Namensgebung "Rufbus" ankreiden, denn wenn solche Missverständnisse entstehen, sei ihm klar, dass die Leute diesen nicht von dem "Anruf- und Sammelbus" unterscheiden können.

Schriftliche Erklärung zu Vorfall

Zu den Vorkommnissen, die speziell das Erlebnis von Reusch und ihren Besuchern betreffen, äußert sich der Geschäftsführer mit einer schriftlichen Erklärung gegenüber dem Schwarzwälder Boten: In dieser schreibt er, dass Reusch im Internet die richtige Rufnummer für die gewünschte Verbindung erhalten habe. Dass sie unter der Rufnummer niemanden erreicht habe, nehme er zur Kenntnis. Dies komme daher, dass zu Schwachlastzeiten die Nummer überlastet sei. Dann müsse sie es einfach nochmal probieren. "Das passiert mir leider auch des Öfteren, auch bei anderen Telefonnummern, wie zum Beispiel der Zulassungsstelle des Landratamts Rottweil", führt der Geschäftsführer auf. Dennoch sei Reusch zurückgerufen worden, nur habe man ihr dann leider die falsche Nummer durchgegeben, sagt Keller weiter. Richtig stehe diese auf dem Oberndorfer Fahrplan wie beim Verkehrsverbund Rottweil (VVR) unter den Linien 34 und 35.

Was das Telefonat mit ihm betreffe, gibt Keller folgende Erklärung ab: "Leider habe ich mich kurz nach 13 Uhr, nachdem aus meiner Sicht kein Noteinsatz mehr erfolgen sollte, zum Mittagschlaf hingelegt. Nachdem ich eingeschlafen war, weckte mich das Telefon." Er habe Reusch gefragt, um was es gehe und nach dreimaligem Fragen die Antwort bekommen, dass sie sich über den Rufbus beschweren wolle. "Ich habe versucht, leider etwas mürrisch, zu erklären, dass es nach 13 Uhr zu spät ist, einen Rufbus von Rotenzimmern nach Oberndorf zu bestellen und ihr die Unterschiede von ›Rufbus‹ und ›Anruf- und Sammelbus‹ zu erläutern", sagt Keller weiter.

Des Weiteren schreibt Keller, dass jeder Fahrgast nicht nur Rechte, sondern auch Pflichten habe und er das vorraussetze. Und so könne er erwarten, dass sich die Kunden informieren, wenn es um die eigene Beförderung gehe. Am Telefon ergänzt Keller, dass man sich eben vorher darüber informieren müsse, welches ÖPNV-Unternehmen in der Stadt für die gewünschten Linien zuständig sei, um sich gleich an den richtigen Ansprechpartner zu wenden. Wichtige Termine solle man aus seiner Sicht sowieso zu den normalen Bürozeiten von Montag bis Freitag erledigen. Nichtsdestotrotz entschuldigt sich Keller für sein Benehmen.

Kundin sieht sich nicht in der Pflicht

Reusch findet das zwar nett, "aber es bringt mich nicht weiter". Sie hält nochmals fest, dass sie mehr als zwei Stunden den Rufbus anrufen wollte, aber dennoch niemanden erreicht hat und so den ÖPNV nicht nutzen konnte. Sie habe die "überlastete Nummer" mehrfach angerufen, doch die Dame habe sich viel zu spät bei ihr gemeldet. Außerdem sehe sie die Internetseite der Deutschen Bahn als "Die Plattform", wenn es in Deutschland um Verkehrsverbindungen des ÖPNV gehe und sieht sich nicht in der Pflicht, im Hintergrund zu recherchieren, welches Unternehmen zuständig sei, und die Informationen der Inertnetseite nochmals zu überprüfen. "Wenn das da steht, dann muss ich mich als Verbraucher auch darauf verlassen können, dass das stimmt."

Kommentar: Recherche

"Jeder Fahrgast hat nicht nur Rechte, sondern auch Pflichten", so die Aussage von Hans Keller, Geschäftsführer von Omnibus Fischinger. Er erwartet, dass alle Bürger, die den ÖPNV nutzen, sich darüber informieren müssen, welches Unternehmen die jeweilige Linie anbietet. Als Bürger sind wir also nicht nur dazu angehalten, den ÖPNV zu nutzen, um der Umwelt etwas Gutes zu tun – wir sollen auch noch aufwendige Hintergrundrecherchen betreiben, schließlich sei das ja unsere Pflicht. Dabei wird es uns Fahrgästen mit Bezeichnungen wie "Rufbus" und "Anruf- und Sammelbus" ja so einfach gemacht, den Überblick im ÖPNV-Linienwald zu behalten. Aber so haben ÖPNV-Anbieter eine Ausrede, wenn es Probleme gibt: Bei Beschwerden schiebt man den Schwarzen Peter einfach den Fahrgästen zu – immerhin haben die ja nicht gründlich genug recherchiert.