Georg Hiltner, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Konstanz (von links), Erika Faust, Chefin der Agentur für Arbeit und IHK-Präsident Dieter Teufel freuen sich über steigende Azubi-Zahlen. Foto: Eich

Tuttlingen meldet für 2014 die positivste Quote im Bezirk der Handwerkskammer Konstanz.

Kreis Rottweil - Das Handwerk bildet nach wie vor auf hohem Niveau aus, wäre in Teilen aber noch aktiver, wenn die Unternehmen geeignete Bewerber fänden.

Um noch mehr Jugendliche für einen Beruf im Handwerk zu begeistern, hat die Handwerkskammer ihre Berufsinformationstouren an Schulen im vergangenen Jahr verstärkt. "Wir können mit den Ausbildungszahlen zufrieden sein", sagt Georg Hiltner, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Konstanz, im Rahmen eines Bilanzgesprächs mit Vertretern der IHK und der Arbeitsagentur Schwarzwald-Baar-Heuberg.

Zum Stichtag 31. Oktober verzeichnete die Handwerkskammer 1836 neu eingetragene Lehrverhältnisse. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum ist das ein leichter Rückgang um 3,9 Prozent. Während sich in den Landkreisen Tuttlingen (+17 Prozent) und Schwarzwald-Baar (+1,1 Prozent) mehr junge Menschen als im Vorjahr für eine Ausbildung im Handwerk entschieden haben, verzeichneten die anderen Landkreise ein Minus der neu eingetragenen Ausbildungsverhältnisse (Rottweil: -15 Prozent, Waldshut: -14,8, Konstanz: -2,4 Prozent).

"Der Ausbildungsmarkt ist relativ stabil. Die regionalen Unterschiede pro Landkreis und Branche lassen sich als natürliche Schwankungen deuten, denn nicht jedes Unternehmen stellt jährlich einen neuen Auszubildenden ein. Oftmals geschieht dies im Zwei-Jahres-Rhythmus", er- läutert Hiltner. Während beispielsweise im vergangenen Jahr die Berufsgruppen Bau und Ausbau sowie Elektro und Metall boomten, gab es in diesem Jahr hier einen leichten Rückgang. Um das stabile Niveau weiterhin halten zu können, will die Handwerkskammer ihre Fachkräftesicherungsaktivitäten verstärken.

Zurücklehnen kann sich heute niemand mehr, denn bei sinkenden Schülerzahlen geht es in allen Branchen darum, die Besten für sich zu gewinnen", heißt es dazu. Ein Element ist das Handwerkmobil, ein mit Informationen vollgepackter Kleinbus, der an Schulen und auf Messen Halt macht.

In den Schulen erarbeitet eine Beraterin der Handwerkskammer Konstanz im Workshop gemeinsam mit den Schülern die Vielfalt handwerklicher Berufe und Perspektiven. "Die Schüler sind begeistert und oft überrascht, was alles zum Handwerk gehört. Da wird deutlich, wie wenige Berührungspunkte es zur Berufswelt gibt. Hier müssen wir ansetzen", so Hiltner. Er begrüße daher die Pläne der Landesregierung, die Berufsorientierung in allen Schulzweigen verpflichtend auszubauen. Gerade an Gymnasien gebe es auch bei den Lehrkräften Informationsdefizite.

"Die Gymnasien bereiten ihre Schüler immer noch klassisch auf ein Studium vor. Die Duale Ausbildung als Alternative für eher praktisch versierte junge Menschen werde noch zu selten in Betracht gezogen, oft auch aus eigener Unkenntnis, betont Hiltner. Auch hier setzt die Handwerkskammer mit Lehrerfortbildungen in den eigenen Bildungsstätten an.

Neben zahlreichen Aktivitäten der Handwerkskammer, angefangen von der bundesweiten Imagekampagne über Messen, Beratungen, eine Online-Ausbildungsplatzbörse bis zu Bildungspartnerschaften müssten auch die Betriebe weiter sensibilisiert werden. "Bevor ein junger Mensch in eine Ausbildung geht, fragt er sich doch: Macht der Beruf Spaß? Wie sind die Kollegen, der Chef? Und was kann ich dort im Betrieb erreichen? Auf diese Fragen müssen Unternehmen vorbereitet sein. Das Thema Arbeitgebermarke ist für alle Unternehmen wichtiger denn je", stellt Hiltner fest. Dabei dürfe sich das Handwerk auch neuen Zielgruppen nicht verschließen.

Große Potenziale sehe er in Studienabbrechern, aber längerfristig auch in Flüchtlingen, die oft eine solide Ausbildung mitbrächten. "Die Menschen sind hier und wollen arbeiten. Sicher ist eine Integration in den Arbeitsmarkt aufgrund der Sprachbarrieren erst einmal nicht so einfach zu stemmen, aber es sollte doch in die Überlegungen mit einfließen", so Hiltner. Zum Bezirk der Handwerkskammer Konstanz, der die Landkreise Konstanz, Schwarzwald-Baar, Tuttlingen, Rottweil und Waldshut umfasst, gehören rund 12 000 Handwerksunternehmen mit mehr als 70 000 Beschäftigten und 5000 Auszubildenden. Die Handwerkskammer vertritt nicht nur die Interessen ihrer Mitglieder, sondern bietet ihnen auch eine umfassende Beratung an, etwa zur Fachkräftesicherung, Aus- und Weiterbildung, Betriebswirtschaft, Unternehmensführung, Recht, Umweltschutz und Technologie. Außerdem unterhält die Handwerkskammer fünf Bildungseinrichtungen, neben den Bildungsakademien in Singen, Rottweil und Waldshut die Management-Zentrum gGmbH in Villingen sowie gemeinsam mit der IHK die Berufliche Bildungsstätte in Tuttlingen.