Beim Einkauf in der Apotheke steht Fachpersonal beratend zur Seite – doch das wird zunehmend rar. Foto: Günther Foto: Schwarzwälder Bote

Fachkräftemangel macht sich bemerkbar. Zahl der Standorte wird sich auch im Landkreis weiter ausdünnen.

Kreis Rottweil - Diese Nachricht ist bezeichnend: Eine Rottweiler Apothekerin muss eine Filiale im Nachbarlandkreis schweren Herzens schließen – weil das notwendige Personal fehlt. Die Mitarbeiter werden nun in Rottweil eingesetzt, denn: Die Arbeit wird immer komplexer, Fachkräfte sind zunehmend Mangelware.

"Der Personalmangel wird immer gravierender", sagt Eckart Sailer. Der Apotheker aus Rottweil ist als Pharmazierat für die Überprüfung von 72 Apotheken in den Kreisen Rottweil, Tuttlingen und Villingen-Schwenningen zuständig und weiß, dass allerorten Personal händeringend gesucht wird. Noch hält sich die Zahl der Apotheken im Kreis Rottweil relativ stabil. 2003 waren es noch 33, mittlerweile sind es 31. Doch: "Die Zahl der Apotheken wird sich auch bei uns weiter ausdünnen", so Sailer. Für etliche Kollegen, die bereits jenseits der 60 sind, werde es schwer werden, einen Nachfolger zu finden.

Allein 2018 haben laut Angaben der Apothekenkammer 49 Apotheken im Land geschlossen. Und mit der sinkenden Zahl wächst die Belastung für den Einzelnen. Zu den langen Öffnungszeiten kommen die Notdienste, die geleistet werden müssen.

Suche vergebens

Das hat schließlich dazu geführt, dass Iris Schneider, Inhaberin der gleichnamigen "Apotheke im Markt" im Rottweiler Kaufland nun ihre Filiale im Tuttlinger Kaufland zum Monatsende nach 13 Jahren schließen wird. "Das fällt mir nicht leicht", sagt sie, doch das notwendige Personal sei nicht zu bekommen. Allein am Hauptstandort Rottweil beschäftigt sie mehr als 20 Mitarbeiter in umgerechnet zwölf Vollzeitstellen. 72 Stunden Öffnungszeiten pro Woche gilt es abzudecken. "Wir können ja auch niemand anlernen und beschäftigen", so Schneider. Die Kräfte aus Tuttlingen werden künftig, wenn sie dies wollen, am Standort Rottweil eingesetzt.

Auch ihr Kollege Daniel Mulfinger, der im Bereich Rottweil/Spaichingen Ansprechpartner für die Notdienstpläne ist und zwei Apotheken in Wehingen und Gosheim betreibt, kann ein Lied vom Personalmangel singen. Gerade auf dem Land sei man besonders betroffen. Die Industrie ringsum schaffe attraktive Arbeitsplätze, die Fluktuation sei hoch. Viele Frauen arbeiten in Teilzeit. Die Folge: "50 Wochen im Jahr steh’ ich selbst hier drin", berichtet er. Gleichzeitig nehme der Versandhandel zu. "Die Gesellschaft wird entscheiden, ob sie uns vor Ort will", sagt er.

Apotheker wie er kennen ihre Kundschaft "zu 95 Prozent" persönlich. Gerade erst habe er sich für eine ältere Kundin Zeit genommen und ihr erklärt, wie sie ihr Asthma-Spray richtig benutzen muss. "Da hat sich der Tag schon wieder gelohnt." Wie viele Kollegen versuche er, über Praktika junge Menschen für den Beruf zu begeistern.

Gelingt dies künftig nicht, sind die Konsequenzen gravierend. Schon vor einigen Jahren mussten die Notdienstbereiche Rottweil und Spaichingen zusammengelegt werden, um die Zahl der Notdienste abfangen zu können.

Auch Medikamente sind rar

In diesem Bereich hat jede Apotheke nun alle 16 Tage Notdienst. "Im Bereich Schramberg/Oberndorf/Sulz ist man ärmer dran", erklärt Peter Berthold, bei der Landesapothekenkammer für die Dienstbereitschaft zuständig. Der Notdienst-Turnus beträgt hier nur zwölf Tage. Wegen der topografischen Gegebenheiten sind jeweils zwei Apotheken eingeteilt – beispielsweise in Lauterbach und in Dornhan –, um die Anfahrt für die Bürger nicht zu lang werden zu lassen. Mehr als 25 Kilometer sollten es nicht sein. Sinkt die Zahl der Apotheken weiter, wird sich die Lage bei den Notdiensten verschärfen – wie zum Beispiel im Bereich Titisee-Schluchsee. Alle neun Tage ist hier Notdienst angesagt, vor allem kleine Apotheken leiden.

Leider, so die Landesapothekenkammer, habe es die Politik vernachlässigt, faire Wettbewerbsbedingungen zu schaffen. Während deutsche Apotheken Notdienste rund um die Uhr leisten und die Patienten beraten, "picken sich die ausländischen Versandapotheken lediglich die Rosinen heraus". Dies mache den Apotheken vor Ort das Leben zusätzlich schwer.

Eckart Sailer verzeichnet zumindest einen Hoffnungsschimmer: So sei es in letzter Zeit gelungen, junge Leute über Praktika in seiner Apotheke in ein Studium zu bekommen. Außerdem strebt er die Akkreditierung zur akademischen Ausbildungsapotheke an.

Daneben sind er und seine Kollegen aufgrund des aktuellen Medikamentenmangels täglich intensiv damit beschäftigt, die Medikamente überhaupt zu beschaffen. "Wir müssen viel Zeit investieren, um zu schauen, wo wir was herbekommen", berichtet Sailer. Eine von vielen Hürden, die nur mit viel Leidenschaft zum Beruf zu bewältigen sind.