AfD-Kandidat Reimond Hoffmann (von rechts) und Landtagsabgeordneter Emil Sänze in Begleitung seiner Frau tauschen sich mit Interessierten aus. Foto: Kübler

Bundestagswahl: Direktkandidat kritisiert Flüchtlingspolitik. "Eigene" deutsche Vielfalt erhalten.

Kreis Rottweil - Einen Verfall der deutschen Kultur – den sieht AfD-Bundestagskandidat Reimond Hoffmann. Er meint zudem: Milliarden Euro für Flüchtlinge wären an anderer Stelle besser investiert.

Nach und nach kommen Gäste in das Nebenzimmer der Pizzeria in Nendingen (Kreis Tuttlingen). Die meisten kennen sich, eine Männergruppe mit schwarzen T-Shirts, Piercings und Tattoos ist jedoch zum ersten Mal bei dem AfD-Stammtisch. Dann betritt Reimond Hoffmann den Raum. Er ist AfD-Bundestagskandidat für den Kreis Rottweil. Hoffmann schüttelt jedem einzelnen Gast die Hand, dann bezieht er in der Mitte der Tischrunde Stellung.

Der Kandidat schaltet ohne Umschweife in den Wahlkampfmodus. "Die einzige Partei, die für Deutschland ist, ist die AfD", sagt er. Es folgt der erste Angriff: CDU-Konkurrent Volker Kauder gehöre zu einem "Klüngel". Der Politiker könne sich nicht durchsetzen. Wie beim Thema Ehe für alle. Ein vernünftiger Politiker hätte den Mund aufgemacht, meint Hoffmann. Der 30-Jährige spricht mit Nachdruck, gestikuliert mit zur Faust geballten Hand.

Nächstes Thema: Flüchtlinge. Linke Politiker hätten gesagt, der Familiennachzug sei "nicht so schlimm". Hoffmann, der als Teil der banater-schwäbischen Minderheit in Rumänien geboren wurde, blickt empört in die Runde. Seine Überzeugung ist: Die Menschen könnten wieder nach Syrien zurückkehren. Der IS sei schließlich besiegt.

30 Milliarden Euro würden pro Jahr für Flüchtlinge ausgegeben – "Wie vielen Menschen könnten wir dafür vor Ort helfen?", fragt der Kandidat. "Vor Ort" – damit meint Hoffmann die Herkunftsländer. Während sich der Politiker in Rage redet, blickt Parteikollege Emil Sänze auf sein Handy oder blättert in einem Flyer.

Kernthema Asylbewerber

Hoffmann resümiert: "Die Steuergelder werden an den falschen Stellen eingesetzt." Das Geld solle in Schulen, Autobahnen oder etwa in die Gäubahn investiert werden. Damit ist der Politiker bei lokalen Themen angekommen. Und greift auch hier an: "Die Geschwindigkeitsbegrenzungen auf der A 81 gehören aufgehoben." Und das Polizeipräsidium Tuttlingen? Werde trotz der Kriminalität vor Ort einfach wegverlegt, kritisiert er. Auf welche Daten er sich hierbei bezieht, bleibt unklar. So hat die Polizei erst Anfang des Jahres Zahlen präsentiert, nach denen in der Region weit weniger Straftaten verübt werden als im Landesdurchschnitt.

Ein Stammtisch-Besucher wirft indes ein: "Die Verlegung ist gut. Die Polizei liegt zu nah an Merkel." Dass Exekutive und Legislative in Deutschland strikt getrennt sein sollen, wird von ihm offenkundig bezweifelt.

Daraufhin erklärt Hoffmann, er wolle eine Polizei, die sich durchsetze. Das kommt gut an. Ein Redner berichtet, dass er beobachtet habe, wie ein Flüchtling im Supermarkt gestohlen hat. Nichts sei unternommen worden. "Die Flüchtlinge lachen die Polizei doch aus", sagt er. Damit ist das Eis gebrochen, und die Runde wieder beim Kernthema der AfD angelangt: den Flüchtlingen. Die Gäste äußern ihren Unmut. Etwa darüber, dass es nachts für Frauen nicht mehr sicher auf den Straßen sei.

Hoffmann nimmt jetzt erst Platz, seine Rede hat ein Ende gefunden. Die AfD stehe dafür, dass Recht und Gesetz durchgesetzt werde, erklärt er dann im Gespräch mit unserer Zeitung. Ziel sei ein besseres Deutschland. Ihm sei ein positiver Bezug zur Heimat wichtig. Denn: "Unsere Vorfahren haben dafür gesorgt, dass wir das sind, was wir sind." Statt Vielfalt durch Flüchtlinge wolle er, dass die "eigene", die deutsche Vielfalt erhalten bleibe. Mit Dialekten, mit Trachten, mit Traditionen. "Neue Traditionen" seien ein Widerspruch in sich, meint der Bundestagskandidat. Er spricht von einem "Verfall" der deutschen Kultur.

Im Laufe des Abends kommt Hoffmann immer seltener zu Wort, Landtagsabgeordneter Sänze übernimmt das Ruder. Andere Themen jenseits der Flüchtlingskrise bekommen wenig Raum. Beispielsweise der Netzausbau. "Wen interessiert das?", fragt ein Stammtisch-Gast nach kurzer Debatte zu schnellem Internet. Eine Erklärung Sänzes, dass das für die Wirtschaft wichtig sei, findet keinen Widerhall.

Der Landtagsabgeordnete betont an diesem Abend, dass es das Ziel der AfD sei, eine Revolution im Politbetrieb herbeizuführen, auf demokratischem und friedlichem Weg. Auch Hoffmann versichert, die AfD sei nicht rechtsextrem. Das sei eine "Fehleinschätzung" und rühre von einer manchmal scharfen Wortwahl her. An dieser stoßen sich die Gästen in Nendingen aber nicht. Geplant ist, den Stammtisch im Ort zu etablieren.

Bis zur Bundestagswahl am 24. September stellen wir die Direktkandidaten im Wahlkreis Rottweil-Tuttlingen vor. Hierzu haben wir Wahlkampfveranstaltungen besucht und mit den Parteimitgliedern gesprochen. Die Reihe wird am Freitag, 15. September, mit Marcel Aulila von der FDP fortgesetzt.