Die Gemeinschaftsunterkünfte für Asylbewerber, wie die in Freudenstadt, sind voll belegt. Doch für die soziale Betreuung der Menschen hat der Landkreis zu wenig Personal. Foto: Archiv

Ein Betreuer für 450 Flüchtlinge: Lage im Sozialamt alarmierend. Kreistags-Ausschuss ringt sich zu Neueinstellung durch.

Freudenstadt - Völlig fertig, so viel Arbeit, dass es nie zu schaffen ist: Die Sozialbetreuerin für Flüchtlinge im Landkreis bekommt Verstärkung. Der Sozial- und Verwaltungsausschuss stimmte am Montag zu, einen neuen Sozialbetreuer einzustellen. Dies sei aber nicht genug, sondern nur eine erste »Notfallmaßnahme«, sagte Landrat Rückert.

Robert Bornhauser, Leiter des Sozialamts beim Landratsamt Freudenstadt, wirkt nach der Sitzung des Verwaltungs- und Sozialausschusses nicht wirklich entspannt: Er kann eine neue Kraft für die Sozialbetreuung von Flüchtlingen einstellen. Zusätzlich werden weitere zwei Sozialbetreuer als externe Mitarbeiter über die Caritas »eingekauft«. Das sei »Eilbedarf«, sagt Bornhauser. Eine Steigerung von einem auf vier Mitarbeiter, ein Plus von 300 Prozent. Aber eben noch lange nicht genug, heißt es aus der Verwaltung.

Im Landkreis Freudenstadt leben im Moment rund 450 Flüchtlinge. Für alle 450 ist eine einzige Sozialbetreuerin Ansprechpartnerin, zum Beispiel wenn jemand krank ist und ärztliche Versorgung braucht. Sie muss die Leute überzeugen, irgendwann für die Anschlussunterbringung in ein Dorf zu ziehen, wo der Kreis eine Wohnung für sie gefunden hat. Wenn jemand umzieht und dort erste Möbel braucht, muss sie sich darum kümmern. Genauso darum, ob alle 450 Leute, die vor allem aus Eritrea und Syrien kommen, Winterkleidung haben.

Vor den Sommerferien hat die Mitarbeiterin in der angespannten Situation ihre Stelle auf 50 Prozent reduziert. Nach Angaben von Bornhauser sei sie »ausgelaugt und quantitativ überfordert« gewesen. Schon vor Monaten hatte Bornhauser von seinem Chef, Landrat Klaus Michael Rückert, zusätzliche Stellen gefordert. Der aber hat nach eigenen Angaben »den Deckel auf dem Topf gehalten«. Er habe den Kreistag schonen wollen, der sich bekanntlich schwer damit tue, neue Stellen zu genehmigen.

Die Firma Imaka untersucht gerade den Personalbedarf im Landratsamt und stellt im November Ergebnisse vor. Das habe er abwarten wollen, sagte Rückert. »Jetzt habe ich die Situation, dass mir die untere Behörde zusammenbricht. Ich muss reagieren.« Es handle sich bei der beantragten Sozialbetreuerstelle um eine Notmaßnahme, um für die nächsten Monate über die Runden zu kommen. Bei den Verhandlungen für das nächste Haushaltsjahr werde man weitere Stellen für die Flüchtlingsbetreuung schaffen müssen. »Wenn ich aber jetzt diese Stelle nicht kriege, kann ich die Betreuung von Asylbewerbern nicht aufrecht erhalten«, sagte Rückert.

Julian Osswald (CDU) reagierte perplex: »Sozialbetreuung mit einer halben Stelle, das kann nicht funktionieren.« Ernst Wolf (FDP) sagte, an Rückert gewandt: »Man hätte früher kommen können, nicht erst jetzt, wo alles im Chaos liegt.« Wolf plädierte außerdem dafür, dass die Stellen befristet ausgeschrieben werden, um die Mitarbeiter einfacher wieder loszuwerden, wenn der Flüchtlingsstrom abreißt. Doch Rückert wie auch CDU-, Grünen-, Frauen- und SPD-Räte argumentierten dagegen, dass mit diesem Szenario in nächster Zeit nicht zu rechnen sei. Mit einer Befristung werde die Suche nach guten Leuten für die neuen Stellen aber schwieriger.

Reiner Ullrich (SPD) bezeichnete die Diskussion um eine Befristung in der jetzigen Situation als »absurd«. Er unterstützte einen Antrag von Wolf Hoffmann (Grüne), sofort 1,5 zusätzliche Stellen zu schaffen. Der Antrag scheint aber letztlich in der Diskussion untergegangen zu sein.

Finanziert werden die Stellen laut Rückert über die Zuweisungen, die der Landkreis vom Land für jeden Flüchtling erhält, der vom Kreis Freudenstadt aufgenommen wird. Dieser Betrag liege im Moment bei 12 800 Euro. Wenn Mietpreise für Unterkünfte nicht explodieren, müsste das Geld auch weiterhin ausreichen.

Neben der zusätzlichen Sozialbetreuerstelle sprach sich der Ausschuss dafür aus, auch einen Hausmeister und einen Hausverwalter für die Unterkünfte einzustellen. Alle Stellen sind unbefristet.