Radfahren liegt stark im Trend. Doch im Radwegenetz gibt es im Kreis Freudenstadt große Lücken. Foto: Hopp

Planung im Kreistag vorgestellt. Aber keine Prognose über Umsetzung. Hornberger rechnet mit Kosten von 60 Millionen Euro.

Kreis Freudenstadt - Mehr als 800 Kilometer Radwege gibt es im Kreis Freudenstadt. Mehr als es Straßenkilometer gibt. Das Landratsamt hat am Montag seinen Radverkehrsplan vorgelegt. Ziel ist ein lückenloses Radwegenetz. Das Millionenprojekt wird in den nächsten Jahren verwirklicht.

Klaus Dölker strahlte. Er nahm im Sitzungssaal des Landratsamts vor den Mitgliedern des Technischen Ausschusses Platz. In der Hand hielt er ein gut 100-seitiges Heft: den Radverkehrsplan für den Landkreis Freudenstadt. Dölker bemühte ein Sprichwort: "Was lange währt, wird endlich gut."

Eineinhalb Jahre hat er an diesem Plan gearbeitet, hat Radwege abgefahren, hat mit Bürgermeistern gesprochen, hat Probleme und Lücken im Radwegenetz gesammelt und daraus diesen Plan geschrieben. Kernstück ist eine Prioritätenliste, welche Radwege künftig gebaut werden sollen.

Elf Bauprojekte genießen erste Priorität (siehe Info). Wenn ein Weg ins baden-württembergische Radwegenetz fällt, das derzeit von der grün-roten Landesregierung verbessert wird, wird er noch einmal in der Priorität heraufgestuft. Das trifft auf sieben Verbindungen im Landkreis Freudenstadt zu. Das Land gibt Geld dazu, wenn Radwege gebaut werden – aber nur, wenn der Kreis ein solches langfristiges Konzept für die Radwegplanung vorlegen kann, wie die 100 Seiten, die Dölker am Montag in Händen hielt.

Landrat Klaus Michael Rückert sagte in der Sitzung: "Wir erlauben uns keine Prognose, wann der Radverkehrsplan umgesetzt ist." Selbst Projekte mit der Priorität eins könne man nur Schritt für Schritt umsetzen. Sie würden zusammen schon etwa 6,4 Millionen Euro kosten. Die Kreisräte diskutierten den Plan eifrig. Kreisrat Ernst Wolf (FDP) kritisiert: "Der Radverkehrsplan liegt fünf Jahre zu spät vor." Radfahren sei ein Mega-Trend, durch Räder mit Elektromotor werde auch der Schwarzwald trotz großer Höhenunterschiede für immer mehr Radler attraktiv. Wolf drängt darauf, dass Lücken in bestehenden Radwegen mit höchster Priorität geschlossen werden. "Es geht um Sicherheit, vor allem, wenn man mit Kindern unterwegs ist." Oft müsse man auf viel und schnell befahrene Straßen wechseln, wenn ein Radweg plötzlich ende. "Solche Lücken werten das übrige Wegenetz ab."

Kritisch äußerte sich Juliane Vees (CDU): "Radwege sind keine lebensnotwendige Sache. Der Haushalt ist so angespannt. Ich hoffe, dass wir das Radnetz nur in kleinen Schritten ausbauen."

Auch Kreisrat Heinz Hornberger (CDU) betonte, dass es sich um ein Megaprojekt handle, das der Landkreis freiwillig angehe.  Kreisrat Walter Trefz (Grüne) hielt dagegen, dass es bei der Mobilität der Zukunft zur Pflichtaufgabe werde, Radverkehr zu stärken. Was die Verbesserung des Radwegenetzes genau kostet, ist unklar. Hornberger rechnet unterm Strich mit Kosten von 60 Millionen Euro. "Das ist vielleicht ein bisschen zu hoch gegriffen", sagte Landrat Rückert dazu. Die Radwege in Priorität eins (6,4 Millionen Euro) sollen nach Angaben der Kreisverwaltung größtenteils von Bund und Land bezahlt werden. Der Kreis selber rechnet damit, künftig 15.000 Euro ausgeben zu müssen – für die Beschilderung der Wege, für Fahrradständer und die Weiterentwicklung des Radverkehrsplans. Vielleicht müsse auch ein Mitarbeiter zu 25 Prozent eingestellt werden, der die Umsetzung künftig betreut. Das würde weitere Kosten verursachen.

Klaus Dölker leitet eigentlich das Kommunal- und Rechnungsprüfungsamt. Er wurde durch seine private Leidenschaft fürs Radeln zum Landkreisbeauftragten für die Radwege und hat am Radverkehrsplan oft nach Feierabend geschafft. Außerdem tritt der Landkreis voraussichtlich der Arbeitsgemeinschaft fahrradfreundlicher Kommunen in Baden-Württemberg bei und zahlt dort 3000 Euro Jahresbeitrag.

Seite 2: Vorhaben im Radverkehrsplan

Projekte mit der Priorität eins:

Wolftal-Erlebnisradweg (Lückenschluss Schwarzwaldhochstraße und Kinzigtal); Glatttalradweg, Fortführung von Leinstetten nach Glatten; Nagoldtalweg (Lückenschluss Pfaffenstube bis Neumühle); Nagoldtalradweg, Abschnitt "südlich des Schnorrentals"; Eyachtalradweg von Haigerloch bis Eyach; Lückenschluss zwischen Schopfloch und Oberiflingen,  zwischen Durrweiler und Cresbach sowie  zwischen Empfingen und Wiesenstetten; Panoramaweg zwischen Baiersbronn und Obertal; Verbindung zwischen Loßburg und Ödenwald; gefahrlose Radwegquerung B14 beim Eutinger Flugplatz.

Landesradwegenetz:

Sieben Radwege im Kreis werden nach Vorstellung des Landes "alltagstauglich" gemacht, das heißt asphaltiert. Diese werden dann in das landesweite Radwegenetz aufgenommen. Die sieben Verbindungen sind von Freudenstadt nach Rastatt, nach Offenburg (über Wolfach), nach Horb (über Dornstetten) sowie von Horb nach Tübingen (über Rottenburg), nach Herrenberg, nach Rottweil (über Sulz) und  nach Pforzheim (über Nagold). Diese Wege zahlen meist Bund oder Land, denen die Straßen gehören, an denen ein solcher Weg entlang führt. Für die Pflege sind später die Gemeinden zuständig.