Im Landkreis wird viel gebaut – laut einer Studie sogar mehr als notwendig. Foto: ©  ACP prod  / fotolia.com

Studie bescheinigt Überangebot an Wohnraum. Marc Wesle von Haus und Grund: So einfach ist Sache nicht.

Kreis Freudenstadt - Um 166 Prozent wurde der Bedarf an Wohnraum im Landkreis Freudenstadt in den Jahren 2011 bis 2015 übererfüllt, heißt es in einer jüngst veröffentlichten Studie des Instituts der Deutschen Wirtschaft. Wird im Kreis zu viel gebaut? Ganz so einfach ist das nicht, sagt Marc Wesle, Vorsitzender von Haus und Grund Freudenstadt und Umgebung.

Die Zahlen der Studie suggerieren ein Überangebot an Wohnraum in der Umgebung. Sehen Sie das als Vertreter von Vermietern auch so?

Also eines kann man sagen: Gebäude sind in der Region in der Regel nicht lange auf dem Markt, bevor sie verkauft oder vermietet werden. Es gibt eine große Nachfrage. Da spielt auch die anhaltende Niedrigzinsphase mit rein. Den Pessimismus, dass es hier ein Überangebot geben könnte, teile ich ehrlich gesagt nicht. Aber es gibt natürlich auch hier Orte, die bei Mietern nicht allzu beliebt sind.

Was sind das für Orte?

Das sind die abgelegenen Orte mit wenig Infrastruktur und ohne Nahversorger. Dort will man als Familie nicht hinziehen, wenn man dann möglicherweise noch ein zweites Auto kaufen muss und die Kinder mit dem Bus fahren müssen – insbesondere, wenn der Bus nur drei Mal am Tag fährt. Solche Familien werden darauf achten, nicht in die abgelegenen Orte zu ziehen. Und dort könnte dann auch das eine oder andere Haus beziehungsweise Wohnung leer stehen bleiben.

Bei Fünf-Raum-Wohnungen stellt die Studie ein Überangebot von 345 Prozent fest, während das Angebot an Drei-Zimmer-Wohnungen gerade mal bei 66 Prozent liegt. Kommt da ein Problem auf den Landkreis zu?

Das glaube ich eher nicht. Zwar ist es richtig, dass Drei-Zimmer-Wohnungen eher knapp sind. Denkbar ist es ja aber auch, dass die größeren Einfamilienhäuser zu Mehrfamilienhäusern mit Zwei- oder Drei-Zimmer-Wohnungen umgebaut werden. Da vertraue ich darauf, dass der Markt das regelt. Bei Vier- und Zwei-Raum-Wohnungen scheint der Bedarf ja erfüllt. Im übrigen ist der Kreis eine zukunftsfähige Region, da ist noch einiges an Wachstum drin, wirtschaftlich und demografisch.

Die Studie warnt davor, dass Ortskerne im ländlichen Raum veröden. Sehen Sie da auch eine Gefahr?

Ich sehe das ganze ja aus Vermietersicht. Und da lässt sich feststellen, dass alles in die Zentren drängt: Nach Baiersbronn Alpirsbach, Dornstetten, Pfalzgrafenweiler und natürlich ins Freudenstädter Zentrum. Die abgelegenen Orte sind eben nicht so attraktiv, was unter anderem an der Infrastruktur liegt. Hier gibt es schon einen gewissen Trend zur Verödung. Zudem gibt es möglicherweise einen versteckten Überschuss an Wohnraum, den die Studie wahrscheinlich nicht erfasst.

Wie sähe der denn aus?

Das sind Häuser und Wohnungen in bereits älteren Neubaugebieten, in denen ältere Leute wohnen. Die Kinder sind ausgezogen, der Ehemann oder die Ehefrau schon verstorben. Dann bleiben für eine oder zwei Personen bis zu 150 Quadratmeter.

■Das Gespräch führte Maximilian Müller