Im Kreis Freudenstadt kann der Rettungsdienst die Hilfsfrist von 15 Minuten nicht immer einhalten. Foto: LightImpression / Fotolia.com

Hilfsfrist von 15 Minuten wird noch verfehlt. Kreistag erörtert Gründe. Notarztstandort Loßburg bewährt.

Kreis Freudenstadt - Die Vorgaben der Hilfsfrist von 15 Minuten für den Notarzt und den Rettungswagen werden im Kreis Freudenstadt nicht immer eingehalten, obwohl sie sich leicht verbessert haben. Diese Tatsache löste im Kreistag eine lange Debatte aus.

Hartmut Keller, Geschäftsführer der AOK Nordschwarzwald und Vorsitzender des Bereichsausschusses für das Rettungswesen, und Christoph Caratiola, leitender Notarzt am Krankenhaus Freudenstadt, stellten die Entwicklung der Hilfsfrist vor. Die CDU-Fraktion im Kreistag hatte dies beantragt und dabei besonders nach den Auswirkungen des vierten Notarztstandorts in Loßburg gefragt.

Um 2,1 Prozent besser

Hartmut Keller hatte zunächst eine gute Nachricht: Die Hilfsfrist im Kreis Freudenstadt hat sich seit der Stationierung des Notarzts in Loßburg um 2,1 Prozent verbessert. Doch die schlechte Nachricht folgte auf dem Fuß: Die Hilfsfrist für den Notarzt konnte 2016 nur in 91,1 Prozent der Einsätze eingehalten werden. Beim Rettungswagen waren es 93,4 Prozent. Die Hilfsfristen gelten als erfüllt, wenn sie in 95 Prozent aller Einsätze im Kreis eingehalten werden. In Baden-Württemberg habe sich das Ranking des Kreises Freudenstadt deutlich verbessert. Beim Notarzt liege Freudenstadt auf Rang 17, beim Rettungswagen auf Rang 14 von 34. "Wir waren schon am Schluss", betonte Keller.

Woran liegt es, dass im Kreis Freudenstadt die Fristen nicht eingehalten werden können? Wenn ein Notarzt unterwegs ist, komme oft bereits eine weitere Anforderung. Da ein zweites Fahrzeug eventuell einen weiteren Weg habe, könne es die Hilfsfrist dann nicht einhalten. "Wir können deshalb aber nicht 20 Ärzte mehr einstellen", sagte Keller. Die AOK schreibe daher jetzt Krankentransportwagen "light" aus, damit die Rettungswagen keine Krankentransporte übernehmen müssen, sondern an ihrem Standort bleiben können. Grundsätzlich hätten sich die Duplizitäten erhöht, so Keller weiter. Das bedeutet, dass Einsatzfahrzeuge bei Verlegungsfahrten oder Anfahrten zu Kliniken länger gebunden sind. Verändert habe sich außerdem das Anspruchsdenken der Bevölkerung. Der Notarzt werde schneller gerufen als früher, auch wenn es vielleicht nicht notwendig wäre.

Keller erwähnte auch, dass zum 1. Januar ein Rettungswagen von Schopfloch nach Horb verlegt wurde. "Wir wissen aber noch nicht, was es bringt".

Kein Problem in Horb

Kreisrat Julian Osswald (CDU) fragte, ob auch die Fahrzeuge der Gründler-Stiftung bei den Hilfsfristen eine Rolle spielen. Das sei nicht der Fall, erläuterte Hartmut Keller, denn diese Fahrzeuge seien zwar hochmodern ausgestattet, aber kein Rettungsmittel nach dem Rettungsmittelgesetz. Landrat Klaus Michael Rückert ergänzte, dass die Gründler-Fahrzeuge eine "großartige Zusatzeinrichtung" für Rettungsdienst und Feuerwehr seien. Sie seien immer mit qualifiziertem Personal besetzt.

Julian Osswald wollte dann noch wissen, ob es im Bereich Horb zusätzlich Bedarf an Rettungsmitteln gibt. "Horb hat kein Hilfsfristenproblem", antwortete Christoph Caratiola. Die Frist von 15 Minuten könne in den allermeisten Fällen im Landkreis eingehalten werden. Unterversorgt seien nur die Bereiche des Landkreises, die an der Peripherie liegen, wenig Bevölkerungsdichte haben und geografisch schwer erreichbar sind. Die Einhaltung der Hilfsfrist sei dort nicht ansatzweise wirtschaftlich.

Gedanken sind endlich

Ob es durch eine fehlende Notfallpraxis Probleme geben kann, wollte Kreisrat Wolfgang Kronenbitter (Freie Wähler) wissen. Durch das Zentralisieren der Notfallversorgung könne es schon zu häufigeren Anrufen in der Leitstelle kommen, weil für die Bewohner vor Ort der gewohnte Weg nicht mehr da sei, stellte Hartmut Keller fest.

Kreisrat Heinz Hornberger (CDU) sah in dem Abzug eines Rettungswagens aus Schopfloch eine "massive Verschlechterung für den Raum Dornstetten, Pfalzgrafenweiler und Waldachtal". Hartmut Keller versuchte ihn zu beruhigen, denn im Rettungsdienst werde kreisübergreifend gearbeitet. Freudenstadt könne Altensteig direkt alarmieren, ergänzte Christoph Caratiola.

Kreisrätin Margarete Rebholz (FDP) fragte, wie der Bereichsausschuss die Situation verbessern wolle. Man habe schon viel unternommen, erläuterte Keller. Aber irgendwo seien die Gedanken endlich. Man könne nicht einfach weitere Standorte einrichten. Das sei finanziell und personell nicht darstellbar.

Luftrettung wäre ideal

Auf die teilweise nicht notwendige Anforderung des Notarztes zielte Kreisrat Waltre Trefz (Grüne) ab. "Bekommen die Bürger dann eine gelbe Karte?", fragte er. Keller verneinte dies. Es sei nicht möglich, einem Patient zu sagen, er habe in einer Notsituation etwas Falsches gemacht, ergänze Christoph Caratiola

"Ab wann lohnt sich ein Hubschrauber?", wollte schließlich Kreisrat Ernst Wolf (FDP) wissen. Die Stationierung von Hubschraubern sei Sache des Innenministeriums. Es sehe nicht so aus, als ob dort Interesse an einem Standort im Kreis Freudenstadt besteht, so Caratiola. Auch Landrat Klaus Michael Rückert meinte, der Kreis Freudenstadt habe keine Chance zum Zug zu kommen, obwohl die Luftrettung der Durchbruch bei den Hilfsfristen wäre. "Aber wir bleiben am Ball", versprach der Landrat.