Landrat Klaus Michael Rückert Foto: Archiv

Klaus Michael Rückert wiedergewählt. 29 Kreisräte stimmen mit "Ja". Drei Gegenstimmen, fünf Enthaltungen.

Kreis Freudenstadt - Eine in jeder Hinsicht alternativlose Wahl mit klarem Ausgang: Klaus Michael Rückert (51) bleibt Landrat. 29 Kreisräte stimmten für ihn, drei gegen ihn, fünf enthielten sich der Stimme. Am Ende war Rückert "einfach nur dankbar" fürs Ergebnis.

Um 16.07 Uhr war alles gelaufen und das höchste kommunalpolitische Amt im Kreis vergeben – inklusive Geschenk für den Wahlsieger, Blumenstrauß für Rückerts Ehefrau Anne und einer kurzen Rede des Siegers. "Ich danke herzlich für dieses Ergebnis. Es stärkt den Rücken und macht Mut. Und ich verspreche, dass ich es nicht vergessen werde, das Amt mit Demut auszuführen", sagte ein sichtlich bewegter Rückert. Zuvor hatte Julian Osswald, Landrat-Stellvertreter und Leiter des Wahlausschusses, Rückert zu diesem "tollen Wahlergebnis" beglückwünscht. Dann gab’s Freibier im Foyer des Kur- und Kongresszentrums Freudenstadt.

Um 15 Uhr hatte die Sondersitzung des Kreistags begonnen. Einziger Tagesordnungspunkt: eine Wahl, für den Amtsinhaber eine Wiederwahl, die offenbar zu keinem Zeitpunkt seit der Stellenaussschreibung am 9. Februar ernsthaft gefährdet war. Die einzige weitere Interessentin an der Stelle, die "Aufdeckungspolitikerin" und Sindelfinger Dauerkandidatin "Fridi" Miller, war nicht zugelassen worden (wir berichteten). Dennoch wirkte Rückert zunächst etwas angespannt.

Die Zuschauerreihen waren gut gefüllt. Im Publikum saßen vor allem Mitarbeiter des Landratsamts, eine Feuerwehr-Delegation aus dem polnischen Partnerkreis Tomaszowski, der CDU-Landtagsabgeordnete Norbert Beck, politische Weggefährten Rückerts und vereinzelt Bürger.

Rückert: "Es waren acht gute Jahre"

Rückerts 15-minütige Bewerbungsrede war vor allem ein Galopp durch acht Jahre Kreispolitik, in dem der Landrat die Erfolge und Fortschritte lobte, sich aber in Bescheidenheit übte, was seinen eigenen Anteil daran betraf. Vor acht Jahren hätten ihn die Kreisräte erstmals gewählt, damals noch, ohne ihn zu kennen und seine Arbeit einschätzen zu können. Jetzt könnten sie seinen Amtsstil und seine Arbeit besser beurteilen. "Ich bitte um ihr Vertrauen", so Rückert. In den Wochen vor der Wahl sei ihm "viel durch den Kopf gegangen", aber es sei ja auch viel passiert seit 2010. Und zusammen mit dem Kreistag, den Kommunen, den Mitarbeitern des Landratsamts, Unternehmen, Initiativen, engagierten Bürgern und sonstigen Unterstützern sei viel bewegt worden. "Es waren acht sehr gute Jahre, finde ich", so Rückert.

Er nannte unter anderem den Aufbau eines Technischen Gymnasiums in Horb, die Investitionen ins Berufsschulzentrum, den künftigen Universitätsstandort Freudenstadt, der durch engagierte Unternehmer angestoßen worden sei und zu dem er einen "kleinen Beitrag in der Weichenstellung" habe leisten dürfen, den Fortschritt beim Ausbau aller Bundesstraßen im Kreis, den geplanten beiden neuen Bahnhaltepunkten, den anstehenden Breitbandausbau mit Glasfaser bis in jedes Haus, der Verdoppelung der Notarzt-Standorte im Kreis und den geplanten Teilneubau des Kreiskrankenhauses in Freudenstadt.

Nicht alles war planbar. Größte Herausforderung sei die Flüchtlingswelle gewesen, die durch das Engagement von Kommunalpolitik, Verwaltungen und engagierte Bürger jedoch bewältigt worden sei. "Das hat gut geklappt", findet Rückert. Nachdem das japanische Atomkraftwerk Fukushima "in die Luft geflogen" sei, habe es auch Folgen für den Kreis gegeben: Ein Großteil des Geldes der EnBW, das den Kommunen und Kreisen zuvor stets üppig und verlässlich zufloss, versiegte zeitweise. Mittlerweile sei der Konzern wieder auf einem guten Weg.

Landrat will "aus Überzeugung" bleiben

Für eine zweite Amtszeit habe er sich "aus Überzeugung beworben", sagte Rückert. Er habe Freude an der Aufgabe, fühle sich samt Familie in Loßburg "heimisch", könne sich "kein schöneres Amt vorstellen" und auch keinen schöneren Landkreis. Hightech und Tannenduft. Rückert lobte die rührige, inhabergeführte und wachsende mittelständische Wirtschaft, deren schaffige Mitarbeiter, die Belegschaft des Landratsamts, den Kreistag, die Vereine und die Bürgerschaft. Sein Amt wolle er mit "Mut und Demut" weiterführen. Er sehe sich "als erster Diener" des Landkreises. Der Landrat könne alleine gar nichts erreichen, und deshalb wolle er das nicht einmal versuchen. Mit zunehmendem Alter sei seine Maxime, sein Amt "in Verantwortung vor Gott und den Menschen zu versehen". Ziele für die nächsten acht Jahre seien unter anderem der Ausbau von Infrastruktur und Bildungsangeboten, soziale Verantwortung für die schwächeren Einwohner, die Hilfe benötigen, Klimaschutz, mehr aktive Bürgerbeteiligung in der Kommunalpolitik. Das Paket sei "anspruchsvoll", die eine oder andere Überraschung werde sicher auch nicht ausbleiben.

Darüber hinaus müsse es Aufgabe auch der Kommunalpolitik sein, Flagge zu zeigen gegen populistische Tendenzen und Angriffe gegen Minderheiten. "Da müssen wir gemeinsam hinstehen", so Rückert. Es gelte, Demokratie, Freiheit und Rechtsstaatlichkeit zu bewahren. Polen gehe hier "einen schwereren Weg", sein Amtskollege im Partnerkreis mache sich Sorgen um die kommunale Selbstbestimmung dort. Der dortige Kreis sei ihm "ans Herz gewachsen" und mittlerweile genauso wichtig wie Partnerschaften mit Frankreich. Im Moment, sagte der Landrat unter langem Applaus im Saal, sei er für die Wiederwahl "einfach nur dankbar".

Landrat will mehr Bürgerbeteiligung

Kreis Freudenstadt - Eine öffentliche Aussprache zum einzigen – und allen am Tisch persönlich bekannten – Bewerber für den Landratsposten konnte sich der Kreistag am Montag sparen. Aber die Fraktionen hakten trotzdem nach, wie es in den nächsten acht Jahren weitergehen soll. Der alte und neue Landrat versprach mehr Bürgerbeteiligung. Wie das genau geschehen soll, ist aber noch offen.

Sechs Fragen, sechs Antworten – das ging der Abstimmung voraus. Die beiden großen Fraktionen, CDU und Freie Wähler, verzichteten dabei. Eine Zusammenfassung:

 Auf die Anfrage von Wolf Hoffmann (Bündnis 90/Die Grünen), wie die Bürgerbeteiligung konkret aussehen soll: Der Kreis solle Bürger nicht nur informieren, stattdessen sollten sie in einigen Themen vor der Abstimmung ihren Einfluss geltend machen können. Bei welchen Themen und wie genau die Bürgerbeteiligung erfolgen solle, stehe noch nicht fest. Es gebe mehrere Instrumente dafür. Er und die Verwaltung würden sich dazu Gedanken machen. Es gehe vor allem darum, dass die Einwohner ihre Ideen einbringen können. Rückert erklärte, dass die endgültigen Entscheidungen am Schluss dennoch stets vom Kreistag gefällt werden sollen.

 Auf die Anfrage von Reiner Ullrich (SPD), was unter sozialer Verantwortung genau zu verstehen sei: Die sozialen Aufgaben, die ein Landkreis etwa über sein Sozial- und Jugendamt zu erfüllen habe, seien "klar definiert", so Rückert. Ein Blick in den Haushalt genüge, um zu sehen, dass die finanziellen Spielräume ohnehin begrenzt seien. Es gehe ihm dabei nicht nur ums Geld, so Rückert, sondern auch um den Umgang mit denen, die Hilfe benötigten, und um Respekt. Es solle weniger darum gehen, sich Gedanken zu machen, was Bedürftige bräuchten. Ihm schwebe einfach "mehr Sensibilität" und ein "besseres Gehör" dafür vor, was konkret benötigt werde.

 Auf die Anfrage von Kreisrätin Melanie Nagel (SPD), wie es mit dem lokalen Klimaschutz weitergehen soll: Klimaschutz ist ein weites Feld, sagte Rückert, es sei ein "Riesenthema". Ihm komme es darauf an, "viele kleine Schritte" zu gehen. Es sei ein Glück, dass die Energieagentur Horb eine Agentur für den Landkreis sei. Ihm sei bewusst, dass der Kreis bei diesem Thema "noch längst nicht da ist, wo er sein sollte". Man könne mit kleinen Verbesserungen schon viel erreichen. Die Verwaltung werde sich in den Sommerferien Gedanken machen und diese dann dem Kreistag vorstellen. Die Elektrifizierung des Fuhrparks sei sicher eine Möglichkeit. Energie in Liegenschaften zu sparen, werde bereits umgesetzt. Rückert ist zuversichtlich, dass sich noch viel bewegen lässt, "für gar nicht so viel Geld". Vieles sei eine Frage der "Bewusstseinsbildung".

 Auf die Frage von Margarete Rebholz (FDP), was der Landrat für dringlich hält: Es stehe schon viel auf der Tagesordnung, was in der Summe ein dickes Aufgabenpaket darstelle und viele Kräfte binde. "Wir müssen immer wieder hinterfragen, wie wir die Rahmenbedingungen so stellen können, damit sich Menschen und Unternehmen im Kreis bestmöglich entfalten können", sagte Rückert. Dazu zähle er Verbesserungen im Straßen- und Schienenverkehr, ebenso den Breitbandausbau. Was die Infrastruktur angehe, dürfe der ländliche Raum nicht hinter den Ballungsräumen zurückbleiben. "ich glaube aber, dass wir hier schon auf einem ganz guten Weg sind", so Rückert.

 Zur "Fülle von Posten", die der Kreis in den Augen von Lothar Seidemann (Republikaner) geschaffen habe: Der Kreis habe einen "großen Strauß an Aufgaben und Arbeiten" zu erfüllen. Es sei hier nicht immer einfach, "das alles zu sortieren" und den Überblick zu behalten. Er sei froh, dass es ein funktionierendes Netzwerk gebe, das helfe, dabei voranzukommen.

 Zu den "Visionen", wie der Landkreis in acht Jahren dastehe, angefragt von Ernst Wolf (FDP): Der Verkehr rolle über die Hochbrücke bei Horb und durch den Freudenstädter Tunnel. Der Raue Stich sei nur noch eine Erinnerung, die man seinen Enkeln erzähle. Alle Unternehmen und Wohngebäude seien mit Glasfaser versorgt. Das Krankenhaus Freudenstadt biete die komplette medizinische Grundversorgung und verfüge darüber hinaus über ein paar Spezialgebiete. Horb hat eine gute medizinische Versorgung vor Ort durch ein Zusammenspiel von Ärzten, Kreis und Kommune. Die Hochschule Horb sei ein eigenständiger Standort und der Campus Freudenstadt eine große Einrichtung. Die mittelständischen Unternehmen entwickeln sich weiterhin gut, seien modern und innovativ und bauten auf Mitarbeiter, die nicht nur auf den Freizeitkalender schauten. In acht Jahren seien nicht nur die Ballungsgebiete gewachsen, sondern es habe sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass ein Leben im ländlichen Raum genauso erstrebenswert sei wie eins in Karlsruhe, Stuttgart oder Mannheim.