Den Tatbestand der Volksverhetzung sieht Gerhard Gaiser beim Wahlplakat der NPD erfüllt. Foto: Müssigmann

Vorsitzender Gerhard Gaiser hält den Slogan über Sinti und Roma für volksverhetzend. "Wehret den Anfängen".

Kreis Freudenstadt - Der SPD-Kreisverband erstattet Anzeige gegen die NPD: Auf einem Plakat der Partei prangt der Slogan: "Geld für die Oma statt für Sinti und Roma". Darin sieht die SPD die Diskriminierung einer Minderheit.

Durch diese Aussage sieht SPD-Kreisverbandsvorsitzender Gerhard Gaiser nicht nur den guten Geschmack verletzt, sondern gleich mehrere Gesetze: "Nach Artikel drei im Grundgesetz darf niemand wegen seiner bloßen Abstammung gesellschaftlich ausgeschlossen und benachteiligt werden." So begründet er auch die Anzeige, die er noch gestern per Post auf den Weg zur Staatsanwaltschaft Rottweil schicken wollte.

Gaiser sieht auch den Tatbestand der Volksverhetzung erfüllt. Und er drückt im Gespräch mit unserer Zeitung sein grundsätzliches Missfallen aus: "Die Menschenwürde wird mit diesem Wahlspruch angegriffen."

Die Plakate seien am Wochenende in seiner Heimatgemeinde Baiersbronn aufgehängt worden. Daraufhin habe er die Mitglieder des SPD-Kreisvorstands zusammengetrommelt, sofern nicht verreist. "Ich habe den Großteil erreicht und wir haben einstimmig beschlossen, dass wir Anzeige erstatten." Gaiser sagt über die Kampagne der Nationalisten: "Ich hab ein übles Gefühl, wenn ich die Plakate sehe." Unterschwellig werde Stimmung gegen Sinti und Roma erzeugt, diese Menschen würden momentan durch diese Wahlwerbung in ganz Deutschland tausendfach diffamiert. "Die Zeiten hatten wir schon mal, in denen gegen Sinti und Roma und Ausländer Stimmung gemacht wurde", sagt Gaiser. Er spielt auf das Dritte Reich an. "Schlimmer müssen diesen Spruch Leute wahrnehmen, die den Holocaust überlebt haben. Solche Erinnerungen werden da wach gerufen."

Aufwecken und wachrütteln will Gaiser stattdessen die Bevölkerung noch vor dem 22. September: "Den Rechten muss bei der Wahl eine Absage erteilt werden, dass wir die nicht wollen." Gaiser wird das Gefühl nicht los, dass Baiersbronn im Zentrum einer Wahlkampf-Offensiv-Zone der rechtsgerichteten Partei liegt. "Mir kommt es vor, als hätte die NPD im Murgtal mehr Plakate als die SPD und die CDU zusammen gehängt", sagt Gaiser. Und das, wo es gar keinen Kreisverband gebe.

Den Bestrebungen, im Kreis Freudenstadt eine rechte Polit-Szene aufzubauen, müsse man dringend begegnen. "Wehret den Anfängen", sagt Gaiser. Seiner Kenntnis nach müsse der NPD-Kreisverband Schwarzwald-Baar oder Neckar-Alb für die Plakatierung verantwortlich sein.

Gaiser bringt die Initiative "Bürger gegen Rechts" im Landkreis ins Gespräch, an deren Arbeit angeknüpft werden müsse. Nachdem diese Gruppe eine Zeit lang viel Öffentlichkeitsarbeit geleistet habe und oft aufgetreten sei, habe man im Kreis "Ruh mit den Rechten" gehabt. "Aber jetzt tauchen sie wieder auf." Gaiser ist beunruhigt. Weil bislang keine einzelnen NPD-Mitglieder massiv in der Region aufgetreten sind, die den Rechtsruck im Murgtal forcieren wollen, richte sich die Anzeige gegen die NPD als Partei. "Es ist dann wohl Aufgabe der Staatsanwaltschaft, herauszufinden, wer dafür verantwortlich ist", sagt Gaiser.

Gaiser ist nicht der erste, der gegen die Kampagne der NPD mobil macht. Der Zentralrat der Sinti und Roma verlangte in einem Schreiben an Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP), dass diskriminierende Wahlwerbung gesetzlich verboten werde.

Bei der Staatsanwaltschaft Rottweil war gestern laut Pressesprecher nichts über eine weitere ähnlich geartete Anzeige bekannt. Bundesweit haben laut Medienberichten bereits der Dachverband Sinti Allianz Deutschland, mehrere Linken-Politiker und schleswig-holsteinische Piraten-Abgeordnete Strafanzeige gegen die NPD erstattet. Bei der Berliner Staatsanwaltschaft, dem Parteisitz der rechtsextremen Partei, sind mehrere Strafanzeigen wegen Volksverhetzung eingegangen.

Die NPD gibt sich derweil uneinsichtig. In einer Pressemitteilung der sächsischen Landtagsfraktion werden die Anzeigen als "juristisch vollkommen aussichtslos" bezeichnet.