SPD-Kreisvorsitzende und Landtagskandidatin Viviana Weschenmoser mit einem Teller Kässpätzle.   Foto: SPD Foto: Schwarzwälder Bote

Landtagswahl: SPD mokiert sich am Aschermittwoch über Gastbeitrag des AfD-kandidaten

Das traditionelle Kässpätzle-Essen des SPD-Kreisverbands Freudenstadt zum Aschermittwoch ist meist eine beschauliche Mischung aus Politik, Information und Unterhaltung. In diesem Jahr bleibt ein bitterer Nachgeschmack.

Das liegt nicht allein an Corona oder der Tatsache, dass Kässpätzle selten munden, wenn sie digital gereicht werden. Dennoch hatte SPD-Kreisvorsitzende und Landtagskandidatin Viviana Weschenmoser einen opulenten Spätzleteller gerichtet, sich in Schale geworfen und den Teller mit breitem Lächeln in die Kamera gehalten. Was sie jedoch am Ende ihrer kurzen Rede auftischte, ließ das Lächeln ihrer digitalen Tischnachbarn zu Hause am Bildschirm gefrieren. Einigen von ihnen war schon ein paar Tage zuvor das Lachen vergangen, als sie hörten, was Weschenmoser jetzt öffentlich machte.

Die Landtagskandidaten zitierte aus einer ihrer Facebook-Nachrichten vom 27. Januar, dem Gedenktag an die Befreiung des KZ Auschwitz-Birkenau vor 75 Jahren. Weschenmoser hatte unter anderem gepostet: "Wir müssen uns aktiv dagegenstellen, wann immer wir Antisemitismus hören, lesen oder mitbekommen (...)". Eine Antwort darauf, so berichtete sie jetzt, kam einige Tage später. Dann schrieb Uwe Hellstern, Landtagskandidat der AfD aus Horb-Dettensee, der "lieben Viviana": "Antisemitismus darf es nie wieder geben in Deutschland." Im weiteren Text wurde Hellstern dann deutlicher: "Die Pogrome wurden in den schlimmen Zeiten allerdings von einer Partei veranstaltet, die sich Sozialisten nannten, sogenannten Nationalsozialisten, was immer das sein soll. Anfänglich wurden der Hass und Neid dadurch geschürt, dass man behauptete, die Anhänger jüdischen Glaubens wären überdurchschnittlich reich und hätten dies durch alles möglich Unrecht erlangt. Eine typische sozialistische Neidbehauptung (...). Es ist erschreckend, dass es schon heute wieder Ultralinke gibt, die meinen, man dürfe reiche Vermieter shooten. So in der Art fing es damals auch an. (...) Es ist jedenfalls die größte Geschichtsfälschung aller Zeiten, dass die Judenfeinde aus dem konservativen, rechten Lager kamen. Es war auf gar keinen Fall so. Das haben mir glaubhafte Zeugen noch selber erzählt."

Weschenmoser nannte diese Antwort "eine geschmacklose Absurdität". Sie verdrehe die Wahrheit, mache aus Opfern Täter und verhöhne nicht nur jüdische Opfer, sondern alle Sozialdemokraten und Opfer des rechten Faschismus’. Weschenmoser. "Eine derartige Geschichtsklitterung disqualifiziert den AfD-Kandidaten Hellstern als Demokraten."

SPD-Zweitkandidat Gerhard Gaiser (Baiersbronn) legte nach: Hellstern, der sich "gern als Biedermann gebärde" und seine Bewunderung für Bundeskanzler Helmut Schmidt nicht oft genug betonen könne, erweise sich damit als "Wolf im Schafspelz", der "sein wahres Gesicht" zeige. Gaiser regte an, bei der Staatsanwaltschaft Rottweil Strafanzeige wegen Volksverhetzung zu stellen.

Das Schreiben Hellsterns hatte innerhalb des SPD-Kreisverbands und in den Gliederungen der Partei Wut, Verärgerung und Empörung hervorgerufen, auch die Tatsache, dass Hellstern das Andenken an SPD-Bundeskanzler Helmut Schmidt für seinen Wahlkampf vereinnahme. "Helmut Schmidt würde sich im Grabe herumdrehen", war mehr als einmal zu hören.

Ihre Rede zum Spätzle-Essen hatte Viviana Weschenmoser mit einer Botschaft an Gerlinde Kretschman eröffnet und der Frau des Ministerpräsidenten gute Besserung gewünscht. "2016 wurde auch bei mir ein Brusttumor entfernt. Nichts ist so wichtig wie der Beistand von seinen Lieben in dieser Zeit", offenbarte Weschenmoser. Bei ihrem politischen Rundgang ging sie mehr oder weniger freundlich auf die einzelnen Kandidaten ein. An der Bildungspolitik von Susanne Eisenmann, Kultusministerin des Landes und Spitzenkandidatin der CDU, sah sie vorwiegend nur Verunsicherung. Weschenmoser: "Sie kann nicht Kultusministerin, und sie kann auch nicht Ministerpräsidentin."