Strukturreform droht wegen Ärztemangel. Landkreis kämpft für Verbleib in der Neckarstadt.

Kreis Freudenstadt - Der Landkreis und die Ärzte kämpfen für den hausärztlichen Notdienst am Horber Krankenhaus. Die kassenärztliche Vereinigung (KV) will offenbar den allgemeinmedizinischen Notdienst aus Horb abziehen.

Dorothea Müller-Müll, Vorsitzende der Kreisärzteschaft Freudenstadt: "Im Rahmen der Gebietsreform des Notdienstes sind einige Randbereiche von der KV noch nicht definiert. Dazu gehören Horb und Wolfach. Das könnte für die Horber bedeuten, dass die Bürger aus dem Horber Raum in Zukunft im Notfall nach Tübingen, Rottweil oder Nagold fahren müssen."

Der Hintergrund: Bisher gibt es in Baden-Württemberg 320 Standorte für allgemeinärztliche und 70 für fachärztliche Notfalldienste. In Zukunft soll es insgesamt nur noch 70 zentrale Standorte im ganzen Land geben. Die Federführung dabei hat die Kassenärztliche Vereinigung, die das Geld der Krankenkassen an die Ärzte weiterverteilt.

Martina Tröscher, Sprecherin der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg, erklärt: "Angesichts des drohenden Ärztemangels von 500 Medizinern in den nächsten fünf Jahren muss die Struktur der sogenannten Bereitschaftsdienste umgestaltet werden. Dazu müssen neue Gebiete definiert werden." Sinn dieser Reform soll sein, dass die sogenannten Bereitschaftsdienste am Wochenende zwischen den (Land-)Ärzten so aufgeteilt werden, dass eine familienfreundliche Lösung gefunden wird.

Viele Ärzte rücken dem Ruhestand näher

Eine zentrale Notfallpraxis soll am Krankenhaus in Freudenstadt angesiedelt werden. Doch was wird mit Horb, wo bisher auch ein Notdienst angesiedelt ist? Hausärzte stehen hier am Wochenende bereit, um bei leichteren Fällen die Erstbetreuung zu machen. Allerdings droht auch hier ein Ärztemangel. Grund: Viele Ärzte aus der Horber Raumschaft rücken dem Ruhestand näher.

Klaus-Ulrich Röber, erster Landesbeamter im Landkreis Freudenstadt: "Wir haben uns in einem Brief an die KV gewandt und uns nachdrücklich für einen Verbleib des Notdienstes am Krankenhaus Horb eingesetzt. Das hat auch etwas mit der Standortsicherung in Horb und im Landkreis zu tun. Wenn die Patienten am Wochenende erst mal nach Nagold gehen, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass sie ans dortige Krankenhaus geschickt werden. Das schädigt auf Dauer die niedergelassenen Ärzte und die Krankenhäuser im Kreis."

Dazu kommt: Der "Mischbetrieb" des Notdienstes durch Allgemeinärzte am Krankenhaus ist laut Röber auch wirtschaftlicher. Denn die Allgemeinmediziner decken die Erstversorgung ab. Erst bei wirklich schwierigen Fällen wird die "teurere Klinikinfrastruktur in Anspruch genommen".

Horbs Oberbürgermeister Peter Rosenberger erklärt: "Ich weiß, dass die kassenärztliche Vereinigung mit dem Gedanken spielt, die Notarztversorgung zu zentralisieren. Das können wir auf keinen Fall hinnehmen. Es wäre ein verheerendes Signal für die Raumschaft, wenn sich die KV mit dem Notdienst hier zurückziehen würde."

Bernd Walz, Vorsitzender der Kreisärzteschaft Calw, sagt: "Es gibt einen zunehmenden Mangel an Hausärzten auf dem Land. In Tübingen gibt es mehr alte Hausärzte als in Calw, die demnächst ihre Praxis aufgeben werden. Drei Mal dürfen Sie raten, für welchen Standort sich ein junger Arzte entscheidet." Walz setzt auf eine kreisübergreifende Zusammenarbeit der Ärzte, um die Versorgung der Patienten vor Ort zu gewährleisten: "Wir müssen uns mit den Horbern zusammensetzen." Laut KV-Sprecherin Tröscher wolle man bis zur endgültigen Reform versuchen, durch eine Zusammenarbeit auch über Kreis- und Stadtgrenzen hinweg für jeden allgemeinen Arzt eine möglichst gleich verteilte Belastung hinzubekommen. Sind auch die Ärzte aus Calw oder Nagold bereit, ans Horber Krankenhaus für den Notfalldienst zu gehen? Walz: "Ärzte sind Einzelkämpfer. Einige Nagolder Kollegen wollen nicht nach Horb. Andererseits können wir aufgrund des Ärztemangels nicht mehr an den Kreisgrenzen halt machen."

Lohnt sich der Notfalldienst für die Mediziner? Walz antwortet: "Als ich dem Calwer Landrat erzählt habe, dass ich unseren Notärzten 30 Euro brutto pro Stunde bezahle, sagte er mir, dass er dafür nicht mal einen städtischen Arbeiter finanzieren könnte." Der kostet 36 Euro. Der Calwer Arzt sieht auch das Krankenhaus in Horb mit Skepsis: "Ich weiß, dass die Krankenkassen als einer der Hauptkostenträger die Klinik in Horb ohnehin schon kritisch sehen." KLF-Aufsichtsratsmitglied und Horbs OB Rosenberger: "Wir investieren gerade zwölf Millionen Euro in Horb, um die Klinik zukunftsfähig zu machen. Es wäre ein fatales Signal, wenn der allgemeinärztliche Notdienst aus Horb verschwinden würde."