Tiere überwintern in alten Bergwerksstollen: Die Fledermäuse haben im Kreis Freudenstadt viele Rückzugsmöglichkeiten. Foto: Groß

Biologe erfasst Winterbestände im Landkreis. In Christophstal vom Aussterben bedrohte Art entdeckt.

Kreis Freudenstadt - Der Bestand an Fledermäusen ist auch in diesem Jahr stabil, vermerkt Christian Dietz. Der Biologe aus Haigerloch nimmt im Auftrag des Regierungspräsidiums Karlsruhe jedes Jahr die Winterzählung der lichtscheuen Tiere vor. Seit 21 Jahren ist der freiberufliche Biologe regelmäßig im Landkreis unterwegs, um die Winterbestände der Fledermäuse zu erfassen und nach seltenen Fledermausarten wie der Wimpernfledermaus Ausschau zu halten. "In diesem Jahr konnte ich sogar in Christophstal diese vom Aussterben bedrohte Art entdecken und registrieren", sagt Dietz. Er spricht von einer leicht zunehmenden Zahl der Fledermäuse im Landkreis Freudenstadt.

 

Einer der Gründe für den Zuwachs sind die alten Bergwerksstollen, in die sich die Tiere für den Winterschlaf zurückziehen und so in geschützter Umgebung überwintern können. In Gebieten, wo es diese Möglichkeit nicht gibt, nehmen die Bestände laut Dietz sehr stark ab. Denn die Fledermäuse brauchen Rückzugsmöglichkeiten, um überleben zu können. "Allein im Landkreis Freudenstadt gibt es rund 600 mögliche Winterquartiere", sagt der Experte, der die Lieblingsplätze der Tiere genau kennt. Zwischen 30 und 40 Quartiere werden seit zwei Jahrzehnten jährlich inspiziert, sodass gute Rückschlüsse auf den Bestand möglich sind und die Entwicklung der Populationen gut beobachtet werden kann. "Das große Mausohr kommt in den Quartieren am häufigsten vor", betont Dietz, der aber durch den relativ warmen Winter in diesem Jahr einige Arten gar nicht erst am üblichen Platz finden konnte. So waren auch die Luftschutzbunker in Freudenstadt recht spärlich besetzt und wurden von den Fledermäusen nicht als Dach über dem Kopf benötigt.

In anderen Stollen in Freudenstadt habe er aber bis zu 50 Tiere erfassen können. Das sei die maximale Größe einer Winterkolonie im Nordschwarzwald. "Es gibt da bei den Fledermäusen kälteharte Arten, aber auch so eine Art Warmduscher", stellt Dietz fest. Ist ein Winter nicht so kalt, zieht es einige Arten gar nicht erst in die Winterquartiere. Denn bei milden Temperaturen bleiben sie an ihren geschützten Sommerplätzen. Die genauen Auswirkungen könne man jedoch erst im Sommer sehen, wenn durch die Untersuchungen der Sommerkolonien nochmals Zahlenmaterial ausgewertet wird.

Eine wahre Katastrophe wäre es nach Auskunft des Biologen allerdings für die Tiere, wenn es nochmals richtig kalt würde. Dann fehlen die Fettreserven, und die Fledermäuse würden sterben. Ein Grund für die genaue Beobachtung der Fledermauspopulationen ist die hohe Anfälligkeit der Tiere für Veränderungen. Damit sind sie Indikatoren für eine intakte Umwelt. Ändern sich die Umweltbedingungen, gehen auch die Bestände zurück. "Im Schwarzwald ist es die intensive Forstwirtschaft, die den Tieren zu schaffen macht, denn sie brauchen Altholzbestände und geschützte Gebiete", so der Biologie.

Im Nationalpark sieht er Chancen für eine positive Entwicklung der Fledermäuse, denn die nicht bewirtschafteten Flächen bieten Lebensraum. Allerdings seien die Tiere so mobil, dass sie riesige Gebiete benötigen, denn sie legen Strecken zwischen 50 und 100 Kilometer zurück. Im Schnitt werden die Tiere in der Region 10 bis 15 Jahre alt, aber es gibt auch welche, die eine Lebensdauer von 30 bis 40 Jahren haben.

Einen deutlichen Rückgang stellte Christian Dietz in den vergangenen Jahren bei den hoch spezialisierten Arten fest, wie zum Beispiel dem Grauen Langohr. "Sie brauchen blühende Wiesen und Streuobstgebiete, die es immer weniger gibt." Wichtig ist dem Experten auch, dass bei Umbauten oder Sanierungen an Häusern, an denen es Fledermauskolonien gibt, fachlicher Rat eingeholt wird. "Es gibt ganz einfache Möglichkeiten", sagt der Biologe, "bauliche oder zeitliche Anpassungen vorzunehmen, sodass die Tiere weiterhin einen Platz haben." Dietz oder auch das Landratsamt geben gerne dazu Auskunft.

In der Grube Untere Sophia ist Dietz fast jedes Jahr. Dort hat er auch diesmal zusammen mit Alfons Egelhof und Höhlenforscher Michael Jettmar die Zählung vorgenommen. "Drei Fledermäuse konnten wir dieses Jahr dort nur entdecken – zwei Wasserfledermäuse und eine Mausohrfledermaus", bilanziert Dietz. Er geht jedoch davon aus, dass bei den frühlingshaften Temperaturen bereits einige Tiere ihr Winterquartier verlassen haben. Alfons Egelhof ist mit Michael Jettmar oft in dem alten Bergwerksstollen unterwegs. Er freut sich, dass die Fledermäuse dort jedes Jahr überwintern. "Die Grube Untere Sophia ist zudem auch die einzige Grube im Nordschwarzwald, in der Kobaldfunde nachgewiesen wurden", sagt Jettmar.