Michael Theurer Foto: Tom Weller/dpa

Michael Theurer und Margarete Rebholz weisen Vorwürfe der SPD von sich: "Eine gehörige Portion Arroganz."

Kreis Freudenstadt - Die Suche nach der Mitte – der eigenen und der Gesellschaft: Die FDP im Kreis Freudenstadt steht nach der heftigen Debatte, die ihr politischer Aschermittwoch ausgelöst hatte, offenbar weiter unter Rechtfertigungsdruck. FDP-Bundesvize Michael Theurer und Kreisrätin Margarete Rebholz verwahren sich gegen Vorwürfe der Kreis-SPD.

Theurer verfasste einen offenen Brief an die SPD-Kreisvorsitzende Viviana Weschenmoser, als Reaktion auf ihre Vorwürfe bei der Kundgebung für Demokratie am Samstag in Freudenstadt. "Es ist in Horb und im ganzen Land bekannt, dass ich schon als Oberbürgermeister, Landtags- und Europaabgeordneter immer klar Position gegen Rechtsextremismus, Geschichtslügen und Antisemitismus bezogen habe. Daran hat sich auch im Bundestag nichts geändert", schreibt Theurer an die "liebe Viviana Weschenmoser". Anders als andere Akteure habe er beispielsweise in der Auseinandersetzung um die Schließung der Kneipe "Comico", die zu einem europaweiten Treffpunkt für Neonazis wurde, von vorne herein klargemacht, "dass wir so etwas in Horb nicht wollen". Als aufgrund von Verstößen gegen das Gaststättenrecht der Betrieb eingestellt wurde, habe er sich persönlichen Drohungen ausgesetzt gesehen. "Dies hat nie mehr aufgehört und mit meinem Engagement als einer der Gründer des Vereins Ehemalige Synagoge Rexingen und des Bündnisses gegen Rechts sogar zugenommen", schreibt Theurer. Es habe anonyme Drohbriefe, "massenweise Beleidigungen", Hakenkreuzschmierereien am Wahlkreisbüro, "konkrete Morddrohungen" und schließlich zeitweise Personenschutz gegeben – zu einem Zeitpunkt, als darüber bundesweit "medial kein Aufhebens gemacht" worden sei. Deshalb empfinde er die Vorwürfe der SPD als "anmaßend und unehrlich".

Theurer sieht Demokratie in Gefahr

"Unsere Demokratie ist in Gefahr", so Theurer. Die derzeit größte Bedrohung sei "ohne jeden Zweifel" der Rechtsextremismus und Rechtsterrorismus mit seinen wiederholten Anschlägen gegen Juden, Einwanderer und Politiker. Allerdings zeige die Geschichte der Bundesrepublik, dass jede Form von Extremismus und Terrorismus eine Gefahr für die freiheitlich-demokratische Grundordnung darstelle. Gegen diese Gefahr habe sich die FDP immer gewandt, so wie in der Zeit der SPD/FDP-Koalition gegen den linksextremen RAF-Terrorismus. Jetzt müsse die Demokratie genau so erfolgreich gegen Rechtsterrorismus verteidigt werden – und gegen "jede andere totalitäre Vision". Jede Form des Extremismus’ "klar abzulehnen und auch zu bekämpfen", sei über Parteigrenzen hinweg "die demokratische DNA der Bundesrepublik Deutschland".

Der CDU und der FDP abzusprechen, dass sie "felsenfest auf dem Boden des Grundgesetzes und der Demokratie" stünden, sei absurd und unverschämt. "Als Partei, die das Grundgesetz maßgeblich mitgestaltet hat, werden wir uns das nicht bieten lassen", so der FDP-Politiker. Es sei seit Jahrzehnten "Strategie" vieler Linker, das Koordinatensystem in der Politik zu verschieben. Die Haupt-Trennlinie solle nicht zwischen Demokraten und Extremisten verlaufen, sondern zwischen "der Linken" einerseits und "Faschisten/Rechten/Kapitalisten" andererseits. Der Zweck der Strategie sei klar: "Allen Nicht-Linken soll die demokratische Legitimierung abgesprochen werden", so Theurer. Dass ausgerechnet die SPD als Koalitionspartner der CDU/CSU nun "die Speerspitze dieser Verächtlichmachung der demokratischen Mitte" anführe, sei "höchst bedauerlich". Deshalb appelliere er an die SPD, dass sie sich auf den gemeinsamen demokratischen Grundkonsens zurückbesinne und "sich klar von Koalitionen mit der in Teilen extremistischen und dort vom Verfassungsschutz beobachteten Linken distanziert".

FDP-Kreisrätin wittert Doppelmoral

Auch Margarete Rebholz, Vorsitzende der FD/FW-Fraktion im Horber Gemeinderat und FDP-Kreisrätin, wittert in der aktuellen Debatte eine "doppelbödige Moral". Michael Theurers Satz – "Ich wehre mich gegen den Mainstream der Hauptstadtmedien, die jetzt einen Antifaschismus aus Links, SPD und Grün wollen" – sei anschauliches Beispiel dafür, "wie eine Äußerung absichtlich oder unabsichtlich missverstanden oder überhaupt nicht verstanden" wurde. Der "Antifaschismus aus Links, SPD und Grünen" bedeutet nach ihrem Verständnis, dass diese Parteien für sich alleine in Anspruch nehmen, Gegner des Faschismus’ zu sein. "Es steckt eine gehörige Portion Arroganz hinter dieser Einstellung", so Rebholz. Stillschweigend werde damit ausgesagt, die FDP befände sich nicht mehr in der politischen Mitte. "Dem trete ich entschieden entgegen", so die Kommunalpolitikerin. In Thüringen habe es "ein unglückseliges Ereignis" gegeben, das jedoch "korrigiert" worden sei. Die FDP habe sich immer zu Demokratie und Grundgesetz bekannt. Der Gedanke der Freiheit stehe faschistischem Gedankengut "diametral" entgegen. "Für mich ist die AfD im Kreistag keine Partei, mit der ich in irgendeiner Form kooperieren will." Dies sei auch niemals die Absicht des Fraktionsvorsitzenden Ernst Wolf gewesen, "wobei es in einzelnen Sachfragen Übereinstimmungen wie auch mit den anderen Fraktionen geben" könne.

Auch sie rät der SPD, erst mal "ihr Verhältnis zu den Linken zu klären". Die Linke werde "stillschweigend als demokratisch und verfassungstreu" dargestellt. Dabei sei sie die Nachfolgepartei der SED. "Wo bleibt der Aufschrei?" Die FDP brauche "keine Belehrungen" darüber, wie sie mit den jüngsten Geschehnissen umzugehen habe, und lasse sich "nicht in die rechte Ecke drängen".