Kneipenwirte und Barbesitzer wissen noch nicht, wann und wie es für sie weiter geht. (Symbolfoto) Foto: Amber_Avalona / pixabay

Restaurants bereiten sich auf Neustart am Montag vor. Acht Wochen Zwangsschließung.

Kreis Freudenstadt - Erleichterung bei Restaurantbesitzern, Frust bei Barbetreibern, Kneipiers und Hoteliers: Am Montag öffnen im Kreis Freudenstadt die Speisegaststätten wieder. Nach acht Wochen Zwangsschließung haben die Betreiber alle Hände voll zu tun.

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Beate Gaiser ist am Anschlag, und das seit Tagen. Als Gastronomin sind sie und ihr Mann dabei, den "Adler" in Freudenstadt nach zwei Monaten Stillstand wieder hochzufahren. Und als Kreisvorsitzende des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga) berät sie ihre Kollegen, wie die Schutzbestimmungen und Hygienevorschriften im Detail umzusetzen sind. Und sie ist Seelentröster und Kummerkasten für Kneipenwirte und Barbesitzer, die noch nicht wissen, wann und wie es für sie weiter geht. Oder ob es überhaupt weitergeht. "Hoffentlich kommt die Soforthilfe II für sie bald. Es dauert alles so lange. Einigen Kollegen steht das Wasser bis zum Hals."

Telefon steht nicht mehr still

Bei ihr hingegen steht das Telefon seit Anfang der Woche nicht mehr still. Am Montag legte das Land die neue Verordnung vor, unter welchen Regeln Speisegaststätten wieder öffnen dürfen. Am Dienstag machte sich der Dehoga-Landesverband daran, aus juristischen Verwaltungsvorschriften allgemeinverständliche Regeln und konkrete Ablaufpläne für die Gastronomen abzuleiten, mit denen sie arbeiten können. Gaiser sagt, sie sei dankbar, dass die Regeln des Landes nicht ganz eng gefasst seien und Spielraum für praxistaugliche Konzepte ließen. Kehrseite sei, dass nicht alles eindeutig sei und viele Detailfragen zu klären seien. Sind Büfetts nun erlaubt oder nicht? Gaiser hat sich reingefuchst ins Regelwerk und kennt die Vorschriften nun aus dem Effeff. Eine Erkenntnis: Ohne Landesverband mit hauptamtlichem Personal wäre die Lage nicht zu meistern. "Es ist mühsam gerade", findet sie. Dafür sei die Regelung in Baden-Württemberg an anderer Stelle besser als etwa in Bayern, wo nur Gastronomie im Freien öffnen darf. "Das hätte für uns nur Chaos bedeutet", so die Dehoga-Vorsitzende.

Trotz Stress’ ist sie guter Dinge. Endlich gehe es wieder los. "Nichts ist schlimmer, als wenn die Kosten weiter laufen, es aber keine Einnahmen und nicht mal eine Perspektive gibt. Zum Nichtstun verdammt zu sein, macht einen doppelt fertig", so Gaiser. Jetzt müssten tausend Dinge geregelt werden. Das fange beim Bestellen von Waren an, weil nicht mal mehr Portionsbutter im Hause gewesen sei. Und es hört Markierungen für die Gäste am Boden auf und bei Fragen, wie sich die Speisekarten nach jedem Gästewechsel wieder desinfizieren lassen. Das Personal, zuletzt zu 100 Prozent in Kurzarbeit, sei Gott sei Dank noch da.

220 Mitgliedsbetriebe

Der "Adler" hatte zwischenzeitlich zumindest seinen Restaurantbetrieb am Laufen gehalten, auf Sparflamme mit Essen zum Mitnehmen. Gaiser sagt, es habe gut getan – ein bisschen Einnahmen gebracht, aber vor allem psychologisch und als Signal an die Kunden, dass es das Restaurant noch gibt. Kollegen berichten, an einigen Tagen seien nur drei Essen verkauft worden, an anderen wie dem Muttertag zuletzt um die 100.

Wie viele Restaurants im Landkreis gleich nächste Woche starten, wisse sie nicht. Von den rund 220 Mitgliedsbetrieben hätten um die 60 Prozent Speisegastronomie, entweder als reine Gasthäuser oder Hotels mit angeschlossenem Restaurant. Denn die Regeln seien strikt, und der Dehoga sei sich seiner Verantwortung bewusst. "Wir wollen alles richtig machen", so Beate Gaiser.

Unter anderem werden die Platzzahlen reduziert, um die geforderten Abstände einhalten zu können. Für den "Adler" bedeute dies, dass nur die Hälfte der 60 Sitzplätze genutzt werden könnten. Mancher Kollege kalkuliere genau, ob sich ein Teilstart wirtschaftlich rechne. Die Gaisers haben das für sich so geregelt, dass sie vorerst erst abends ab 18 Uhr öffnen.

Gespannt ist sie, wie der Betrieb wieder anläuft. Reservierungen habe sie noch keine, aber schon die Versprechen von Gästen. "Die Freudenstädter sind ein ausgehfreudiges Publikum und haben zuletzt viel Solidarität mit uns gezeigt", so Gaiser. Und ein Gast habe ihr erklärt, er freue sich auf sein erstes Essen im Restaurant. "Mit frisch gezapftem Bier mit Schaumkrone drauf."