Attraktiv sein für Jung und Alt – dies ist für viele Kommunen die Antwort auf den demografischen Wandel. Foto: Kalaene

Nach neuer Bevölkerungsprognose wollen Gemeinden ihre Attraktivität für Jung und Alt mehr steigern.

Kreis Freudenstadt - Die neue Bevölkerungsprognose der Bertelsmann-Stiftung bestätigt den Trend der alternden Gesellschaft auch für den Landkreis Freudenstadt.

Berücksichtigt wurden für die Prognose alle Städte und Gemeinden mit mehr als 5000 Einwohnern. Betrachtet man die voraussichtliche Bevölkerungsentwicklung im Zeitraum von 2012 bis 2030, dann stellt man fest, dass der Kreis Freudenstadt mit einem Rückgang von 5,7 Prozent rechnen muss. Patrick Birnesser, persönlicher Referent des Oberbürgermeisters Julian Osswald, sieht das als Ansporn, die Kommunen weiterhin attraktiv zu gestalten.

Für die Zukunft sei die Vereinbarkeit von Familie und Beruf wichtig, aber auch der Bau von Wohnhäusern, sowohl außerhalb als auch innerhalb des Stadtkerns. Außerdem spielen laut Birnesser auch ein reges Vereinsleben und gut aufgestellte Schulen eine wichtige Rolle für die Attraktivität einer Gemeinde. Mit welchen konkreten Schritten auf den gesellschaftlichen Wandel reagiert werden soll, ist laut Birnesser noch offen. Ein Demografieplan liege bisher nicht vor, "aber die Stadt hat das Thema dennoch auf dem Schirm". Freudenstadt selbst ist nach der Prognose die Kommune im Landkreis, die mit nur 0,3 Prozent Rückgang seiner Einwohnerzahl bis zum Jahr 2030 rechnen muss. Auch Pfalzgrafenweiler steht mit einem voraussichtlichen Rückgang von 1,1 Prozent relativ gut da, was Bürgermeister Dieter Bischoff unter anderem auf die gute Lage an der Grenze zum Kreis Calw und die intakte Infrastruktur zurückführt.

Loßburg wird hingegen ein Rückgang der Bevölkerung von bis zu 12,2 Prozent prognostiziert. Der Loßburger Bürgermeister Christoph Enderle stellt die Berechnungsmethode, die der negativen Prognose zugrunde liegt, allerdings grundsätzlich in Frage. Denn seit 2012 nehme die Bevölkerung der Gesamtgemeinde Loßburg zu – von 2013 auf 2014 beispielsweise um 0,3 Prozent. Enderle kann sich nur vorstellen, dass es sich um einen statistischen Fehler handelt, der den Abwärtstrend seit 2007 beleuchtet und diesen für die Zukunft hochrechnet. "Da kommen natürlich negative Werte heraus", meint Enderle.

Die Bevölkerungsprognose der Bertelsmann-Stiftung umfasst auch die wahrscheinliche Entwicklung der Altersstruktur der Bevölkerung im Kreis Freudenstadt von 2012 bis 2030. Generell ist dabei auffallend, dass in allen Gemeinden die Zahl der über 80-Jährigen im zweistelligen Prozentbereich zunehmen wird.

Seniorenrat setzt sich für neue Wohnformen ein

Den höchsten Wert erreicht dabei die Gemeinde Pfalzgrafenweiler. Dort steigt die Zahl der über 80-Jährigen nach der Prognose um 78,4 Prozent. Bürgermeister Dieter Bischoff begründet das allerdings auch mit der Zahl der Altenheime in seiner Gemeinde. Aber auch im Kreis Freudenstadt steigt der Anteil der über 80-Jährigen – voraussichtlich um 42,4 Prozent.

Der Trend zu einer immer älteren Einwohnerschaft zeichnet sich auch in der Gemeinde Waldachtal ab. Dort steigt die Zahl der über 80-Jährigen bis 2030 wohl auf mehr als das Doppelte. Bürgermeisterin Annick Grassi sieht das aber auch als Chance dafür, für die Zukunft "zweigleisig" vorzugehen. Zum einen soll laut Grassi für die alternde Bevölkerung ein Lebensraum geschaffen werden, in dem die Menschen auch bis ins hohe Alter möglichst selbstständig leben können. Zum anderen versuche Waldachtal weiterhin, für Kinder und Familien noch attraktiver zu werden. Außerdem sollen zusätzliche Mehrgenerationen-Angebote folgen.

Sowohl Dieter Bischoff als auch Patrick Birnesser sind sich über die Möglichkeiten zur Steigerung der Attraktivität der Gemeinden einig. Dazu zählen sie unter anderem neue Wohnformen, vor allem im Hinblick auf altersgerechtes Wohnen und Barrierefreiheit.

Für solche neue Wohnformen setzt sich auch der Freudenstädter Stadt-Seniorenrat ein. Er denkt dabei auch an Beratung zum Thema "Barrierearm Wohnen". Zur Verringerung von Gefahren für ältere Mitbürger könnten auch verstärkt technische Assistenzsysteme genutzt werden, teilt der Stadt-Seniorenrat auf Anfrage weiter mit.

Zwar können sich die Gemeinden nach Ansicht von Bürgermeister Dieter Bischoff auf den Trend der alternden Gesellschaft einstellen und versuchen, auch jüngeren Einwohnern Lebensqualität zu bieten. Wie sich die Altersstruktur letztlich aber entwickelt, hänge auch stark von persönlichen Motiven ab – beispielsweise von der einfachen Frage, ob man auf das Land ziehen möchte oder nicht.