Das Jobcenter des Landkreises und der Agentur für Arbeit arbeitet seit zwei Jahren erfolgreich. Falls die Klage des Landkreises erfolgreich ist, möchte er alle Leistungen nach Hartz IV jedoch bei sich zusammenfassen. Foto: Alt

Kreis will Leistungen für Hartz IV-Empfänger allein übernehmen. Klage vor dem Bundesverfassungsgericht.

Kreis Freudenstadt - Falls die Klagen von 15 Landkreisen und einer Stadt vor dem Bundesverfassungsgericht Erfolg haben, könnte das das Aus für das Jobcenter des Landkreises Freudenstadt und der Agentur für Arbeit Nagold/Pforzheim bedeuten.

Es ist nämlich das Ziel von Freudenstadts Landrat Klaus Michael Rückert bei einem Erfolg der Klagen die Aufgabenwahrnehmung für die Leistungen nach Hartz IV als so genannte Optionskommune beim Landkreis zusammenzuführen. Dies erklärte er am Mittwoch auf Anfrage unserer Zeitung nach der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe, bei der Rückert und der Erste Landesbeamte Klaus Ulrich Röber persönlich anwesend waren.

Zur Erinnerung: Seit 2005 teilten sich die Agentur für Arbeit und der Landkreis die Aufgabenwahrnehmung für Hartz IV-Empfänger. Der Kreis war für die Kosten der Unterkunft und die kommunalen Eingliederungsleistungen zuständig, die Agentur für Arbeit gewährte die Regelleistungen und erledigte die Vermittlung und Qualifizierung der Arbeitslosen. Nachdem diese Organisationsform als verfassungswidrig eingestuft wurde, gab es die Möglichkeit, ein Jobcenter als gemeinsame Einrichtung von Arbeitsagentur und Landkreis zu schaffen, oder das Optionsmodell zu wählen, das heißt die alleinige Zuständigkeit des Landkreises für alle Leistungen nach Hartz IV.

Bei nur drei Enthaltungen entschloss sich der Kreistag auf Vorschlag der Verwaltung seinerzeit einen Antrag auf das Optionsmodell zu stellen, kam aber nicht zum Zug und musste deshalb zum 1. Januer 2012 ein Jobcenter zusammen mit der Agentur für Arbeit gründen, das in den Räumen der Agentur für Arbeit in Freudenstadt untergebracht wurde. Eine Dienststelle wurde auch in Horb eingerichtet. Mit der Ablehnung des Optionsmodells war der Kreis Freudenstadt nicht einverstanden. Landrat Klaus Michael Rückert und der Kreistag sahen die Vorteile des Optionsmodells vor allem darin, dass die Leistungsempfänger nur einen Ansprechpartner gehabt hätten.

Außerdem kritisierte der Landrat beim Jobcenter die Gründung einer völlig neuen Behörde mit rund 40 Mitarbeitern und zwei Arbeitgebern. Das Land hatte bei der Ablehnung der Option damals  mitgeteilt, dass der Antrag des Kreises Freudenstadt als Optionskommune zwar geeignet aber nicht unter den sechs am höchsten eingestuften Anträgen, die schließlich zum Zug kamen, gewesen sei. Auch dieses Auswahlverfahren löste beim Landrat verfassungsrechtliche Bedenken aus.

"Wir halten unsere Argumente nach wie vor für gut"

So entschloss sich der Kreis Freudenstadt – und übrigens auch der Nachbarkreis Calw –  sich einer Verfassungsbeschwerde anzuschließen. Dabei geht es vor allem darum, das Kontingent der Optionskommunen für diejenigen Antragsteller zu öffnen, die von den Ländern als geeignet befunden aber dennoch nicht zugelassen wurden. Dazu gehört der Kreis Freudenstadt. Am Mittwoch war die fünfstündige mündliche Verhandlung in Karlsruhe vor dem zweiten Senat des Bundesverfassungsgerichts unter Vorsitz des Präsidenten Andreas Voßkuhle. 

Nach der Verhandlung wollte Klaus Michael Rückert zwar nicht einschätzen, wie das Urteil ausfallen könnte, das erst im Frühsommer erwartet wird, doch "es war erfreulich, dass sich die acht Richter intensiv mit dem Thema befasst haben".

Es sei ein positives Signal, dass es überhaupt zu einer mündlichen Verhandlung gekommen sei. Vieles werde sonst auch nur schriftlich erledigt. Die Beschwerdeführer hätten gemeinsam mit dem Landkreistag ihre Argumente vorgetragen. Dabei sei es besonders um die willkürliche Festlegung der Anzahl der Optionskommunen gegangen.

"Wir halten unsere Argumente nach wie vor für gut", betont Rückert. Inzwischen existiert das Jobcenter seit zwei Jahren und hat sich eingespielt, wie dies auch Landrat Klaus Michael Rückert erst kürzlich bei der Vorstellung der neuen Leiterin des Jobcenters in Freudenstadt zugeben musste (wir berichteten). Dennoch ist Rückert überzeugt, "dass es besser wäre, alles in einer Hand beim Kreis zu haben". Nach der seinerzeitigen eindeutigen Entscheidung des Kreistags für das Optionsmodell "würde ich das auch rückabwickeln wollen", betont Rückert. Die Verfassungsbeschwerde ist demnach keineswegs nur formaljuristischer Natur, sondern hätte bei einem Erfolg auch Folgen im Landkreis.