Ovationen für neuen alten Landrat. 84 Prozent der Calwer Kreisräte plädieren für zweite Amtszeit.
Kreis Calw - 37 von 44 wahlberechtigten Kreistagsmitgliedern stimmten mit Ja und ebneten am Montagbend den Weg für eine zweite Amtszeit von Helmut Riegger als Landrat des Kreises Calw. Der 55-Jährige trat ohne Gegenkandidat an. Nervös war er trotzdem.
Dabei war die Wahl bereits Wochen vorher gelaufen. Als der für diesen Urnengang zuständige Ausschuss unter Vorsitz von CDU-Fraktionschef Jürgen Großmann am 4. Oktober dem Innenministerium mitteilte, dass nur der Amtsinhaber sich bewerben würde, mutierte die Wahl zur Formalität.
Dennoch: Zur Wiederwahl benötigte Riegger streng genommen die absolute Mehrheit der Stimmen, erst in einem dritten Wahlgang hätte die einfache Mehrheit genügt. Aber der 55-jährige CDU-Politiker weiß um die Unbilden im politischen Leben. Vor 14 Jahren verlor er in Kirchheim unter Teck als klarer Favorit hauchdünn eine OB-Wahl. Das prägt.
Alleiniger Kandidat – und doch nervös
Während er in seiner halbstündigen Bewerbungsrede vor dem Kreistag nochmals all jene Projekte in Erinnerung rief, der er bei seiner Wahl 2009 anzupacken versprach: "Ich habe Wort gehalten", gestand er nach der gestrigen Entscheidung freimütig ein, wie sehr ihn in den vergangenen Wochen die "Nervosität im Griff" hatte, wissend: "Bei einer Wahl ist immer eine gewisse Unsicherheit da."
Riegger saß mit seiner Frau Iris und den Kindern während des Wahlgangs hinten im großen Sitzungssaal, derweil Jürgen Großmann seinen Kollegen das formalistische Einmaleins eines Urnengangs nahelegte: "Ich bitte Sie, nicht zu zweit in eine Kabine zu gehen." Abgestimmt wurde alphabetisch. Dann wurden die 44 abgegebenen Stimmzettel unter den Augen der Öffentlichkeit ausgezählt. Großmann machte es spannend: "Es ist kein weiterer Wahlgang erforderlich", um die wichtigere Feststellung gleich hinterher zu schieben: "Der Alte ist der Neue."
Applaus brandete auf, noch bevor Details genannt werden konnten: Riegger erhielt 37 Ja-Stimmen (84 Prozent) bei drei Enthaltungen und vier Nein-Stimmen. Als er mit einem erleichterten Lächeln im Gesicht nach vorne schritt, um sich für das ausgesprochene Vertrauen zu bedanken, standen der komplette Kreistag und die prominent besetzten Zuhörerreihen auf und feierten den wiedergewählten Kreischef mit Ovationen.
"Sie haben sich diese Zustimmung hart erarbeitet", würdigte Jürgen Großmann die Verdienste Rieggers: "Ihr Ansinnen ist es, nahe an den Menschen zu sein, ohne den Menschen nach dem Mund zu reden. Das ist ihr Erfolgsrezept."
"Das war eine exzellente Wahl", pflichtete Zeno Danner bei, seit wenigen Wochen amtierender Erster Landesbeamter im Landratsamt. Das Verkehrsministerium habe ihm schon damals, bei seiner Versetzung nach Calw, in einer internen Einschätzung den neuen Chef ans Herz gelegt: Riegger sei, so schrieben die Ministeriellen, ein "bestens vernetzter Profi, von dem man viel lernen kann."
Gestern Abend war Riegger aber vor allem – dankbar. Auch ob seiner Familie. Seine Ehefrau Iris hatte – abseits des Protokolls – dem Ehemann und Vater mit berührenden Worten eine Botschaft in Form eines Geschenks überbracht. Manchmal fehle angesichts seiner vielen Termine die gemeinsame Zeit. "Die Tage mit dir sind umso kostbarer. Wir haben dich sehr lieb." Nicht nur Iris Riegger standen in diesem Moment die Tränen in den Augen.
Nach einer musikalischen Untermalung durch zwei Lehrkräfte der Musikschule Altensteig nahm Riegger wieder seinen angestammten Platz auf dem Podium ein. Frei nach dem früheren SPD-Chef Franz Müntefering räsonierte der alte neue Landrat: "Im Zuschauerraum sitzen ist Mist."
Seine offizielle Amtseinsetzung erfolgt am 25. Januar.