Verkehrsminister Winfried Hermann signalisiert Unterstützung für das Projekt und greift Kritiker scharf an.
Kreis Calw - Verkehrsminister Winfried Hermann hat dem Kreis Calw geraten, alle Kraft auf die Hermann-Hesse-Bahn zu fokussieren und das Nagolder S-Bahn-Projekt ruhen zu lassen. Bestrebungen im Kreis Böblingen, die Hesse-Bahn zu torpedieren, nannte Hermann gestern "kurzsichtig und mehr als unsolidarisch". An Winfried Hermann wird die angestrebte Anbindung von Calw an das Stuttgarter S-Bahn-Netz nicht scheitern. Das machte der Minister gestern deutlich. "Die Hesse-Bahn ist ein gutes und vernünftiges Projekt, ein Schlüsselprojekt für den ländlichen Raum und für das Überleben der Stadt Calw", sagte Hermann bei einem Redaktionsgespräch in Nagold, bei dem er der ankündigte, alles für eine Realisierung der Hessebahn tun zu wollen.
Diese grundsätzlich positive Haltung gegenüber der Hessebahn reicht sogar soweit, dass er die Bürgermeister im Kreis Böblingen, die derzeit die Hesse-Bahn torpedieren, scharf attackierte: "Der Kreis Böblingen hat dem Land, auch bei der S-Bahn, so viel zu verdanken", stellte Hermann klar. "Jetzt, da andere mal etwas bekommen sollen, dagegen vorzugehen, ist nicht nur kurzsichtig, sondern mehr als unsolidarisch."
Doch mit politischer Unterstützung allein ist es nicht getan, das weiß auch der Minister. Er kennt den Haken an der Sache: das liebe Geld. Die 50 Millionen Euro für die Hesse-Bahn wollen finanziert sein. Nach neuen Richtlinien würde das Land das Projekt über GVFG-Mittel zu 50 Prozent fördern. Allerdings liegt dem Minister eine "endlos lange Liste" von Bahnprojekten vor, die alle vom Land gefördert werden wollen und damit in Konkurrenz zur Hesse-Bahn stehen. Und die GVFG-Mittel sind endlich. Und da dieses Finanzierungswerkzeug des Bundes im Jahr 2019 ausläuft und geförderte Projekte bis dahin abgerechnet sein müssen, muss aus Sicht von Hermann die Entscheidung, ob die Bahn kommt oder nicht, zwingend 2014 fallen.
"Die B 28-Abstufung ist nur eine Umetikettierung"
Doch was können der Kreis Calw und seine Politiker jetzt noch tun, damit das Projekt doch noch grünes Licht bekommt? "Der Kreis muss bei der Stange bleiben, zusammenhalten und den eigenen Teil der Finanzierung sichern", so Hermann. "Kurz gesagt: "Der Kreis muss alle seine Kräfte auf die Hesse-Bahn konzentrieren."
Das heißt für Hermann auch, dass sich der Kreis von den Plänen, auch Nagold ans S-Bahn-Netz anzudocken, verabschieden sollte. "Das macht keinen besonderen Sinn", sagt der Grüne Verkehrsminister über eine S-Bahn nach Nagold.
Vielmehr solle man sich überlegen, wie man die Stadt an die deutlich verbesserten Angebote auf der Gäubahn anbinden könnte – etwa über Zubringerbusse. Auf dieser Strecke fahre man mit einem Intercity statt mit einer S-Bahn Richtung Stuttgart und das auch noch mit Nahverkehrshaltepunkten, machte der Minister den Nagoldern diese Variante schmackhaft.
Verabschieden muss sich Nagold auch von einem schnellen Ausbau der maroden L 353 von Iselshausen nach Haiterbach-Unterschwandorf. Im Kriterienkatalog der Landesregierung stehe das Projekt zwar recht günstig da, doch vor 2016 sei mit einem Baubeginn definitv nicht zu rechnen, machte Hermann deutlich, der darauf verwies, dass man erst einmal die vielen von der Vorgängerregierung begonnenen Projekte abschließen müsse, bevor man neue anfange. Vorwürfe, der Grüne Verkehrsminister tue zu wenig für den Straßenbau, wollte Hermann so nicht stehen lassen. Vielmehr baue man den riesigen Sanierungsstau ab, den die unionsgeführte Landesregierung hinterlassen habe.
Dampf aus dem Kessel nahm Hermann in Sachen Abstufung der B 28 zwischen Herrenberg und Altensteig zur Landesstraße. Das sei nichts anderes als eine "Umetikettierung", an der Qualität der Straße ändere sich nichts, versprach Hermann im Gespräch mit unserer Zeitung. "Für die Region ist diese Abstufung bedeutungslos."