Der Landkreis Calw will den Ausbau der Solarenergie forcieren. Foto: Schmidt

So ganz konnte es Andreas Kubesch (Grüne) selbst nicht glauben, wie schnell und nachdrücklich sein Antrag für eine "Solaroffensive" auf kreiseigenen Liegenschaften die Gremien des Kreistags passierte. Der Umweltausschuss (UA) gab nun grünes Licht für die ersten konkreten Maßnahmen.

Kreis Calw. - Dabei datiert Kubeschs Antrag gerade mal auf Ende September. Im Oktober wurde der Antrag im Kreistag vorgestellt, jetzt in der Sitzung des UA im Bad Liebenzeller Kursaal bereits der erste Entscheid dazu: Insgesamt 150 000 Euro sollen im Haushalt 2022 eingestellt werden, um – wie es Landrat Helmut Riegger am Ende der Beratung ausdrückte – weitere Photovoltaik-Anlagen möglichst "schnell auf die Dächer zu kriegen". Was der Ausschuss ohne Gegenstimme und Enthaltung ungewöhnlich einmütig befürwortete.

Allerdings nicht ohne der Verwaltung vorher noch ins Stammbuch zu schreiben, dass diese nun freigegebenen "ersten Mittel" nicht – wie es im Beschlussvorschlag noch hieß – nur für Beratungsleistungen eines hinzuzuziehenden Planungs-Büros auszugeben sein würden, das lediglich die Umsetzungsmöglichkeiten eruiert hätte. Beispielsweise meinte Petra Schupp (CDU): "Mir tun zu hohe Beratungskosten weh!" Und auch Lothar Kante (SPD) schien eine solche Summe allein für die Planungen "ein relativ stolzer Preis zu sein". Woraufhin Landrat Riegger differenzierte, dass die eingestellte Summe nur dazu da sein solle, "einen Einstieg zu finden". Und er am Ende den anstehenden Entscheid wunschgemäß daraufhin konkretisierte, dass "wenig Geld für Ingenieure, viel Geld für Anlagen" eingesetzt werden solle.

Womit laut Sitzungsvorlage zu diesem Tagesordnungspunkt der UA-Sitzung als erste kreiseigenen Liegenschaften die verschiedenen, im Kreis verteilten Gemeinschaftsunterkünfte (GU) sowie die Außenstelle der Kreisverwaltung in Calmbach in den Fokus genommen würden, weil deren Dächer tatsächlich sehr "kurzfristig mit Solarmodulen ausgestattet werden könnten". So könnten auf der GU Wildberg auf circa 860 Quadratmetern eine Solaranlage mit rund 86 kWp ("Kilowatt-Peak": mögliche Maximalleistung) installiert werden, auf der GU Neubulach auf 330 Quadratmetern mit 33 kWp, auf der GU Nagold auf 750 Quadratmetern mit gut 25 kWp und der Außenstelle Calmbach auf 230 Quadratmetern mit 23 kWp.

Potenzial auf Freiflächen und kreiseigenen Trassen

Auf Nachfrage von Andreas Kubesch, warum in dieser Liste die GU Calw-Wimberg fehle, erläuterte für die Verwaltung Volker Renz, Abteilungsleiter Gebäudemanagement und Liegenschaften des Landkreises, dass die Gebäude dort seinerzeit "so schnell gebaut wurden", dass es "statisch keine Reserven" gebe. Im Gegenteil: Würde man dort Solar-Panels installieren, "bricht uns das Gebäude unter der Last zusammen". Allerdings stellte Kollege Tobias Haußmann, Abteilungsleiter Zentrale Steuerung, auch klar, dass die genannten Maßnahmen und Gebäude "nur einen allerersten Schritt" darstellten auf dem Weg, Liegenschaften des Landkreises "unter Solar" zu bringen. Denn – wie bereits im ursprünglichen Antrag der Grünen gefordert – auch auf Freiflächen und kreiseigenen Trassen gebe es noch reichlich weiteres Potenzial, um Photovoltaik-Anlagen zu installieren.

Was Kreisrat Volker Schuler (FWV-Fraktionssprecher) wohl zu dem Hinweis animierte, dass nach den geänderten Vorgaben zum Ausbau von regenerativen Energiequellen im Land die Kapazitäten im Kreis gegenüber dem aktuellem Status-quo "mindestens vervierfacht" werden müssten, sowohl bei Solaranlagen, als auch bei der Windkraft. "Wir müssen da massiv in die Vollen gehen", mahnte Schuler zur Eile, wobei der Landkreis als Vorbild vorangehen" solle. "Das ist mit ein bisschen Pillepalle nicht getan!" Wobei Schuler auch anregte, bei den avisierten Amortisationen solcher Solaranlagen nicht – wie in der Sitzungsvorlage der Verwaltung vorgeschlagen – nur Zeiträume von zehn bis 15 Jahren anzustreben, sondern von bis zu 20 Jahren. Weil es dann "nicht mehr viele Standorte" geben würde, auf denen sich Photovoltaik nicht rechnen würde.

Auf Dauer den Haushalt entlasten

Dem stimmte Andreas Kubesch ausdrücklich zu, der von eigenen Solaranlagen berichtete, die bereits über 20 Jahre alt seien und noch lange nicht das Ende ihrer Lebensdauer erreicht hätten. Auch Kubesch warb dafür: "Schluss mit Pillepalle!", wobei er ausdrücklich Rats-Kollege Schuler für dieses "auf den Punkt bringen" der gebotenen Dringlichkeit dankte. "Es kommt jetzt wirklich darauf an, dass wir ’Strecke’ machen." Wobei Kubesch auch dafür warb, in Planung und Umsetzung neuer Solaranlagen nicht so sehr darauf zu schauen, ob – aus wirtschaftlichen Erwägungen, wie sie auch die Sitzungsvorlage dazu diskutiert – der gewonnene Solarstrom künftig selbst (vom Landkreis) verbraucht wird oder durch Einspeisung ins allgemeine Netz verkauft werde. Wichtig sei, dass überhaupt mehr Solar-Anlagen gebaut würden.

In der Sitzungsvorlage heißt es zum Thema Wirtschaftlichkeit: Der Antrag der Grünen sei nicht nur aus Gründen des Klimaschutzes zu begrüßen. Da auch die Strompreise stetig steigen würden, würde auch eine "unabhängige Stromversorgung auf Dauer den Haushalt des Landkreises entlasten". Allerdings sei bei der Eigenstromnutzung zu beachten: Befinde sich ein "Dritter" im Gebäude (etwa der Betreiber der Landkreis-Kantine), könne die EEG-Umlage in vollem Umfang anfallen. Dies hätte dann wiederum deutliche Auswirkung auf die Wirtschaftlichkeit. Gleiches gelte bei der Nutzung von Ladestationen unter den Solarcarports durch Mitarbeiter.

Klimaneutrale Verwaltung bis 2040

Dabei erhöhe sich aber auch ganz grundsätzlich von außen der Druck auf die Verwaltung, "ökologisch beziehungsweise regenerativ erzeugten Strom in den Liegenschaften des Landkreises zu nutzen" – nicht zuletzt aufgrund des Ziels der Landesregierung, bis 2040 eine klimaneutrale Verwaltung zu schaffen. Auch der Landkreis Calw sei diesem Klimaschutzpakt des Landes beigetreten, der genau dieses Ziel verfolgt. Außerdem sei bereits auch im Arbeitskreis Klimaschutz und Fairtrade des Kreistag fraktionsübergreifend der Wunsch nach Gründung einer Kreisenergiegenossenschaft geäußert worden. Ziel vieler vergleichbarer Genossenschaften sei auch hier die Errichtung von PV-Anlagen, "da dies technisch und rechtlich am einfachsten erfolgen" könne. Hier könnten die jetzt auf den Weg gebrachten, kreiseigenen Solar-Anlagen später eingebracht werden, wobei dann gegebenenfalls auch eine Ko-Finanzierung durch andere Genossenschaftsmitglieder (etwa Kommunen oder Stadtwerke) möglich werden könnte.