Das ehemalige Waldhotel bei Nagold-Gündringen wird derzeit zur Asyl-Unterkunft umgebaut. Foto: Fritsch

Zahl der dem Kreis zugewiesenen Flüchtlinge nimmt ab. Ärger wegen Sprachkursen und Betreuung junger Asylsuchender.

Kreis Calw - Eigentlich entspannt sich die Lage bei der Unterbringung der Flüchtlinge im Kreis gerade etwas. Doch das Problem der kostenintensiven Betreuung der unbegleiteten jungen Flüchtlinge und der Ausstieg der Agentur für Arbeit aus den Sprachkursen lässt die Sorgenfalten bei Norbert Weiser nicht weniger werden.

So wirklich traut Norbert Weiser dem Braten nicht. Der Mann, der eigentlich Sozialdezernent im Calwer Landratsamt ist, aber derzeit so gut wie nichts anderes macht, als sich um die Unterbringung der Flüchtlinge zu kümmern, nimmt das Wort "Entspannung" nur sehr zurückhaltend in den Mund. Doch die Zahlen lassen diese Vokabel – zumindest derzeit – durchaus zu. Denn die Zahl der Flüchtlinge, die dem Kreis Calw monatlich zugewiesen werden, ist deutlich zurückgegangen.

"Unverständlich und völlig kontraproduktiv"

Waren es am Ende des Jahres 2015 noch 400 im Monat, so registriert man im Landratsamt derzeit rund 200 Flüchtlinge im Monat. Das lässt Norbert Weiser dann doch optimistisch in die Zukunft blicken. "Das mit einer vernünftigen Erstunterbringung bekommen wir in diesem Jahr hin", sagte Weiser dem Verwaltungsausschuss des Kreistags. Man sei sogar drauf und dran die erst jüngst in Betrieb gegangene Kreiserstaufnahmestelle in Bad Wildbad wieder schließen zu können. Derzeit geht man beim Landkreis trotz der aktuellen Entwicklung weiter davon aus, dass es Ende 2016 5500 Flüchtlinge sein werden, die Kreis und Gemeinden unterzubringen haben.

Um die Lage in den Griff zu bekommen, baut der Kreis derzeit mehrere Flüchtlingsunterkünfte. Die Standorte in Dobel, Schömberg und zweimal in Nagold seien in Kürze bezugsfähig, berichtete Weiser den Räten. Die Unterkünfte in Wildberg, Altensteig und Neubulach seien schon in Bau oder in der Planung. Insgesamt sollen 2016 im Kreis bis zu 1600 Plätze für Flüchtlinge entstehen. Doch damit nicht genug.

Weil man sich bewusst ist, dass die Kommunen bei der Anschlussunterbringung vor großen Herausforderungen stehen – allein in diesem Jahr will der Kreis 1200 Flüchtlinge in die Obhut der Kommunen übergeben – kündigten Norbert Weiser und Landrat Helmut Riegger in der Sitzung des Ausschusses an, dass der Kreis im nächsten Jahr weitere 800 Plätze in Gemeinschaftsunterkünften schaffen will, um die Kommunen zu entlasten. Kapazitäten dazu seien durchaus vorhanden, so Weiser. Weitere Angebote zu Kauf oder Pacht von Immobilien lägen dem Kreis vor, berichtete Weiser.

Was die eigentliche Unterbringung angeht, besteht beim Landkreis kein Grund zu Panik und Ärger. Es sind ganz andere Probleme, die die Verantwortlichen beim Landkreis die Zornesröte ins Gesicht treiben. Zum einen ist das der Umstand, dass die Bundesagentur für Arbeit jüngst die Finanzierung von 25 Sprachkursen im Kreis eingestellt hat, mit der Begründung, das gehöre nicht zu ihren Aufgaben. "Das ist völlig unverständlich und komplett kontraproduktiv", ärgerte sich Landrat Helmut Riegger in der Sitzung. Einige Kurse könne der Landkreis zwar übernehmen, aber nicht alle 25, machte er deutlich.

Von finanziell weitaus größerer Tragweite ist dagegen die Unterbringung und Betreuung der unbegleiteten jugendlichen Flüchtlinge. Gut 100 von ihnen habe man "aus dem Stand" (Weiser) übernehmen müssen. Bis Mitte des Jahres sollen es sogar 140 werden. Was die Angelegenheit so kostspielig macht, ist die vorgeschriebene 24-Stunden-Komplettbetreuung der Jugendlichen. "Und die kostet 5000 Euro pro Monat und Fall", so Weiser. Für 100 Jugendliche würde das Kosten von sechs Millionen Euro im Jahr verursachen. Bei 140 Jugendlichen entsprechend mehr. Das Geld soll dem Landkreis Calw zwar zurückerstattet werden, doch so ganz sicher ist man sich im Landratsamt darüber wohl nicht.

"Mehr vertragen wir bei den Städten nicht"

Über diese vom Gesetzgeber vorgeschriebene Bürokratie, ärgert sich Helmut Riegger. "Angesichts dieser Krisensituation muss man doch Abstriche bei der Bauordnung und den Betreuungsschlüsseln machen", so Riegger. Seine eigene Behörde gehe da derzeit einen sehr pragmatischen Weg. "In der Sache legen wir auf Bürokratie derzeit keinen Wert", betonte Riegger in der Ausschusssitzung.

Auch wenn die Frage der Erstunterbringung nicht mehr das große Problem ist, blickten Riegger und Weiser bei den Räten in sorgenvolle Gesichter. Angesichts der Belastungen drohe, dass die Zustimmung der Bevölkerung zur Flüchtlingspolitik wegbreche, meinten mehrere Räte. Und auch für die Kommunen ist offensichtlich eine Obergrenze erreicht: "Mehr vertragen wir bei den Städten und Gemeinden einfach nicht", warnte Gerhard Feeß, CDU-Kreisrat und Altensteiger Bürgermeister, eindringlich