Nicht nur der bisherige Holzverkauf, sondern auch Baumpflege und -fällung sollen verboten werden. Foto: Roessler

Bundeskartellamt will nicht nur bisher praktizierte Holzvermarktung verbieten. Kreisforst würde Hälfte der Arbeit wegbrechen.

Kreis Calw - Die Stimmung im Calwer Landratsamt ist angespannt, vor allem im Bereich Forst ist man nervös und ernsthaft besorgt. Denn wenn die Pläne des Bundeskartellamts tatsächlich Realität werden, dann steht der Bereich vor einschneidenden Änderungen. Und nicht nur der. Auch für die Kommunen brechen dann neue Zeiten an. Es ist ein Verfahren, das sich schon seit 2002 hinzieht. Doch jetzt hat sich das Bundeskartellamt offenbar entschieden, in der Forstwirtschaft in Baden-Württemberg ein Erdbeben auszulösen.

In einem Entwurf der Beschlussfassung, der im Dezember an die Landratsämter im ganzen Land ging, macht die Kartellbehörde deutlich, dass sie die gegenwärtige Praxis, dass die Landratsämter nicht nur für den Staat, sondern auch für private und kommunale Waldbesitzer die Vermarktung des Nadelstammholzes übernehmen, künftig untersagen will. Das bedeutet: Die Vermarktung von Holz aus den Wäldern der Kommunen und den Privatbesitzern durch den Landkreis soll der Vergangenheit angehören. Die Regelung betrifft Waldbesitzer ab 100 Hektar Fläche. Doch das Verbot betrifft nicht nur die Vermarktung, selbst die "Beförsterung" – also die Pflege, die Kennzeichnung und den Einschlag der Bäume – sollen die Forstabteilungen der Landratsämter in Zukunft nicht mehr für Private und Kommunen übernehmen dürfen. Die Verbote sollen ab 1. Januar 2015 in Kraft treten.

Die Begründung der Behörde ist, dass Forst BW schon jetzt einen Marktanteil von 60 Prozent hat. Darüber hinaus sei das durch die Beförsterung angesammelte Wissen der Ämter über das Holzangebot wettbewerbsverzerrend.

Allein für den Kreis Calw hätte das enorme Konsequenzen. 24 von 25 Kreisgemeinden besitzen Wald. In 21 Kommunen bewirtschaften Mitarbeiter des Landratsamtes die Waldflächen. Für 23 der 25 Städte und Gemeinden übernimmt der Landkreis auch die Vermarktung des Holzes. Dazu kommen noch zwei große private Waldbesitzer, die dann künftig nicht mehr auf den Landkreis zurückgreifen können.

Wenn der Landkreis und seine Mitarbeiter diese Arbeit nicht mehr leisten dürfen, dann bedeutet das zunächst einmal, dass den Mitarbeitern mit einem Schlag die Hälfte der Arbeit, die sie jedes Jahr leisten, weggenommen wird. Es kommt schnell die Sorge um die eigene Zukunft und den Arbeitsplatz auf. Da wundert es nicht, dass Reinhold Rau, der Bereichsleiter Forst- und Landwirtschaft im Landratsamt Calw, von einer "großen Unruhe und ernsthafter Besorgnis der Mitarbeiter" in der betroffenen Abteilung im Calwer Landratsamt spricht.

Doch auch die Kommunen müssen sich fragen: Wer wird in Zukunft die Arbeit in unserem Wald machen? Wer wird das Holz vermarkten, das immer wieder ansehnliche Summen Geld in die Kassen spült? Immerhin setzte der Kreis Calw mit dem Holz der Kommunen und Privaten in den vergangenen Jahren im Schnitt zehn Millionen Euro um, deren Erlöse an die Auftraggeber zurückflossen. Das ist ebenfalls die Hälfte des Gesamtumsatzes. Sollte das Kartellamt sich durchsetzen, müsste jeder kommunale und private Waldbesitzer selbst danach schauen, wer den Wald pflegt und das Holz vermarktet.

Große Besorgnis bei Mitarbeitern

Die Front gegen diese Entscheidung ist breit gefächert. Im Landtag haben sich schon Abgeordnete aller Parteien gegen die Pläne ausgesprochen und auch Minister Bonde hat sich eindeutig für die Beibehaltung des Status quo, die Beibehaltung des so genannten Einheitsforstamts, ausgesprochen. Auch Städte- und Gemeindetag, die Waldbesitzer und freilich auch die Verwaltungen haben die Pläne schon scharf kritisiert.

Bis Ende März können die betroffenen Verbände und Einrichtungen noch offiziell gegenüber dem Kartellamt Stellung zu den Plänen beziehen. In welcher Form das passieren wird, ist noch nicht klar. Klar ist, dass es "keine übereilten Initiativen", keinen Aktionismus geben soll, diesen Rat gibt der Städte- und Gemeindetag seinen Mitgliedern. Und an diese Marschroute will man sich auch im Calwer Landratsamt halten. "Wir werden ständig vom Ministerium über die neuesten Entwicklungen informiert", berichtet Reinhold Rau. "Und wir informieren dann die Kommunen und unsere Mitarbeiter." Mehr dürfte dem Team in Calw auch nicht übrig bleiben. Denn die Entscheidungen werden auf höherer Ebene getroffen.