Die Kliniken im Kreis – hier Calw – kommen nicht aus den Schlagzeilen. Die vorgeschlagene Streichung des Weihnachtsgelds für die Mitarbeiter stößt auf wenig Gegenliebe. Foto: Fritsch

Betriebsrat des Klinikverbunds lehnt Streichung des Weihnachtsgelds ab. Frank: Strukturreform hat Vorrang.

Kreis Calw - Um das erneut drohende Millionendefizit der Kliniken Calw und Nagold zu vermindern, hat ein Gutachter die Kürzung oder gar Streichung des Weihnachtsgelds angeregt. Ein Vorschlag, der im Betriebsrat auf Ablehnung stößt. Und auch die Geschäftsführung kann solchen Plänen nicht viel abgewinnen.

Die offizielle Formulierung des Betriebsrats beim Klinikverbund Südwest hört sich zurückhaltend an: "Wir haben keine Intention, diesem Weg mitzugehen." Im persönlichen Gespräch wird Herbert Dietel, Betriebsratsvorsitzender des Klinikverbunds, deutlicher: "Lohnverzicht hat noch kein Unternehmen gerettet. Da muss man sich schon etwas anderes einfallen lassen", sagte Dietel gestern gegenüber unserer Zeitung.

"Das ist einfach zu billig"

Unter anderem müssten erst einmal andere, bereits beschlossene Sparmaßnahmen umgesetzt werden. "Lohnverzicht bei den Mitarbeitern zu fordern, das ist einfach zu billig", meint Dietel, der zu bedenken gibt, dass die Mitarbeiter der Kliniken, vielleicht abgesehen von den Chefärzten, "keine Spitzenverdiener" seien und schon jetzt ihr Scherflein zur Stabilisierung der Wirtschaftslage beitrügen. Dietel nennt etwa das Beispiel von Mitarbeitern der zum Klinikverbund gehörenden Service GmbH, die neun Euro auf die Stunde bekommen:"Was will man denn da noch holen?", fragt Dietel.

Um die Wirtschaftlichkeit der Kliniken zu sichern, ruft Dietel die Politik und die Geschäftsführung des Klinikverbunds dazu auf, eine kreisübergreifende Medizinkonzeption vorzulegen, in der die medizinischen Angebote im gesamten Verbund aufeinander abgestimmt werden. Nach Aussagen von Dietel soll diese Konzeption Mitte des nächsten Monats auf dem Tisch liegen. Eine nicht unerhebliche Rolle bei der wirtschaftlichen Zukunft des gesamten Verbunds spiele auch das geplante Großklinikum auf dem Böblinger Flugfeld, dessen Finanzierung nicht vollständig geklärt ist. Angesichts vieler Zukunftsaufgaben im Klinikverbund und besonders in den Kliniken Calw und Nagold sei man seitens der Geschäftsführung auf motiviertes Personal angewiesen, gibt Dietel zu bedenken. "Eine Lohnkürzung über das Weihnachtsgeld tut da nicht gut."

Dietel sieht aber nicht nur Politik und Geschäftsführung in der Pflicht. Abgesehen von Bund und Land, die ihren Finanzierungsverpflichtungen nicht nachkämen, greift Dietel ganz offen die Krankenkassen an: "Wir wollen nicht dafür büßen, dass die Vorstände der Krankenkassen den Krankenhäusern Geld vorenthalten und lieber à la Fort Knox einen Goldschatz horten", so der Konzernbetriebsratschef. Als ein Beispiel nennt Dietel den Fall Nagold. Da gehe es um mehr als 600 000 Euro für geleistete Behandlungen am Linksherzkathetermessplatz, die die Kassen sich weigern zu zahlen. Inzwischen laufe in diesem Fall ein Schiedsverfahren.

Auch für Klinikverbund-Geschäftsführerin Elke Frank haben strukturelle Maßnahmen klare Vorfahrt vor Einschnitten beim Personal, um die Kliniken wieder rentabler zu machen. Einige Strukturreformen würden sogar schon greifen. Das mögliche Defizit für Calw und Nagold habe man so nach aktuellen Hochrechnungen sogar schon deutlich unter die kolportierten acht Millionen Euro drücken können, so Frank. Sicherlich sei über die Entlohnung der Mitarbeiter gesprochen worden, auch über das Weihnachtsgeld, aber genauso über die Zielvereinbarungen für die gesamte Chefetage – inklusive Geschäftsführung. Aber das sei noch nicht einmal in der Prüfungsphase. Einen Beschluss gebe schon gleich gar nicht. Frank hegt wenig Sympathie für solche Einschnitte beim Personal, weil sie ihr gutes Personal braucht und weil solche Schritte wie beim Weihnachtsgeld nur sehr kurzfristig wirken würden. Da arbeitet sie lieber an den Strukturen.

Es sei über die Personalkosten und die "anteilige Kürzung des Weihnachtsgelds" und andere freiwillige finanzielle Leistungen gesprochen worden, bestätigt auch Landrat Helmut Riegger. Es sei aber noch völlig offen, ob es überhaupt zu Einschnitten beim Personal kommen werde. Eine Diskussion mit dem Betriebsrat zu dem Thema stehe auch noch aus. Dass man über solche Maßnahmen spreche, verteidigte Riegger in einer Stellungnahme: "Ich lege Wert darauf, dass angesichts der hohen Defizite alle Kosten- und Ertragspositionen beleuchtet und zumindest diskutiert werden."