Der Landkreis setzt bei der Umsetzung der S-Bahn-Pläne für die Hesse-Bahn auf die Kooperation mit dem Land. Foto: Fritsch

Noch viel Arbeit und wenig Zeit: SPD-Kreisräte Prewo und Bay mahnen bei Hesse-Bahn zu Sorgfalt und Eile.

Kreis Calw - Rainer Prewo und Hans-Ulrich Bay verfolgen die Diskussion um eine mögliche S-Bahn für den Kreis Calw seit mehr als einem Jahrzehnt. Auch sie wollen die Hesse-Bahn, doch sie mahnen angesichts des immer größer werdenden Zeitdrucks eindringlich, dass der Kreis jetzt keine Fehler mehr machen dürfe. Und es gebe noch viel zu tun – auch Dinge, die noch gar nicht angepackt sind.Der Fraktionsvorsitzende der SPD im Calwer Kreistag hat sie nach eigenem Bekunden schon jahrelang gehört, die Botschaften aus dem Landratsamt, dass man in Sachen S-Bahn-Anbindung für den Kreis Calw "kurz vor dem Zielstrich" sei.

Rainer Prewo kann sich noch genau an das Jahr 2009 erinnern, als die damalige Erste Landesbeamtin Claudia Stöckle verkündete, dass man nur noch die GVFG-Mittel beschaffen müsse, dann könne man die S-Bahn bauen. Doch der Optimismus im Landratsamt erwies sich als trügerisch und die Bahn kam nicht.

"Der Bund hat uns am ausgestreckten Arm verhungern lassen"

Das ist nur eine positive Meldung, die sich im Zusammenhang mit der S-Bahn für den Kreis Calw in den vergangenen 13 Jahren als trügerisch erwies. Das wissen der langjährige Nagolder Oberbürgermeister und SPD-Fraktionschef im Kreistag, Rainer Prewo, und sein Fraktionskollege Hans-Ulrich Bay, langjähriger Vorsitzender des Vereins "Württembergische Schwarzwaldbahn Calw – Weil der Stadt", nur zu genau.

Und deshalb beobachten sie alle Meldungen zu diesem Thema mit Argusaugen. Und sie rufen der Bevölkerung und der Politik eines eindringlich ins Bewusstsein: Der jetzt vom Landkreis Calw eingeschlagene Weg, die Hermann-Hesse-Bahn zusammen mit dem Land realisieren zu wollen, ist nicht nur irgendeine Chance: "Es ist die letzte Chance für die S-Bahn", sagt Rainer Prewo im Gespräch mit unserer Zeitung.

Prewo und Bay erinnern sich gut, dass man in der Vergangenheit in dieser Sache viel Zeit ins Land gehen ließ. 2002 rief etwa der damalige Calwer OB Werner Spec dazu auf, sich in Sachen S-Bahn auf die Reaktivierung der Strecke-Calw-Weil der Stadt zu konzentrieren. Es folgten Untersuchungen und 2004 eine Standardisierte Bewertung, die für einen Dieselbetrieb beim Nutzen-Kosten-Vergleich über der magischen 1,0-Grenze lag, was eine Förderung durch das Zuschussprogramm GVFG erst möglich macht. Doch es passierte nichts. "Es ging viel Zeit ins Land, zu viel Zeit", erinnert sich Prewo.

2008, stolze vier Jahre später, wollte man im von Landrat Hans-Werner Köblitz gelenkten Kreis Calw dann doch lieber eine S-Bahn-Verlängerung mit Elektro-Betrieb. Man erreichte bei der Standardisierten Bewertung einen Traumwert jenseits der 2,0. Im Jahr darauf folgte schon die nächste Erhebung von Kosten und Nutzen der Verbindung – jedoch mit einem niederschmetternden Ergebnis. Von dem erfuhr der Kreistag aber nichts, erinnert sich Prewo. Erst 2011, mittlerweile gab es einen neuen Mann an der Spitze des Landkreises, kam die Wahrheit über die miserablen Werte im Kreistag ans Tageslicht. Fast zehn Jahre waren ins Land gegangen, ohne wirklich weiter zu sein.

Noch keine Finanzvereinbarung mit Anrainerkommunen

Der neue Landrat Helmut Riegger packte nach seinem Amtsantritt 2010 das Projekt rasch an, ließ erneut untersuchen. Und auch diese Untersuchung kam zu einem positiven Ergebnis. Das Land habe zugesagt, die folgenden Gespräche beim Bund zur Finanzierung zu unterstützen, weiß Prewo. Doch die im Oktober 2012 begonnenen Gespräche in Berlin und Bonn zogen sich hin – bis zum Tag nach der jüngsten Bundestagswahl. An dem stand fest, dass der Bund die Hesse-Bahn nicht finanzieren will. Für Prewo und Bay ist klar: "Der Bund hat uns am ausgestreckten Arm verhungern lassen."

Dass man seitens des Landkreises jetzt das Land wieder an Bord holt, ist für die Genossen die "allerletzte Chance" für das Projekt. Vor allem, weil die Zeit angesichts des 2019 auslaufenden GVFG-Programms sehr drängt. "Jetzt dürfen wir keine Fehler mehr machen", mahnt Prewo eindringlich. "Jetzt muss alles passen." Und es gibt noch viel zu tun.

Zunächst müsse die Standardisierte Bewertung mit ihrer umfangreichen Datenerhebung abgeschlossen werden. Das für den Bau nötige Planfeststellungsverfahren will man beim Landkreis zwar auch rasch vorantreiben. Doch das Verfahren kostet 1,5 bis zwei Millionen Euro. Bevor der Kreis das Geld ausgibt, müsse der Kreis eine Grundsatzzusage beim Land erwirken, das Projekt auch tatsächlich fördern zu wollen, rät Bay. "Man muss ja auf einigermaßen sicherem Boden stehen."

Und die zwei Sozialdemokraten sehen noch viel mehr Hausaufgaben, die es zu erledigen gilt. Dazu gehört eine Vereinbarung mit den Anrainerkommunen – Calw, Ostelsheim, Althengstett und Weil der Stadt –, in welchem Umfang sie sich finanziell an dem Projekt beteiligen werden. Doch nach Angaben von Prewo ist da noch nicht viel bis gar nichts passiert. Gerade diese Tatsache bestätigt Bay und Prewo in ihrer Forderung, dass man sich jetzt keine Fehler oder Verzögerungen mehr leisten dürfe. Denn ansonsten dürfte es aller Voraussicht nach nichts mehr werden mit der Realisierung der Hesse-Bahn – die eine breite Mehrheit im Kreistag ja will.