Mehr als die Hälfte seiner Möglichkeiten muss der Landkreis Calw für den Jugend- und Sozialsektor aufwenden. Foto: Landratsamt

Landrat präsentiert den 156 Millionen Euro starken Kreishaushalt 2014. Sozialhaushalt bei 73 Millionen.

Kreis Calw - Die Wirtschaft boomt. Und davon profitiert neben den Städten und Gemeinden auch der Landkreis Calw, der 6,3 Millionen Euro mehr eingenommen hat als ein Jahr zuvor. Doch gleichzeitig schießen im neuen Haushalt 2014 die Ausgaben noch stärker in die Höhe. Besonders der Sozialbereich bereitet der Führungsriege im Landratsamt Sorgen.Große Zukunftsaufgaben hat der Landkreis Calw einige. Das beginnt mit der Neuausrichtung der beiden Kreiskrankenhäuser geht über die Neuorganisation des Tourismus in der Tourismus GmbH Nördlicher Schwarzwald und die Erhaltung der Kreisstraßen und endet mit dem Infrastrukturprojekt schlechthin, der Hesse-Bahn von Calw nach Renningen, die den Kreis an das Stuttgarter S-Bahn-Netz anschließen soll.

Und genau bei diesem Großprojekt konnte Landrat Helmut Riegger im Rahmen der Vorstellung des 156,2 Millionen Euro starken Kreishaushalts 2014 im Kreistag mit einer guten Nachricht aufwarten: Die Standardisierte Bewertung für das Projekt ist abgeschlossen und hat für beide Spielarten ein positives Ergebnis erbracht: für den elektrischen Betrieb einen Wert von 1,1, für einen Dieselbetrieb 1,4. "Die S-Bahn ist also machbar und kann kommen", gab sich Riegger optimistisch.

Landkreis kann Mehreinnahmen gut gebrauchen

Die Zukunftsaufgaben sind da, und da kann der Landkreis Mehreinnahmen gut gebrauchen. Die hat er in diesem Jahr auch zur Verfügung. Gut 6,1 Millionen Euro mehr nimmt der Kreis Calw mehr ein. 2,5 Millionen davon entfallen auf höhere Zuweisungen von Land und Bund. Doch die werden wieder aufgefressen durch die Mehrausgaben. Allein im Sozialbereich muss der Landkreis 4,1 Millionen Euro mehr ausgeben als 2013. Insgesamt 25,7 Millionen Euro gehen in die Eingliederungshilfe für Behinderte, 13 Millionen in die Jugendhilfe und zehn Millionen Euro in das Jobcenter. 6200 Fälle bearbeitet das Sozialdezernat derzeit und muss dafür 73 Millionen Euro aufwenden. Das ist 1,3-mal so viel wie der Kreis an Kreisumlage einnimmt (54 Millionen Euro). Beispielsweise erhält die Stadt Calw für diese Fälle 10,8 Millionen Euro vom Kreis, demgegenüber entrichtet die Stadt Calw 7,9 Millionen Euro Kreisumlage an den Kreis. Diese Summen veranlassen Landrat Helmut Riegger eine Forderung zu erneuern: "Der Bund muss seiner gesamtgesellschaftlichen Aufgabe nachkommen und in die Eingliederungshilfe einsteigen", sagte der Kreischef gestern. Doch auch beim Jobcenter sieht er Handlungsbedarf. Den Ausgaben von zehn Millionen Euro stehen Einnahmen von Bundeszuweisungen in Höhe von 4,9 Millionen gegenüber. "Die Erwartungen an das Jobcenter haben sich nicht erfüllt", stellte Riegger gestern klar. "In Zukunft müssen da deutlich bessere Vermittlungszahlen her."

Gegenüber den Steigerungen im Sozialbereich erscheinen die Aufwendungen für die Krankenhäuser noch gering. 400 000 Euro mehr muss man da mehr berappen als im laufenden Jahr. Aber immerhin sind das auch Ausgaben von 6,1 Millionen Euro – und das nur für Verbindlichkeiten aus der Vergangenheit. Investitionen sind da noch nicht mitgerechnet.

Dass bei diesen Ausgaben die Spielräume für Investitionen gering sind, liegt auf der Hand. Doch wer angesichts dessen eine Erhöhung der Kreisumlage erwartet hatte, der sah sich gestern getäuscht. Landrat Riegger schlug eine Absenkung um einen halben Prozentpunkt auf 33 Prozent vor.

Mit dem so eingenommenen Geld will der Kreis folgende Investitionen tätigen: 2,2 Millionen Euro gehen in die Kreisstraßen, 1,6 Millionen in die Schulen und 1,4 Millionen in Bahnprojekte, genauer gesagt für die Planung der Hesse-Bahn. Doch aus eigener Kraft kann der Kreis nur 1,5 Millionen Euro erwirtschaften, der Rest kommt aus Zuweisungen von Land und Bund und aus neuen Schulden – netto nimmt der Landkreis 2014 2,5 Millionen Euro davon auf. Dass für die Zukunftsprojekte wie Hesse-Bahn oder die Kliniken da weitere Schulden dazukommen werden, ist Riegger bereits heute schon klar.

Doch gerade in Infrastrukturprojekte will der Landkreis weiter investieren. Und das nicht nur für die Kliniken und die Hesse-Bahn. Der Gesamt-Etat für die Kreisstraßen liegt bei 9,2 Millionen, der für den Unterhalt der Landesstraßen bei drei Millionen und der bei den Bundesstraßen bei 1,7 Millionen. Der Gesamt-Etat der Schulen liegt bei 10,9 Millionen, davon bekommt der Kreis 4,4 Millionen als Zuschüsse vom Land.

Auch wenn die finanziellen Spielräume gering sind, will sich Helmut Riegger nicht bange machen lassen. Von Rückschlägen dürfe man sich nicht entmutigen lassen, sondern sich auf die Stärken besinnen und mögliche Fehler abstellen. Als Beispiel dafür nannte der bekennende Fußballfan das Spiel der Nationalmannschaft gegen Schweden. Nach 0:2-Rückstand gewann das Team noch 5:3. Wenn man so an einem Strang ziehe, "dann ist mir um die Zukunft des Landkreises Calw nicht bang".