Kreis Calw - Die Grünen kämpften – unterstützt von der SPD – wie die Löwen für ihre Initiative, den Kreis Calw näher an den Nationalpark heranzubringen. Am Ende vergeblich. Denn mit denkbar knapper Mehrheit lehnte der Kreistag am Montag den entscheidenden Satz des Antrags der Grünen ab.

Schon zu Beginn der Debatte war klar: Die Spitze des Landkreises hatte sich das Anliegen der Grünen-Fraktion zu eigen gemacht, den Kreis Calw enger an den Nationalpark anzudocken. Denn aus dem Antrag der Fraktion hatte die Verwaltung im Zuge der Vorberatungen kurzerhand einen eigenen gemacht – und dem Kreistag zur Beratung vorgelegt.

Der Kernsatz dieses Antrags – auch nach den Worten von Grünen-Fraktionschef Johannes Schwarz: "Der Landkreis strebt eine Mitgliedschaft in der Nationalparkregion an."

Bisher sind 28 Kommunen, drei Landkreise und ein Stadtkreis um den Nationalpark Schwarzwald herum in einem Verein zusammengeschlossen. Dabei nutzen sie die Marke "Nationalpark" als touristische Werbeplattform.

Bei den Grünen ist man sich im Klaren darüber, dass eine Mitgliedschaft in der Nationalparkregion "ein dickes Brett" ist, das es zu bohren gelte, wie es Grünen-Kreisrat Manfred Senk aus Bad Herrenalb in der Sitzung am Montag bekannte. Trotzdem müsse man in dieser Sache nun endlich "von der Bremse gehen und Gas geben". "Wenn man so etwas vorbeiziehen lässt, wäre das so als würde man auf einen Sechser im Lotto verzichten", wie es Senk formulierte. Gerade für den Westen des Landkreises, der keine große Industrie habe und vornehmlich vom Tourismus lebe, sei das von großer Bedeutung. Deswegen müsse man in dieser Sache unbedingt einen "Fuß in die Tür bekommen", sagte Senk, der große Chancen für den Kreis Calw darin sieht, über den Verein im neuen Besucherzentrum auf dem Ruhestein Präsenz zu zeigen, denn das werde ein enormer Besuchermagnet werden.

Ihm sprang SPD-Fraktionschefin Ursula Utters zur Seite, die sich ausdrücklich für eine Mitgliedschaft in dem Nationalparkverein aussprach – wann auch immer die komme. "Irgendwann sollten wir da auf jeden Fall mitmachen", sagte die Sozialdemokratin aus Altensteig. Auch ihr Parteifreund Daniel Steinrode forderte ausdrücklich, an diesem Ziel festzuhalten und die Chance nicht an sich vorbeiziehen zu lassen. Dem pflichtete auch der ehemalige SPD-Landtagsabgeordnete und Nagolds Ex-OB Rainer Prewo bei, der es als "unklug" bezeichnete, wenn man sich von dem entscheidenden Satz des Antrags verabschieden würde. "Das würde uns nicht guttun", mahnte Prewo, der den Nationalpark als Pluspunkt für die Region bezeichnete und daran erinnerte, dass alle Punkte, die in der hitzigen Debatte um die Einrichtung des Parks gegen ihn ins Feld geführt worden waren, nicht eingetroffen seien.

"Nicht so prickelnd"

Genau auf diese hitzige Debatte und die gegen den Nationalpark ausgefallenen Bürgerbefragungen erinnerte Klaus Mack (CDU) aus Bad Wildbad. 70 Prozent seien gegen den Nationalpark gewesen. Es gelte den Bürgerwillen zu akzeptieren, so Mack, der in diesem Zusammenhang die vornehmlich von den Grünen proklamierte "Politik des Gehört-Werdens" ins Feld führte. Eine Mitgliedschaft in dem Nationalparkverein mache keinen Sinn, man habe keinen Nutzen aus dem Engagement, begründete er seine ablehnende Haltung. Eine Kooperation mit dem Nationalpark halte er für zielführender.

Auch Volker Schuler, Fraktionschef der Freien Wähler, konnte sich nicht so recht für eine Mitgliedschaft erwärmen, fand sie "nicht ganz so prickelnd". Deutlicher wurde da FDP-Fraktionschef Karl Braun, der die Sache als "unnötig wie ein Kropf" bezeichnete und wie Klaus Mack dazu aufrief, die Entscheidung der Bürger zu akzeptieren.

Nach intensiver Debatte entscheid sich das Gremium mit denkbar knapper Mehrheit gegen eine mögliche Mitgliedschaft im Nationalpark-Verein: 21 Räte sprachen sich dagegen aus, 20 dafür.

Eine breite Mehrheit fand hingegen der Vorschlag, dass die Tourismus GmbH Nördlicher Schwarzwald ihre Zusammenarbeit mit der Nationalparkregion intensivieren solle. Gleiches gilt für den Vorschlag, dass man die Bestrebungen, den Nationalpark auf das Gebiet des Kaltenbronn auszudehnen, zurzeit nicht weiter verfolgen will.

Kommentar: Beißreflex

Von Sebastian Bernklau

Man kann ja über so manches, was mit dem Nationalpark Schwarzwald zu tun hat, zweierlei Meinung sein. Über eines aber besteht Einigkeit: Die Marke "Nationalpark" ist ein Pfund, mit dem man touristisch national wie international wuchern kann. Wahrlich kein Nachteil also für einen Kreis Calw, dessen westliche Teile auf eben jenen Tourismus angewiesen sind. Trotzdem hat sich nun eine Mehrheit im Kreistag dazu entschlossen, diese Vorteile zurückzuweisen. Und das, obwohl der zur Abstimmung gestellte Antrag wachsweich und keine Entscheidung pro oder contra Nationalpark gefragt war. Am Ende war es dann doch eine symbolische Entscheidung gegen den Nationalpark, der – trotz auf der Hand liegender Vorteile – auch viele Jahre nach seiner Gründung bei seinen Gegnern offensichtlich immer noch politische Beißreflexe auslöst.