Zum Chip hinzu kommt ein Info-Paket samt fünf Biomülltüten. Foto: Bernklau

Abfallwirtschaft Kreis Calw startet in diesen Tagen Umrüstungsaktion. Fehlwürfe kosten 150.000 Euro im Jahr.

Kreis Calw - Manche Bürger im Kreis Calw missbrauchen die Biotonne als zweite Restmülltonne. Pro Jahr kosten solche Fehlwürfe die Abfallwirtschaft Kreis Calw mehr als 150.000 Euro. Um dem entgegenzuwirken, werden die Biotonnen jetzt mit Chip ausgestattet.

Das Problem ist nicht neu. Schon seit Jahren kämpft die Abfallwirtschaft im Kreis Calw mit dem Problem, dass Bürger ihre Biotonnen falsch befüllen – mit voller Absicht oder einfach aus Versehen. Das reicht von Restmüll in Plastiktüten, die aus der Biotonne quellen, über Restmüll, der in der Biotonne "getarnt" wird, bis hin zu Dingen, die nur vermeintlich in den Biomüll gehören wie die "kompostierbaren" Bioabfalltüten aus Kunststoff. In den vergangenen beiden Jahren lag die Summe dieser Fremdstoffe bei fast 1200 Tonnen.

Solche, von Experten "Fehlwürfe" genannten Dinge müssen vor der Weiterverarbeitung des Biomülls zu Kompost aufwändig aussortiert werden – und das kostet. Nach Angaben von Helge Jesse von der Abfallwirtschaft Kreis Calw mehr als 150.000 Euro pro Jahr.

Immer wieder hat man seitens der Abfallwirtschaft öffentlich auf das Problem aufmerksam gemacht. Ohne große Wirkung. Man ging auf Biomüllstreife, kontrollierte die Biotonnen und hinterließ Hinweisaufkleber auf falsch befüllten Tonnen. Immerhin fand man heraus, dass das Problem der falsch befüllten Tonnen vor allem im Innenbereich der großen und größeren Städte im Kreis Calw auftaucht. "In kleinen und ländlichen Orten werden wir da so gut wie nie fündig", berichtet Helge Jesse. Als Beispiel nennt Jesse eine Auswertung aus dem städtischen Bereich Calw, wo bei einer Leerung 6,6 Prozent Fremdstoffe wie Metalle, Glas und Kunststoff in den Biotonnen zu finden waren.

Probleme und zusätzliche Kosten verursacht die Biotonne auch in anderer Hinsicht. So etwa der Versand der Biomarken, der alle drei Jahre stattfindet, und der jedes Mal 18.000 Euro kostet. Darüberhinaus kommt es auch vor, dass Tonnen einfach so – etwa vom Vormieter – übernommen werden, ohne sie umzumelden. Auch an Sammelplätzen geht Bürgern so manche Tonne mal verloren oder wird vertauscht. All das verursacht jede Menge Verwaltungsaufwand bei der Abfallwirtschaft auf dem Nagolder Eisberg.

Fremdwürfe, Biomarke, Fremdnutzung ohne Ummeldung, verlorene und vertauschte Tonnen – alle diese Probleme will die Abfallwirtschaft Kreis Calw nun auf einen Streich lösen. Ab Mitte September sollen alle rund 31.000 Bio-Tonnen im Landkreis Calw mit einem Chip und einem Nummerncode – ähnlich dem bei der Restmülltonne – versehen werden, die von Mitarbeitern eines eigens beauftragten Unternehmens von Hand angebracht werden. Bevor jedoch die Tonnen in die Hand genommen werden, soll ein Informationsschreiben der Abfallwirtschaft an alle Haushalte rausgehen, in dem die Aktion erklärt wird. Nach Angaben von Jesse werden die ersten Schreiben in diesen Tagen versandt.

Die 200.000 Euro teure Bechipungsaktion soll dann Mitte September starten und in Wildberg-Kernstadt, Gechingen, Haiterbach (ohne Ober- und Unterschwandorf), Calw-Stammheim und den Teilorten von Bad Liebenzell (ohne Maisenbach-Zainen) beginnen. Mit dem Chip bekommen die Besitzer einer Biotonne auch noch ein Infopaket mit Merkblatt, Flyer und fünf Biomülltüten aus Papier – ein Hinweis darauf, in Zukunft für Biomüll nur noch Papier zu verwenden, nicht mehr Tüten aus Kunststoff.

Bis Mitte November sollen mehr als 90 Prozent der Biotonnen im Landkreis mit dem Chip ausgestattet sein. Ab 2014 werden nur noch Tonnen mit Chip geleert.

Nutzen soll der Chip in mehrfacher Hinsicht: Ist eine Biotonne falsch befüllt, kann man das beim Leeren feststellen und die Tonne sofort einem Kunden zuordnen, der dann von der Abfallwirtschaft kontaktiert und auf seinen Fehler hingewiesen wird. Fällt immer wieder die gleiche Tonne negativ auf, wird der Chip elektronisch gesperrt und die Tonne nicht mehr geleert. Sowohl die Fremdnutzung einer Tonne als auch die Vertauschung auf Sammelplätzen kann zwar damit nicht verhindert, aber zeitnah und unbürokratisch aufgeklärt werden, erhofft man sich bei der Abfallwirtschaft.

Die Erfolgsaussichten der Bechipungs-Aktion schätzt man realistisch ein. "Die Fremdwürfe werden wir nicht komplett ausschließen können", sagt Helge Jesse. "Hauptsache, sie werden deutlich weniger." Lohnen soll sich das Vorgehen trotzdem. "Bis in spätestens vier Jahren wird sich die Sache für uns gerechnet haben", prognostiziert Jesse, der die Gebührenzahler beruhigt. An der Abrechnung der Biomüllabfuhr werde sich durch die Bechipung nichts ändern.