Heiß diskutiertes Thema: die Reaktivierung der Hermann-Hesse-Bahn. Das Foto zeigt abgebaute Schwellen und Gleise südlich des Einschnitts durch die B 295 (Südumgehung). Foto: Archiv: Bischof

Informationsveranstaltung füllt die Weil der Städter Stadthalle. Kreis Calw wartet auf gesicherte Datenlage.

Kreis Calw/Weil der Stadt - Die Weil der Städter Festhalle war am Freitag voll besetzt. Das Interesse um die Reaktivierung der Schwarzwaldbahn treibt nicht nur die Weil der Städter, sondern auch viele Bürger der benachbarten Kommunen und eben auch aus dem Kreis Calw um.

Die von Calw geplante Schienenanbindung an die Wirtschaftsraum Böblingen/Sindelfingen hat nicht nur Befürworter. Die Gegner sind vorwiegend im Kreis Böblingen zu finden, was sich freilich bei der Wahl des ersten Veranstaltungsortes deutlich zeigte. Vor der Halle informierten die Gründer der Bürgerinitiative "Pro Endbahnhof Weil der Stadt" über ihre Ängste einer möglichen Abkopplung der Keplerstadt vom S-Bahn Netz – sollte die geplante Bahn tatsächlich bis Renningen durchfahren.

Die Ergebnisse der standardisierten Bewertung belegen allerdings, dass nur der Parallelbetrieb mit Dieselzügen bis Renningen mit geschätzten Kosten von 41,5 Millionen Euro rentabel und damit förderfähig ist: Lediglich rund 100 Fahrgäste täglich würden die S 6 Richtung Stuttgart zusätzlich von Calw nehmen – dagegen könnte die S 60 Richtung Böblingen einen Anstieg um mehr als 570 Passagieren pro Tag verzeichnen und somit für weniger Staus rund um Renningen sorgen.

Der Böblinger Landrat Roland Bernhard, auf dessen Initiative die Veranstaltung noch in diesem Jahr stattgefunden hat, forderte als erster Redner der Runde, dass die Reaktivierung der Herman-Hesse-Bahn nicht nur Politikum des Kreistages sein dürfe, sondern vor allem die Menschen vor Ort mitnehmen müsse. Die Bürgermeister Wolfgang Faißt (Renningen) und Thilo Schreiber (Weil der Stadt) vertraten die Ansicht, dass vor allem die mangelnde Informationspolitik der künftigen Hesse-Bahn-Betreiber Zweifel schürten. Die fehlende Transparenz aus den Untersuchungen der Planfeststellungsverfahren, des Stresstests und der Untersuchungen zum Lärmschutz lasse die Menschen völlig im Unklaren. Das wurde mit lange anhaltendem Applaus honoriert.

Der Calwer Landrat Helmut Riegger, Oberbürgermeister Ralf Eggert (Calw) sowie Clemens Götz, Bürgermeister der Gemeinde Althengstett, verwiesen dagegen auf die momentan noch fehlende Datensicherheit. "Wir haben mit dem Verkehrsministerium vereinbart, dass die geforderten Informationen erst nach Abschluss aller Prüfungen den benachbarten Städten offengelegt werden", erklärte Helmut Riegger auf mehrmaliges Nachfragen. Dies sei erst in etwa acht Wochen so weit. Er räumte allerdings ein, dass er künftig zeitnah informieren werde und weitere Informationsveranstaltungen geplant seien.

Die Vorwürfe, dass sich ein Parallelbetrieb bis Renningen mit Verspätungen auf den ohnehin empfindlichen S-Bahn-Betrieb auswirken könne, wies der Calwer Landrat Helmut Riegger zurück. Denn die Fahrplanrobustheitsprüfung habe gezeigt, dass die zusätzlichen Züge aus Calw nicht zu weiteren Verspätungen der S 6 führen würden.

Auch die Forderung der Anrainer nach zusätzlichen Schallschutzmaßnahmen seien nicht erforderlich, denn die geplante Bahntrasse sei lediglich eine Reaktivierung und kein Neubauvorhaben. Zudem plane Calw den Einsatz von schadstoff- und geräuscharmen Dieselfahrzeugen, die anfangs geleast werden sollen. Als endgültige Lösung ist später der Einsatz von Brennstoffzellenfahrzeugen vorgesehen.

Trotz der wiederholten Androhung möglicher rechtlicher Schritte seitens der Bürgermeister von Renningen und Weil der Stadt im Falle der Verschleierung von Fakten, appellierte der Calwer Landrat: "Die Hermann-Hesse-Bahn ist kein Calwer Projekt". Er setze weiterhin auf eine gute Zusammenarbeit.