Eine provisorische Konstruktion vor – und im – Hirsauer Tunnel soll die "Kammerlösung" simulieren. Foto: Bernklau

Experten überprüfen, ob "Kammerlösung" Durchbruch bei Fledermausproblematik in Tunneln bringt.

Kreis Calw - Ist die sogenannte "Kammerlösung" der Durchbruch bei der Fledermausproblematik in den Tunneln der geplanten Hesse-Bahn? Das wollte man schon im vergangenen Jahr mit einem Modellversuch klären. Doch die Natur machte dem Vorhaben einen Strich durch die Rechnung. In dieser Woche wagt man einen neuen Versuch.

Dass Fledermäuse die bestehenden Tunnel auf der geplanten Strecke der Hesse-Bahn als Winter- und Schwärmquartier nutzen, steht spätestens seit einem seit September 2015 laufenden Lichtschranken-Foto-Monitoring fest. Und alle dort festgestellten Fledermausarten – insgesamt sind es elf – unterliegen einem strengen Artenschutz, der regelt, dass Lebensstätten und Quartiere der Tiere nicht beeinträchtigt werden dürfen.

Gutachter sind jeden Abend vor Ort

Folge dieser Feststellungen war, dass Naturschutzverbände gegen die bestehenden Pläne der Hesse-Bahn vorgingen. – und der NABU Klage gegen die Pläne beim Verwaltungsgerichtshof einreichte. Die Landesregierung in Person von Verkehrsminister Winfried Hermann schaltete sich ein und initiierte Vermittlungsgespräche zwischen den Planern aus dem Calwer Landratsamt und den Naturschützern.

Nach langwierigen Gesprächen verständigte man sich darauf, die so genannte "Kammerlösung" weiter zu verfolgen, die eine Koexistenz von Bahn und Fledermäusen in und vor den Tunneln ermöglichen soll. Diese Lösung besagt, dass Bahnbetrieb und Fledermausquartier konstruktiv voneinander getrennt werden und zwei separate Kammern, eine Fledermauskammer und eine Bahnkammer, geschaffen werden.

Im Rahmen eines zweiwöchigen Vorversuchs wollte man im Sommer 2017 klären, inwieweit sich die geplante räumliche Veränderung vor und in den Tunneln auf das Verhalten der Fledermäuse auswirkt. Aufgrund der bundesweit zu beobachtenden sehr geringen Schwärmaktivität 2017 konnten jedoch keine abschließenden Aussagen über die Reaktion der Fledermäuse auf die Kammer getroffen werden.

Also entschlossen sich die Beteiligten gemeinsam, den Versuch im Sommer 2018 zu wiederholen – allerdings nicht am Heumadener Portal des Tunnels, sondern am Fuchsklingen-Portal, da dort das Schwärmaufkommen der Fledermäuse deutlich höher ist.

In der vergangenen Woche entstand an diesem Portal mit Hilfe von Planen, Gerüstbauteilen und Abgrenzungen eine provisorische Variante der "Kammerlösung". Wie die Fledermäuse auf diesen Versuchsaufbau reagieren, das wird mit unterschiedlichen Methoden festgehalten – mit Digital-, Wärmebild- und Infrarotkameras und mit akustischen Aufnahmegeräten.

Seit Samstag läuft der Versuch und soll eine Woche dauern. Um sich ein konkretes Bild zu verschaffen, überlassen die Gutachter Birgit Vetter und Gunther Matthäus von der "Gruppe für ökologische Gutachten" (GÖG) aus Stuttgart den Versuchsaufbau nicht sich selbst. "Die Gutachter sind jeden Abend ab etwa 19 Uhr vor Ort", berichtet Michael Stierle, Projektleiter und Geschäftsführer des Zweckverbands Hesse-Bahn. Neben ersten Aufnahmen hat der Versuch schon eine Erkenntnis gebracht: "Durch den Aufbau des Versuchs kam es bei den Fledermäusen nicht zu Panikreaktionen", so Stierle, der damit rechnet, dass der Versuch bis Oktober auswertbare Daten liefern wird.

Sollte der von Landratsamt und Naturschützern geplante und akzeptierte Versuchsaufbau tatsächlich erweisen, dass die "Kammerlösung" ihren Zweck erfüllt, dann hat Stierle konkrete Vorstellungen über die Konsequenzen: "Dann sollte der NABU seine Klage vor dem Verwaltungsgerichtshof zurückziehen", so Stierle im Gespräch mit dem Schwarzwälder Boten am Ort des Versuchs. Tatsächlich gibt es bereits Signale seitens des NABU, bei einem Erfolg des Versuchs die Klage tatsächlich fallen zu lassen.

Aber ob der Versuch tatsächlich von Erfolg gekrönt ist, das muss sich erst noch in dieser Woche und in den Wochen der Auswertung erweisen.