Vereint für die Fledermaus (von links): Jochen Dirschka und Christian Proß von der Neubulacher Stollengemeinschaft, Umweltdezernent Joachim Bley, Bürgermeisterin Petra Schupp, Kai Kübler vom Landratsamt und der Neubulacher Förster Thomas Walz vor dem St.Georgs-Stollen nahe Neubulach. Foto: Bernklau

Hermann-Hesse-Bahn: Planer bekommen bei Suche nach einer Lösung Hilfe von Kommunen, Privatleuten - und einem rührigen Verein.

Kreis Calw/Neubulach - Die Planer der Hermann-Hesse-Bahn haben viele Probleme abzuarbeiten. Was den Naturschutz angeht, ist das Hauptproblem zweifelsohne die Fledermauspopulation in den zwei Tunneln. Bei der intensiven Suche nach einer Lösung bekommt der Landkreis Hilfe von Kommunen, Privatleuten – und einem rührigen Verein.

Zur Strecke der geplanten Hermann-Hesse-Bahn gehören auch zwei schon bestehende Tunnel, einer bei Althengstett, einer bei Hirsau. Doch die Sache hat einen Haken. In diesen Tunneln schlagen rund 7000 zu schützende Fledermäuse ihr Winterquartier auf. Würden Züge durch diese Tunnel fahren, wären die Tiere massiv gefährdet. Eine Lösung für dieses Problem zu finden, ist sicherlich die größte Herausforderung in Sachen Naturschutz, die sich den Planern der Hesse-Bahn stellt. Das weiß Joachim Bley, Umweltdezernent im Calwer Landratsamt, nur zu genau – und das schon seit geraumer Zeit. Und deswegen beschäftigt sich Bley auch schon lange mit der Lösung dieses Problems.

Für ein schlüssiges und für die Genehmigungsbehörde überzeugendes Gesamtkonzept in der Fledermausfrage galt es zunächst eine Grundfrage zu klären: Schafft man es, die Tiere von der Nutzung der Tunnel abzuhalten oder bietet man den Fledermäusen Ausweichquartiere?

Das Fernhalten der Tiere aus den Tunnel, auch Vergrämung genannt, erwies sich als kaum praktikabel. Bei einem Test stellte die Calwer Feuerwehr an einem Tunneleingang Lichtdome auf. Doch das grelle Licht hielt die Fledermäuse nicht davon ab, in den Tunnel zu fliegen.

"Da war uns klar, dass wir im Bereich des Ausgleichs tätig werden müssen", erinnert sich Bley, der darauf aufmerksam macht, dass die Tiere, sollten geeignete Ausweichquartiere gefunden werden, nicht einzeln eingefangen und umgesiedelt werden. Sie müssen sich die Ausweichquartiere selbst suchen. "Damit tun wir etwas für die Population, aber nicht für das einzelne Tier", stellt der Dezernent schon jetzt klar.

Also machte man sich im Kreis Calw und auch darüber hinaus auf die Suche nach möglichen Ausweichquartieren. In Frage kommen da etwa alte Stollen, Eiskeller oder Bunker. "Da etwas Geeignetes zu finden, das war schon echte Detektivarbeit", so Bley. Bei dieser Arbeit bekam das Team aus dem Landratsamt Hilfe von vielen Seiten – von Kommunen, Vereinen und Privatpersonen. So auch von der Neubulacher Stollengemeinschaft und einer ehemaligen Kollegin, der Neubulacher Bürgermeisterin Petra Schupp.

Die brachten ehemalige Stollen im Umfeld des Bergwerks Neubulach ins Spiel, so etwa den ehemaligen St.Georgs-Stollen, dessen Eingang inzwischen sogar befestigt wurde. Der geht rund 130 Meter tief in den Berg, ist in den Seitengängen zwar trocken, ansonsten aber feucht. "Und genau diese Feuchtigkeit brauchen die Tiere", weiß Bley, der auch die Hoffnung hegt, dass sich in einem so genannten Hoffnungsschlag innerhalb des Stollens weitere Fledermausquartiere finden.

Auch Christian Proß von der Stollengemeinschaft Neubulach geht davon aus, dass in den Neubulacher Stollen außergewöhnlich viele Quartiere für Fledermäuse zu finden sind. Generell funktioniere die Zusammenarbeit von Landratsamt und Stollengemeinschaft sehr gut und sei intensiv, berichtet Proß. Erleichtert wird die Zusammenarbeit durch die Tatsache, dass sich mit Jochen Dirschka ein langjähriger Mitarbeiter des Calwer Landratsamtes in der Stollengemeinschaft engagiert.

Doch die Neubulacher Stollen sind nur eine von insgesamt 35 Stellen, die im Kreis Calw und darüber hinaus als Ausweichquartiere für die Fledermäuse in Frage kommen. Um ein möglichst komplettes Bild für das Konzept zu haben, will das Team um Bley auch alle Stellen auf ihre Eignung prüfen. "Das ist kein einfaches Geschäft, aber wir arbeiten mit aller Kraft daran", sagt Bley. Dass das Vorhaben mit einem großen Aufwand verbunden ist, das bestätigen im Übrigen auch die beiden ins Vorhaben involvierten ökologischen Gutachter Jochen Blank und Gunther Matthäus aus Stuttgart. Das alles zeige doch, dass der Landkreis das Thema nicht aussitzen wolle, hält der beim Kreis Calw am Projekt Hesse-Bahn beteiligte Holger Schwolow Kritikern entgegen.

Trotz des großen Aufwands hat sich Joachim Bley ein ehrgeiziges Ziel gesetzt: Bis Ende des Sommers soll das Fledermauskonzept stehen und dem Regierungspräsidium zur Genehmigung vorgelegt werden.