Die Betreuung der Landzeitarbeitslosen und Hartz IV-Empfänger hätte der Landkreis gerne alleine übernommen. Foto: Büttner

Betreuung von Langzeitarbeitslosen bleibt in Verantwortung der Jobcenter. Kreis mit Effizienz nicht zufrieden.

Kreis Calw/Karlsruhe - Gerne würde der Landkreis Calw die Betreuung der Langzeitarbeitslosen und Hartz IV-Empfänger in Eigenregie alleine übernehmen. Die Politik erteilte dem Ansinnen 2011 eine Absage. Um doch noch ans Ziel zu kommen, ging der Landkreis Calw gemeinsam mit 14 anderen Kreisen bis vor das Bundesverfassungsgericht – und scheiterte.

Es war eine intensive Diskussion, die vor gut vier Jahren im Kreis Calw geführt wurde. Will man zur Betreuung der Hartz IV-Empfänger gemeinsam mit der Agentur für Arbeit ein Jobcenter auf die Beine stellen oder sollte man die Option ziehen und die Aufgabe alleine schultern? Man entschied sich für die Optionslösung – in der festen Überzeugung, die Aufgabe alleine besser hinzubekommen. Man bewarb sich also. Da die Politik die Zahl der Optionskreise aber auf 110 begrenzte und 142 Kommunen den Hut dafür in den Ring warfen, musste die Politik entscheiden. Und sie entschied sich gegen die Bewerbung aus dem Kreis Calw – übrigens auch gegen die aus dem Nachbarkreis Freudenstadt.

Die zwangsläufige Folge war, dass man gemeinsam mit der Agentur für Arbeit in Nagold ein gemeinsames Jobcenter aufbaute. Doch vom ursprünglichen Ziel, die Aufgabe alleine zu übernehmen, wollte man im Calwer Landratsamt nicht lassen – und beschritt den juristischen Weg. Und der führte den Landkreis Calw gemeinsam mit 14 anderen Kreisen nun bis vor das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe. Gestern nun bescherten Deutschlands höchste Richter dem Kreis Calw eine klare Niederlage. Das Vorgehen des Bundes sei nicht willkürlich und nicht zu beanstanden. Einen Anspruch auf eine Zulassung als Optionskommune, wie ihn die 15 Kreise geltend gemacht hatten, existiere nicht, urteilte das Verfassungsgericht.

Landrat Helmut Riegger reagierte gestern enttäuscht auf die Entscheidung in Karlsruhe, zeigte sich aber als fairer Verlierer und bezeichnete die Entscheidung als "inhaltlich nachvollziehbar". Auch Horst Lipinski, Leiter der Abteilung Soziale Hilfen im Calwer Landratsamt, der in Vertretung von Landrat Riegger gestern die Urteilsverkündung vor Ort in Karlsruhe verfolgte, konnte bei aller Enttäuschung dem Urteil noch etwas Gutes abgewinnen: "Jetzt ist in dieser Sache endlich ein Stück Klarheit da", sagte er gestern im Gespräch mit unserer Zeitung.

Klar ist jetzt zum Beispiel: Nach dem Urteil wird der Kreis Calw auf lange Sicht also sein Jobcenter behalten, davon geht man im Landratsamt fest aus. Ändern soll sich trotzdem etwas, denn beim Landkreis ist man mit der Arbeit der gemeinsamen Einrichtung nicht ganz zufrieden: Die Zusammenarbeit mit der Agentur für Arbeit sei zwar gut, doch gebe es Reibungsverluste und eindeutig noch "Luft nach oben", wie es Thiemo Stock, Pressesprecher des Landratsamtes, gestern formulierte. "Wir müssen da inhaltlich nachsteuern", kündigte Stock an.

Vor allem eine Entwicklung schmeckt dem Landkreis überhaupt nicht: Die Wiedereingliederungsquote in den Arbeitsmarkt ist nicht berauschend. Trotz niedriger Arbeitslosigkeit steige die Zahl der Hartz IV-Bedarfsgemeinschaften im Kreis Calw. Auch im interkommunalen Vergleich stehe man in dieser Hinsicht schlecht da. "Und das kann nicht unser Anspruch sein", stellt Stock klar. Auf das Landratsamt Calw und die Arbeitsagentur Nagold kommt also noch einiges an gemeinsamer Arbeit zu. "Wir müssen uns alle gemeinsam zusammenraufen", forderte Horst Lipinski gestern denn auch und regte an, noch mehr auf regionale Bedürfnisse einzugehen. Mit der Meinung, dass die jetzt auch gerichtlich festgeschriebene Zweisamkeit im Jobcenter nur die – höchstens – zweitbeste Lösung ist, hält man im Landratsamt auch nach dem Urteil nicht hinter dem Berg: "Würden wir die Sache alleine machen", sagt dessen Pressesprecher Stock, "wären die Ergebnisse auf diesem Sektor besser, als sie heute sind".