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Kreisräte machen einstimmig Weg für Beitritt zu einer landesweiten Initiative frei. Zehn Forderungen.

Kreis Calw - Noch nie haben das Calwer Landratsamt so viele Beschwerden wegen Motorradlärm erreicht wie in diesem Jahr. Jetzt wird der Landkreis in dieser Sache aktiv und wird nach einem Beschluss des Umweltausschusses einer landesweiten Initiative gegen Motorradlärm beitreten.

Vor allem aus den Tallagen erreichten die Behörde die Beschwerden von Anwohnern, berichtete der Erste Landesbeamte Frank Wiehe in der jüngsten Sitzung des Umweltausschusses des Kreistags. Zu den vielfach an die Kreisverwaltung herangetragenen Forderungen zählen laut Landkreis Geschwindigkeitsbegrenzungen und Wochenendfahrverbote für Motorradfahrer.

"Aber unsere Möglichkeiten in dieser Sache sind beschränkt", gab der Landratsvize zu bedenken. Für Geschwindigkeitsbegrenzungen aufgrund des Lärmschutzes müssten laut Sitzungsvorlage "aufwendige Lärmschutzberechnungen im Rahmen eines Lärmschutzgutachtens erstellt werden, die wiederum von den Kommunen in Auftrag gegeben werden müssen. Zudem können auch Wochenendfahrverbote nicht ohne weiteres verhängt werden". Es bedürfe einer größeren Initiative, um in dieser Sache etwas zu erreichen.

Stellenweise sogar "existenzgefährdend"

Und eine solche Initiative gegen Motorradlärm hat sich im Juli 2019 gegründet – unterstützt von der Landesregierung, dem Verkehrsministerium und dem Lärmschutzbeauftragten des Landes Baden-Württemberg. Die nach derzeitigem Stand (Juni 2020) in der Initiative zusammengeschlossenen 103 Kommunen und Landkreise aus Baden-Württemberg haben einen zehn Punkte umfassenden Forderungskatalog aufgestellt, der über das Verkehrsministerium Baden-Württemberg gegenüber den politischen Entscheidungsträgern beim Bund vertreten wird.

Die zehn Forderungen lauten:

1. Genehmigungs- und Zulassungsregelungen müssen überarbeitet werden.

2. Hersteller und Händler werden aufgefordert, leisere Motorräder herzustellen oder anzubieten.

 3. Der Umstieg auf nachhaltige und lärmarme Mobilität ist ein Muss. Lärmarme Motorräder mit Elektroantrieb können hierbei einen Beitrag leisten.

4.  Motorradfahrer werden aufgefordert, rücksichtsvoll und leise zu fahren.

 5. Eine stärkere polizeiliche Verkehrsüberwachung und die Ausweitung rechtlicher, technischer und personeller Kontrollmöglichkeiten.

 6. In besonderen Konfliktfällen müssen Geschwindigkeitsbeschränkungen und Verkehrsverbote an Wochenenden und Feiertagen aus Gründen des Lärmschutzes möglich sein.

 7. Eine vorsätzlich lärmerzeugende Fahrweise und Manipulationen am Motorrad müssen mit höheren Bußgeldern geahndet werden.

 8. Der Bund ist aufgefordert, eine Lösung zu finden, damit "Raser" oder "Belästiger" einer Strafe nicht entgehen können.

 9. Alternativ wird zumindest die Einführung einer Halterhaftung gefordert.

10.  Es wird eine Pflicht zur Führung eines Fahrtenbuchs gefordert.

Bei den Kreisräten stieß die Initiative prinzipiell auf Gegenliebe, etwa beim pensionierten Polizisten Dieter Dannenmann (SPD), der darüber berichtete, dass der Motorradlärm stellenweise sogar "existenzgefährdend" sei, so etwa im Fall des Wildberger Campingplatzes, der direkt an der bei Bikern sehr beliebten B 463 liegt. Für Dannenmann ist klar, dass es beim Motorradlärm nicht um alle Motorradfahrer, sondern um Einzelfälle gehe, trotzdem sei es nur zu begrüßen, der Initiative beizutreten. Als besonders wirksames Mittel stufte der pensionierte Polizeibeamte die Halterhaftung ein – eine Meinung, die übrigens auch der Erste Landesbeamte Frank Wiehe teilte.

Angesichts des Forderungskataloges der Initiative fürchtet Bad Liebenzells Bürgermeister Dietmar Fischer (CDU), dass man sich da ein "Bürokratiemonster" erschaffen könnte. Vielmehr sei es angesagt, ein "vernünftiges Miteinander" von Bikern und Anwohnern anzustreben, so Fischer.

Dem Vorschlag der Landkreis-Verwaltung folgend sprach sich das Gremium letztlich einstimmig dafür aus, dass sich der Landkreis Calw der Initiative gegen Motorradlärm anschließen sollte. Die finale Entscheidung trifft der Calwer Kreistag in seiner Sitzung am 20. Juli.