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Planer der Hesse-Bahn zählen mit modernster Technik die Fledermäuse in den zwei Tunneln. Ausweichquartiere schaffen.

Kreis Calw - Die Hesse-Bahn soll einmal durch zwei alte Tunnel fahren, die Fledermäuse jetzt noch als Quartier nutzen. Die Planer wollen ihnen Ausweichquartiere schaffen, doch dazu müssen sie erst einmal erfahren, wie viele Tiere überhaupt betroffen sind. Dazu betreibt der Landkreis einen großen Aufwand.

Welche Fledermäuse beziehen in den bestehenden Tunneln auf der künftigen Strecke der Hesse-Bahn regelmäßig Quartier und vor allem wie viele? Bisher war von etwa 7000 Tieren die Rede. Doch diese Zahl beruht bisher großteils auf Schätzungen und Hochrechnungen. Um genau herauszufinden, um wie viele und welche Tiere es in den beiden Bahn-Tunneln geht, betreiben die Planer beim Calwer Landratsamt nun einen großen technischen Aufwand – einen "wohl bundesweit einmaligen Aufwand", wie Umweltdezernent Joachim Bley deutlich macht. "Das ist eigentlich eine wissenschaftliche Herangehensweise. Technologisch geht es eigentlich nicht besser."

Seit vergangenen September sind die vier Tunnelportale komplett vergittert. Lediglich ein schmaler Spalt wurde freigelassen, durch den die Tiere fliegen müssen. An jedem Portal ist zudem hochempfindliche Technik installiert. "Die kann auch Fliegen von Fledermäusen unterscheiden", so Michael Stierle, Projektleiter für die Hesse-Bahn im Landratsamt. Die Technik fotografiert die Tiere nicht nur, entsprechende Programme können die einzelnen Exemplare auch noch automatisch bestimmen. Es soll sogar möglich sein, zu erkennen, ob ein Tier schon einmal im Tunnel war oder nicht. Selbst Klimadaten werden erhoben.

Nicht nur der technische Aufwand ist beträchtlich, auch der finanzielle. Allein die beschriebene Bestandsanalyse kostet nach Angaben von Landratsamtsdezernt Andreas Knörle zwischen 150 000 und 200 000 Euro. Darin sind die Verwaltungskosten und andere Kosten rund um die Fledermausproblematik – wie etwa die Suche nach Ausweichquartieren – nicht eingerechnet.

In den Tunnel gibt es 13 Fledermausarten

Die Erfassung der Fledermäuse soll über den Zeitraum von einem Jahr erfolgen. Erste verlässliche Zahlen sind wohl im Laufe des Februars zu erwarten. Fest steht bisher, dass es in den beiden Tunneln 13 verschiedene Fledermausarten gibt, darunter vier schützenswerte.

Grund dafür, warum man die Zahl der Tiere so genau erfassen will, ist die nötige Suche nach Ausweichquartieren. Denn immerhin muss man bei den Planern ja wissen, wie viele Tiere sich ein Ausweichquartier suchen müssen, wenn die Hesse-Bahn einmal durch die Tunnel fährt. Dazu hat man sich seit 18 Monaten im ganzen Kreis und auch in Nachbarregionen auf die Suche nach Höhlen, Stollen oder alten Eiskellern gemacht, die für diesen Zweck infrage kommen würden. Dabei kamen inzwischen 38 mögliche Plätze zusammen.

Die Planer Joachim Bley und Michael Stierle wissen, dass die Beschaffung von Ersatzquartieren nicht das Wohl jeder einzelnen Fledermaus schützen kann. "Dabei geht es auch nicht um das Individuum, sondern um den Lebensraum für die Population", macht Bley deutlich, der davon überzeugt ist, dass die Tiere in Sachen Winterquartier nicht standorttreu sind und nach einem neuen suchen, falls das alte belegt oder nicht mehr nutzbar ist.

Datengrundlage so gut wie nirgendwo

Davon dass Fledermäuse in Tunneln leben, die von Zügen befahren werden, berichtet indes Michael Stierle. Nicht etwa irgendwo. "Auf der Strecke der Kulturbahn gibt es in den Tunneln Fledermäuse", so der Projektleiter.

Den Vorwurf, die Planer der Hesse-Bahn würden das Thema Fledermäuse auf die leichte Schulter nehmen, wollen Bley, Knörle und Stierle nicht auf sich sitzen lassen. "Wir geben uns hier ganz gewaltig Mühe und erarbeiten uns in dieser Sache eine Datengrundlage, die deutschlandweit die beste ist", stellt Joachim Bley klar.