Bewohner sehen Situation gelassen. Desinfektionsmittel sind noch ausreichend vorhanden.
Althengstett/Gechingen/Calw - "Das ist für uns alle eine besondere Situation", sagt Roland Holunder vom Verbund der Evangelischen Altenheimat mit Blick auf die Kollegen und Bewohner des Althengstetter Seniorenzentrums. Die Eindämmung des Coronavirus stelle eine große Herausforderung dar.
Newsblog zur Ausbreitung des Coronavirus in der Region
Seit wenigen Tagen gilt in der Althengstetter Einrichtung wie in vielen anderen vergleichbaren Häusern in der Umgebung ein Besuchsverbot. "Die Heimaufsicht war mit ihrer dringenden Empfehlung, Besuche zu verbieten, früher dran als andere Landkreise", äußerte sich Holunder im Gespräch mit dem Schwarzwälder Boten. Dabei sei es zunächst darum gegangen, die Angehörigen der derzeit 50 Bewohner zu informieren und oftmals zu beruhigen: "Pro Angehörigem haben wir im Schnitt sicher drei Telefonate geführt", sagt Holunder.
Mehrere Wochen mit offenem Ende
Man stehe nun vor mehreren Wochen mit offenem Ende. Hygiene sei im Heimalltag ohnehin ein wichtiges Thema, "jetzt haben wir aber eine noch größere Sorgfaltspflicht gegenüber unseren Bewohnern, der Risikogruppe für Corona-Infektionen schlechthin. Viele der alten Menschen haben Vorerkrankungen, die eine Ansteckung mit dem Virus noch wahrscheinlicher machen." Da komme man um drastische Maßnahmen, die viele auch überraschen, nicht umhin. "Da darf man nicht zuwarten", betont Holunder.
Eine Woche lang habe es unterschiedliche Empfehlungen zur Vorgehensweise im Kampf gegen Corona gegeben, bis das Sozialministerium landesweit allgemeingültige Regeln aufgestellt und Empfehlungen herausgegeben habe. "Das wünscht man sich anders", kritisiert er.
Derzeit arbeiten fünf Pflegeschüler in der Althengstetter Senioreneinrichtung. "Sie absolvieren wie sonst auch ihre Praxisblöcke", Prüfungen und praktische Anleitungen gebe es derzeit aber keine. Die Corona-Krise zeige, welch große Bedeutung die Pflegeberufe haben und dass es unterstützenswert sei, Menschen in diesem Bereich zu fördern und sie in Pflegeberufe zu bringen. Dazu gehörten in einem weiteren Schritt gute Arbeitsbedingungen und eine angemessene Bezahlung.
Noch ausreichend Desinfektionsmittel
Die Bewohner selbst seien in der derzeitigen Situation ruhig und gelassen. Der ein oder andere sei etwas traurig, dass der gewohnte Besuch ausbleibe. "Unsere Bewohner dürfen auch gerne ihre gewohnte Runde draußen machen". Sie müssten nach der Rückkehr die Hände desinfizieren und sich in die Besucherliste eintragen, damit eventuelle Ansteckungsketten nachvollziehbar werden, so Holunder.
Noch habe man ausreichend Desinfektionsmittel im Haus, "und wir haben uns bei unserem Großhändler bereits Nachschub gesichert". Dieser habe aber mitgeteilt, dass es leichte Engpässe bei Nachlieferungen geben könne.
Wichtig sei in der jetzigen Situation ein gutes Miteinander und viel gegenseitiger Zuspruch – bei Bewohnern und Mitarbeitern. Letztere seien sehr bemüht, düstere Gedanken sowie Ängste der Heimbewohner zu vertreiben und für eine gute Grundstimmung zu sorgen: "Das ist derzeit eigentlich unsere Hauptaufgabe."
Besuche sind auch im Martinstift in Gechingen nicht mehr möglich, es wurde vor rund einer Woche geschlossen. "Unser Personal wurde zum Thema Handwäsche und Desinfektion sensibilisiert", hieß es dort von der Pflegedienstleitung. Desinfektionsmittel sei momentan ausreichend vorhanden, allerdings sei es schwierig, Nachschub zu bekommen.
Reaktionen sehr unterschiedlich
Das Coronavirus sei bei den Heimbewohnern derzeit das Thema Nummer eins – bei der gemeinsamen Zeitungslektüre am Morgen oder aber bei den Radio- und Fernsehnachrichten.
Die Reaktionen auf die derzeitige Entwicklung seien sehr unterschiedlich. Von Panik unter den Senioren könne aber keine Rede sein.
"Das Hygienemanagement in unseren Häusern wurde in den vergangenen Wochen massiv verstärkt. Interne Veranstaltungen finden nicht statt. Ebenso Veranstaltungen mit externen Gästen. Unsere Cafés sind seit letzter Woche geschlossen", äußerte sich Clemens Miola, Regionaldirektion Tübingen der Evangelischen Heimstiftung GmbH, zur Situation in den Seniorenheimen in Calw, Heumaden und auf dem Wimberg.
Desinfektionsmittel sei in allen drei Häusern momentan in ausreichender Menge vorhanden, "jedoch signalisieren unsere Lieferanten, dass es Engpässe auf Grund fehlender Verfügbarkeit erforderlicher Rohstoffe geben könnte". Bei den Heimbewohnern sei eine starke Verunsicherung wegen der Ausbreitung des Coronavirus nicht zu beobachten.