28 Lehrer des Christophorus-Gymnasiums in Altensteig sind in Quarantäne. Foto: Archiv/Fritsch

Landrat Helmut Riegger appelliert: An Regeln halten. Fallzahlen steigen dramatisch.

Calw - Corona hat den Landkreis Calw wieder fest im Griff. Ein deutlicher Anstieg der Infektionszahlen in den vergangenen Tagen bringt den Kreis immer näher an die kritische Schwelle von 35 Neuinfizierten pro 100.000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen. Und schon jetzt arbeitet das Gesundheitsamt an der Belastungsgrenze.

Landrat Helmut Riegger ist besorgt. Immer weiter steigt die Zahl der Corona-Neuinfizierten im Landkreis Calw. Zuletzt gab es an einem Tag zehn neue registrierte Fälle, am Folgetag acht. Mit einer Sieben-Tage-Inzidenz (neue Fälle in den vergangenen sieben Tagen pro 100.000 Einwohner) von derzeit 30,8 kratzt der Landkreis damit schon gewaltig an der kritischen 35-Marke. Kritisch deshalb, weil dieser Wert als bundesweite Vorwarnstufe gilt. Wird er überschritten, kann beispielsweise die maximal zulässige Personenzahl bei Veranstaltungen herabgesetzt werden. Zumindest aber werde ab diesem Zeitpunkt noch mal deutlich eindrücklicher gewarnt, erklärt der Erste Landesbeamte, Frank Wiehe, im Rahmen eines Pressegesprächs. Diese Zahl "werden wir leider, leider schnell reißen", befürchtet Riegger.

Unterstützung angefordert

Für das Gesundheitsamt wird der Anstieg der Infizierten zur Belastungsprobe. Pro positivem Testergebnis habe man bis zu 70 Kontaktpersonen, die es zu ermitteln und zu kontaktieren gelte, erklärt der Landrat. Im Frühjahr seien es nur rund halb so viele gewesen. Pro Person dauere ein Telefonat im Durchschnitt 20 Minuten. Entsprechend beschäftigt seien die Mitarbeiter des Gesundheitsamts – inzwischen auch wieder am Wochenende. Sämtliche Besprechungsräume stünden voller Telefone, sagt Riegger. "Das Gesundheitsamt stößt an seine Grenzen", bringt er es auf den Punkt. Deshalb habe man bereits beim Sozialministerium Unterstützung angefragt. In der ersten Hochphase der Krise sei die zum Beispiel in Form von Bundeswehrsoldaten eingetroffen, fügt Wiehe hinzu. Unter Umständen müsse man auch noch weiteres Personal einstellen. Sofern sich qualifizierte, flexible Mitarbeiter, möglichst mit medizinischem Berufshintergrund finden, startet der Erste Landesbeamte prompt einen Aufruf.

Auch in den beiden Corona-Testzentren (Calw und Nagold) sei die Situation laut Riegger angespannt. Viele Ehrenamtliche seien seit einem halben Jahr in ihrer Freizeit dort im Einsatz. "Die können nicht mehr". Auch hier gebe es Überlegungen, Unterstützung in Person von Hauptamtlichen zu schaffen.

Kein lokaler Hotspot bekannt

Einen lokalen "Hotspot", der für den Anstieg der Infektionszahlen verantwortlich wäre, gebe es bisher nicht, meint Riegger. Dennoch sorgen einzelne Fälle für massive Auswirkungen auf Schulen, Kindergärten und Seniorenheime im Kreis. So sei an der Johann-Georg-Doertenbach-Schule (Calw) eine Klasse in Quarantäne, am Christophorus-Gymnasium in Altensteig gelte selbiges für 28 Lehrkräfte plus Schüler, im Maria von Linden-Gymnasium befinde sich die gesamte Jahrgangsstufe 2 in Quarantäne und die Schule bleibt für zwei Wochen geschlossen. Der Kindergarten Im Zwinger in Calw war wegen eines Verdachtsfalls bei einer Betreuerin zunächst geschlossen, könne laut Oberbürgermeister Florian Kling aber zeitnah wieder öffnen – der Test sei negativ ausgefallen.

Solange das Virus – wie derzeit – ausschließlich milde Verläufe nehme, weil es vorwiegend junge Menschen treffe, sei das nicht dramatisch, meint Wiehe. Ander sehe es hingegen im Falle eines Seniorenheims in Bad Herrenalb aus: Dort seien zwei Betreuer und zwei Bewohner infiziert. Und genau das wolle man eigentlich vermeiden: das sich die besonders durch das Virus gefährdeten Bevölkerungsgruppen anstecken. Doch inzwischen halten sich laut Riegger viele nicht mehr an die herrschenden Abstands- und Hygieneregeln.

Der Landrat appelliert aus diesem Grund vor allen Dingen an die jungen Bürger, die Regeln einzuhalten. Treffen in Vereinsheimen, Fußballspiele und Partys seien problematisch und könnten sich zu regelrechten Infektionsherden ausweiten. In den Nachbarländern könne man laut Riegger schon sehen, wie sich die Infektionszahlen im schlimmsten Fall entwickeln können. "Wenn wir es nicht schaffen, dass sich die Leute an die Regeln halten, wird es aus dem Ruder laufen", lautet seine düstere Prophezeiung. Wenn sich jedoch jeder an die Regeln halten würde, "können wir das Virus in den Griff bekommen."