Bundespräsident Wulff soll versucht haben, Berichterstattung der "Bild" zu stoppen.

Berlin - Bundespräsident Christian Wulff gerät in der Kreditaffäre nun wegen seines Verhaltens gegenüber den Medien unter zusätzlichen Druck. Nach Berichten der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ und der „Süddeutschen Zeitung“ (SZ) versuchte Wulff persönlich bei der „Bild“-Zeitung, die erste Veröffentlichung von Recherchen zur Finanzierung seines Privathauses zu verhindern.

Wulff drohte Diekmann mit endgültigem Bruch

Nach dem Bericht der „Süddeutschen“ drohte Wulff am 12. Dezember „Bild“-Chefredakteur Kai Diekmann den „endgültigen Bruch“ mit dem Springer-Verlag an - für den Fall, dass diese „unglaubliche“ Geschichte tatsächlich erscheine. Damit werde „der Rubikon überschritten“. Der Anruf erfolgte einen Tag bevor „Bild“ den ersten Bericht zum umstrittenen 500 000-Euro-Kredit durch das befreundete Unternehmer-Ehepaar Geerkens veröffentlichte.

Bundespräsidialamt bezog nicht konkret Stellung

Nach SZ-Informationen rief der Bundespräsident Diekmann während seiner Reise durch die Golfstaaten aus Kuwait an, erreichte den Chefredakteur aber nicht, weil dieser in New York war. Er habe um ein Gespräch mit Diekmann gebeten. Dabei sei auch die Formulierung „Krieg führen“ gefallen. Laut SZ soll Wulff auch mit einem Strafantrag gegen die Journalisten gedroht haben.

Das Bundespräsidialamt bezog dazu am Montag nicht konkret Stellung, sondern teilte lediglich mit: „Die Presse- und Rundfunkfreiheit ist für den Bundespräsidenten ein hohes Gut. Er hat deshalb zu den Krediten für sein Eigenheim und zu Urlaubsaufenthalten Transparenz hergestellt, Erklärungen abgegeben und mehrere hundert Medienanfragen beantwortet. Über Vieraugengespräche und Telefonate gibt der Bundespräsident aber grundsätzlich keine Auskunft.“

Deutscher Journalistenverband kritisierte Wulffs Verhalten

Der Deutsche Journalisten-Verband DJV kritisierte das Verhalten Wulffs. „Prominente müssen sich kritische Berichterstattung als Teil der Meinungsfreiheit gefallen lassen“, sagte der DJV-Vorsitzende Michael Konken am Montag. „Das müsste niemand besser wissen als der erste Mann im Staat.“ Der Bundespräsident habe nicht nur gesetzlich geregelte Aufgaben und Pflichten, ihm komme als Staatsoberhaupt auch eine Vorbildfunktion zu. Wulffs Vorgehen gegen „Bild“ sei nicht vereinbar mit seiner Erklärung vom 22. Dezember, in der er die Bedeutung der Pressefreiheit ausdrücklich hervorgehoben habe.

Der Springer-Verlag äußerte sich bislang nicht zu dem Vorgang

Offiziell äußerte sich der Springer-Verlag bisher nicht zu dem Vorgang. „Bild“ hatte sich von der Veröffentlichung der Recherchen nicht abbringen lassen, wonach der damalige niedersächsische Ministerpräsident Wulff 500 000 Euro bei den Geerkens geliehen hatte. Über die versuchte Einflussnahme des Bundespräsidenten im Dezember berichtete das Blatt nicht. Laut SZ bedauerte Wulff in einem weiteren Anruf bei Diekmann seine früheren Äußerungen. Der „Bild“-Chefredakteur habe die Sache daraufhin für erledigt erklärt.

Verhältnis zwischen Wulff und der "Bild" kühlte im Wahlkampf ab

Wie die „Süddeutsche“ weiter schreibt, wusste Wulff, dass Medien seit Monaten Hinweisen auf die Finanzierung des Einfamilienhauses in Burgwedel bei Hannover nachgingen. Immerhin habe es einen Rechtsstreit durch alle Instanzen zur Einsicht für Journalisten ins entsprechende Blatt des Grundbuchamts gegeben. Als niedersächsischer CDU-Ministerpräsident sei Wulff einen positiveren Umgang der Springer-Medien mit ihm gewohnt gewesen, daher habe ihn die „Bild“-Veröffentlichung geschockt.

Laut SZ kühlte das Verhältnis schon im Präsidentenwahlkampf ab, als die Springer-Presse Sympathien für den rot-grünen Gegenkandidaten Joachim Gauck zeigte. Wulff kommt wegen der Finanzierung seines Eigenheims im niedersächsischen Großburgwedel nicht aus den Schlagzeilen heraus. Neben den Unklarheiten über die Abläufe der Kreditvergabe tauchten zuletzt Spekulationen über die Verbindung Wulffs zur BW-Bank auf, die den Geerkens-Kredit ablöste. Auch aus der Opposition in Berlin hält die Kritik an Wulff an.

Insgesamt 20 Strafanzeigen gegen den Bundespräsidenten

Die stellvertretende SPD-Vorsitzende Aydan Özoguz sagte dem „Hamburger Abendblatt“ (Montag): „Dass Herr Wulff nicht sofort reinen Tisch gemacht hat, schadet der ganzen politischen Klasse.“ Sie wünsche sich weitere Aufklärung. Es sei misslich, dass alle Details nur stückchenweise aufgeklärt würden. „Ich möchte, dass er als glaubwürdiger Bundespräsident im Amt bleiben kann.“

Bei der Staatsanwaltschaft in Hannover sind unterdessen elf weitere Strafanzeigen gegen Wulff eingegangen. „Unsere Prüfung hat aber ergeben, dass kein Anfangsverdacht für eine Straftat vorliegt“, hieß es am Montag aus der Behörde. Es gebe weiterhin keine Ermittlungen. Die Zahl der Strafanzeigen gegen Wulff liege nun bei insgesamt 20, sagte Oberstaatsanwalt Hans-Jürgen Lendeckel.