Jazz mit koreanischen Einflüssen war am Freitag in der Alten Synagoge zu hören. Der Beifall bewies, dass das Publikum auf seine Kosten kam. Foto: Stopper

Südkoreanische Volksweisen, moderner Jazz, Glühwein und eine Alte Synagoge – all das zusammen gestaltete einem beachtlich zahlreichen Publikum am Freitagabend in Hechingen einen wunderbaren Abend.

Hechingen - "Jazz bedeutet für mich Freiheit und er macht mich glücklich", beschreibt die Seoul geborene Pianistin Gee Hye Lee, die in der Stuttgarter Jazzszene verwurzelt ist, was sie als Musikerin antreibt. Mit ihrem Trio und gemeinsam mit der in Basel lebenden koreanischen Sängerin Song Yi Jeon hat sie nun eigenwillige Kompositionen entwickelt, die im Februar als CD veröffentlicht werden. Am Freitag in der Alten Synagoge wurden sie in einer Art Pre-Premiere dennoch schon vor etwa 100 Zuhörern präsentiert.

Ermöglicht hat das der Hechinger Arzt und Jazz-Liebhaber Jürgen Lehmann, der in der Alten Synagoge regelmäßig Konzerte veranstaltet, stets darauf bedacht, zur Eröffnung auch Hechinger Musiker zu Gehör zu bringen. So spielte er am Flügel gemeinsam mit Samuel Restle an der Posaune ein langsames Stück, das ein wunderbarer Einstieg in einen Abend außergewöhnlicher Hörerlebnisse war.

Kompositionen entstanden in der Corona-Konzertpause

Viele Kompositionen, die an diesem Abend zu hören waren, haben die beiden Koreanerinnen während der Coronazeit entworfen. Konzerte waren nicht möglich, Besuche in ihrer Heimat bei ihren Familien ebensowenig. Langeweile und Heimweh waren dann der Antrieb, südkoreanische Volksweisen zum Thema zu machen und zu verjazzen. Sehr spannend klang das, denn die Sing-Texte sind natürlich hierzulande kaum verständlich und bilden für das deutsche Publikum eine fast schon dadaistische Lautmalerei. Und die Sängerin Song Yi Jeon hat eine Stimme, die sich direkt in die Seele schmeichelt. Klar, selbst in leisen Passagen intensiv. Sie benutzt zudem sehr gekonnt eine Loop-Technik, so dass sie mit ihrem eigenen elektronischen Echo in Duos und Trios singen kann. Toll. Ohnehin waren an diesem Abend vier außergewöhnlich hochklassige Musiker zu hören.

Bassist mit unbewegtem Gesicht

Da wäre der Bassist Joel Locher zu nennen, der wie einst Buster Keaton mit unbewegtem Gesicht seinem großen Holzinstrument unglaubliche Klänge entzupfte und damit keinen Zweifel ließ, weshalb er in ganz Europa mit Größen der Jazz-Szene auftritt.

Schlagzeugerin prägt Konzert vom Hintergrund aus

Völlig entzückend zudem, was Mareike Wiening ihrem Schlagzeug entlockte. Optisch hielt sie sich völlig unauffällig im Hintergrund, akkustisch aber prägte sie subtil und dennoch unüberhörbar dieses Konzert. Man fragte sich gelegentlich, ob da nicht noch ein zweiter Schlagzeuger versteckt mitspielt, so vielfältig war das, was von ihr zu hören war. Und die Pianistin Gee Hye Lee ist nicht ohne Grund sehr bekannt. An den Tasten konnte sie die Zuhörer mit fast schon barmusik-mäßig schönen Klängen einfangen und dann begeister in wildes Hörgelände entführen, Rythmen wechseln.

Es waren ungewöhnliche Klänge, die an diesem Abend zu hören waren. Aber wie der begeisterte Beifall und das zuvor sehr konzentrierte Zuhören bewiesen, kamen sie beim Publikum bestens an.