Nach neun Jahren trat die hessische Bluesband „Handkäs mit Orange“ wieder in der Steinacher Festhalle auf. Dass die Musiker nach wie vor ihr Kerngeschäft verstehen, bewiesen sie – auch wenn Teile des Repertoires nicht allen Besuchern zusagten.
Sie hatte vor neun Jahren schon einmal einen Auftritt in Steinach, die hessische Bluesband „Handkäs mit Orange“. „Wer damals dabei war“, verkündeten die drei Musiker bei ihrem Auftritt am Samstag in der Reihe „Baden trifft...“ in der Festhalle im schönsten hessischen Dialekt, „der kann gleisch widder gehe, mir mache nämlisch dasselbe wie domols.“ Nun, von diesem Angebot fühlte sich keiner im Steinacher Publikum angesprochen: Niemand wollte sich diesen urigen Blues in hessischer Sprache, den die drei Musiker versprachen, entgehen lassen – und sei’s auch in Wiederholung. „Mir komme aus Hesse“, verkündete Frontmann Ralf Baitinger, befürchtend, von den Badenern nicht verstanden zu werden – und setzte gleich einen kleinen Crashkurs mit hessischen Vokabeln an.
Musikalisch flexibel und in der Tonart nicht festgelegt
Die drei, das waren einmal der instrumental flexible Senior der Gruppe, Bodo Kolbe, an seiner Gitarre, seinem E-Banjo oder schlicht der Mundharmonika. Zum zweiten der Blues-Sänger Fred Kraus mit der wohl „bluesigsten Stimme Südhessens“ (Zitat Ralf Baitinger), der gleich mit einem ganzen Arsenal von Instrumenten aufwartete: Neben der Stimme die Gitarre, das Waschbrett, das Horn oder das Kazoo, um nur einige zu nennen. Und schließlich der Frontmann der Gruppe, Ralf Baitinger, der in den verschiedensten musikalischen Bereichen unterwegs ist und auf der Bühne das Instrument wechselte wie andere ihr Hemd, etwa die Gitarre oder das Bandoneon. Zusammen legten sie in herrlicher Geschlossenheit und gleichzeitig voll mit Kontrasten, wie sie der Handkäs zu Orange signalisiert, einen Blues über den oft vertrackten ländlich-hessischen Alltag auf die Bretter, der vom ersten Ton an begeisterte. Dazwischen wurde eifrig mit dem Publikum gewitzelt oder die Musiker nahmen sich, selbstverständlich auf Hessisch, gegenseitig auf den Arm.
„Mer spiele de Blues, so schwarz wie Leckschmier (Pflaumenmus)“, warnten die drei ihr Publikum und Fred Kraus legte mit seiner gewaltigen Blues-Stimme ganz in rauester Satchmo-Manier los, dass einem fast die Luft wegblieb. „Mir komme net vom Mississippi“, verkündete er. „Mir reise im Zweckverband.“ Und tatsächlich: Auch auf Hessisch klingt der Blues originär nach Louisiana. „Wenn die Sonn schee scheint, stell ich mich drauße vors Tor“, hieß es da ganz idyllisch, um dann unvermittelt die Tonart zu wechseln: „Schluss mit lustig. Mir sin a sozialkritische Kapell.“ Und als solche widmeten sie sich den Minderheiten, etwa den Männern mit wenig Haaren auf dem Kopf mit dem düsteren „Glatze-Blues“. Einziger Trost: „A schee G’sicht braucht viel Platz.“ Weiter ging der Blues über den natürlich ausgerechnet bei der WM kaputten Fernseher bis hin zur Oma, die ihren eigenen Tod überlebt hat.
Fazit des Abends
Wenn es auch das schöne Hessisch ein wenig abmilderte: Manche Texte waren mitunter ein wenig flach, der Humor erschien, zumindest am Anspruch eines Musikkabaretts, etwas altbacken. Aber der tolle Blues machte es wieder mehr als wett.