Die Pianistin Henriette Gärtner setzte beim Gedenkkonzert für Albert Schweitzer in Königsfeld musikalische Akzente mit verschiedenen klassischen Werken.
Im Rahmen der diesjährigen Gedenktage für Albert Schweitzer trat die Pianistin Henriette Gärtner im Kirchensaal auf. Sie füllte jenen exzellenten Ruf aus, der ihr voraus eilt und mit Werken von Bach und Beethoven zur Realität wurde.
Bürgermeister Fritz Link stufte das Klavierrezital als Höhepunkt ein. Die Interpretin habe spontan im Juli 2024 ihren Auftritt zugesagt. Der Rathaus-Chef erinnerte daran, dass sich Albert Schweitzer in Theorie und Praxis mit dem Thomaskantor beschäftigte.
Dass die Künstlerin Beethoven als Pendant auswählte, kam nicht von ungefähr, denn der Bonner Komponist hätte angesichts der kompositorischen Größe dem Leipziger Meister eher den Namen „Meer“ zugelegt. Henriette Gärtner ließ nicht nur ihr perfektes technisches Können hören, sondern verwirklichte ihren dozierenden Drang wortgewandt mit Information zu den einzelnen Werken. Die Pianistin vermittelte den Zauber einer eleganten, selbstbewussten und kenntnisreichen Erscheinung, die auswendig spielend mit bester Gedächtnisleistung überzeugte und „Klang, Kraft und Kinematik“ als ihr Promotions-Thema zur Klaviermusik umsetzte.
Prickelnde Tonerzeugung kommt bei Zuhörern bestens an
Die prickelnde Tonerzeugung, die Ornamentik, die musikalische Ausstrahlung und die dynamische Gestaltung kam bei den Zuhörern bestens an. Die volle Öffnung des Flügeldeckels jedoch durfte angesichts der enormen Akustik des Kirchensaals in Frage gestellt werden. Wie ein Uhrwerk lief ohne kaum zu spürende Zäsuren die Partita BWV 825 ab. Dem Präludium folgte die schreitende Allemande, um von einer schillernden Courant und einer anmutigen Sarabande abgelöst zu werden. Zwei Menuette und die heiter-beschwingte Gigue rundeten das Werk ab.
Bei der berühmten Orgeltoccata in d-Moll in der Klavierbearbeitung von Carl Tausig, dem Wagner ein Denkmal setzte, mutierte die Interpretin zur Salonlöwin. Sie inszenierte einen verzierten, transparenten Beginn, sanfte Passagen, dramatische Toccatengestaltung, einen umwerfenden Klangrausch und eine rasante Fuge mit großem Fermatenabschluss. Einen Ruhepunkt setzte sie mit dem Adagio des d-Moll-Werks BWV 974, das Bach nach der Vorlage des Oboen-Solokonzertes des Italieners und Zeitgenossen Alessandro Marcello arrangierte. Von den Ecksätzen begeisterte vor allem das flinke Presto mit jugendlichem Schwung, leicht hingeworfenen Bassfiguren und schnellen Läufen. Mit Beethovens E-Dur-Sonate op. 109 setzte Henriette Gärtner ihr gefühlvolles, pianistisch-gestalterisches Können perfekt um, glänzte bei den Variationen und bewies, dass der Komponist als erster Romantiker gelten darf.