Julian Behr, Raitis Grigalis, Silvia Tecardi und Marc Lewon (von links) beim Konzert „Musikalische Grenzgänge“ Foto: Jürgen Scharf

Der Geschichtsverein und der „Markgräfler Musikherbst“ hatten Alte-Musik-Spezialisten aus der Doppelgemeinde eingeladen.

Wie klingt das Mittelalter? Eine Ahnung bekam das zahlreiche Publikum am Mittwoch in der evangelischen Kirche in Grenzach bei den „Musikalischen Grenzgängen“, einem Konzert mit Alter Musik auf mittelalterlichen Originalinstrumenten.

 

Die in Grenzach-Wyhlen lebenden Musiker Marc Lewon, Julian Behr und Silvia Tecardi, ausgewiesene Spezialisten ihres Fachs, nahmen die Zuhörer zusammen mit dem Sänger Raitis Grigalis auf eine Zeitreise zwischen Epochen und Stilen zwischen dem 13. und 17. Jahrhundert mit – also Musik aus den Grenzgebieten zwischen Mittelalter, Renaissance und Barock.

Es war ein „Heimspiel“ in mehrerer Hinsicht. Die Musiker freuten sich, wie Lewon sagte, dass sie einmal vor Ort spielen konnten, wo sie wohnen, sonst sind sie in ganz Europa unterwegs. Zudem passte das Konzert gut in den Jubiläumsreigen der Doppelgemeinde, vor allem zur Ersterwähnung von Grenzach vor 750 Jahren. Und wie Helmut Bauckner vom Geschichtsverein in seiner Einführung erzählte, auch zum kommenden 600. Kirchenjubiläum nächstes Jahr.

So schlug dieses Konzert eine Brücke zwischen der Ortsgeschichte und der Musik jener Zeit. Das früheste Lied von Neidhart, einem mittelalterlichen Liederdichter, verstanden die Interpreten als Reverenz an das Alter von Grenzach.

Bis hin zu den letzten Stücken aus dem elisabethanischen England wurde es eine Lehrstunde in früher Lauten- und Gambenmusik, mittelalterlichen Chansons und Renaissanceliedern, Instrumentenkunde und Spieltechnik.

Vielfältiger Querschnitt

Lieder von Ludwig Senfl, einem Sohn Basels, Tenorlieder wie „Tröstlicher Lieb“ von Paul Hofhaimer aus einem Renaissance-Lautenbuch, ein Lautenduett mit italienischen Tanzsätzen, Musik vom italienischen Hof in Mantua, bei der es wieder mal um Liebe und Gefühle geht, waren ein farbenprächtiger Querschnitt durch das Alte-Musik-Repertoire und gaben einen guten Eindruck von dieser vergangenen Welt.

Die drei Spielleute und der Troubadour führten mit klingenden Beispielen an weitere Stationen europäischer Musik, nach England mit einem Willkommensstück von John Dowland und gewichtigen Songs von Tobias Hume, der Soldat und bedeutender Gambenkomponist war.

Zehn Instrumente kamen zum Einsatz, allein das war schon abwechslungsreich. Neben der bekannten Laute waren einige exotischere Instrumente dabei, deren Namen kaum jemand kennt.

Hingabe und Leidenschaft

So hörte man empfindsame Interpretationen, weil die Gambistin und die beiden Lautenisten mit Hingabe, Sorgfalt und Leidenschaft sich in diese Musik zwischen Lebensfreude, Jubel, Liebe, Sehnsucht und Abschiedsschmerz einfanden, und damit auch in die früheren Lebenswelten.

Besonders schön ins Ohr ging das reizende Instrumentalstück „The Bells“ mit Glockenklängen.

Das Zusammentreffen mit einem Sänger war sehr bereichernd und suggestiv. Der lettische Bariton Raitis Grigalis sang mit natürlicher, unverfärbter Stimme, ungekünstelt und mit bewegender Schlichtheit diese Gesänge über lebenslustige Mädchen, Liebeskummer und traurige Verzweiflung. Seine Deklamation war klar, die Stimme linear geführt, man verstand jedes Wort.

Bis auf „Ach, arme Menschen“ von Tobias Hume, wo es gewichtiger und dramatischer zuging, gestaltete Grigalis die Vokalsätze in einem unaufdringlichen Vortragsstil und feiner Gesangstechnik.

Was dieses Konzert ausmachte, war die profunde Stilkenntnis der Interpreten und die unterschiedlichen Klangfarbenkonstellationen in den wechselnden Besetzungen.

Der Abend hatte eine dramaturgische Entwicklung, nicht nur zwischen Epochen und Stilen. Vom Ausdruck her bewegte er sich vom Fröhlichen immer mehr ins Melancholische. Und beim letzten Stück „Now, O now, I needs must part“ spürte jeder im Publikum, warum die Lautenlieder des John Dowland einstmals ein europäisches Ereignis waren.