SKS Klassik: Seong Jin Cho hat in der Liederhalle gezeigt, warum er zu den Führenden seiner Zunft zählt.
Wie komponiert man Natur? In „Les jeux d’eau à la Villa d’Este“ aus dem Zyklus „Années de pèlerinage“ beschwört Franz Liszt eine hochgradig stilisierte Form von Naturphänomenen: das Rauschen und Plätschern der Brunnen und Fontänen nämlich, wie er sie als Gast in der Villa d’Este im italienischen Tivoli kennengelernt hat. Hochgradig artifiziell ist diese Musik mit ihren glitzernden Arpeggien und wabernden Tremoloflächen, in die Liszt eine sakrale Melodie samt Bibelzitat eingewoben hat. Wo Virtuosität und Spiritualität in derart enger Korrelation stehen, braucht es einen mit allen technischen Wassern gewaschenen Poeten am Klavier – wie Seong Jin Cho. Der Südkoreaner hat bei SKS Klassik im Beethovensaal gezeigt, warum er zu den führenden Vertretern seiner Zunft zu zählen ist. Feiner nuanciert kann man Liszts Musik kaum spielen, und das gilt auch für Beethovens Sonate Nr. 15 D-Dur, die sogenannte „Pastorale“. Natur vermittelt sich hier in einer entspannt bukolischen, nur durch wenige dramatische Momente getrübten Erzählhaltung, die Cho in ihrer subtilen Vielschichtigkeit kongenial darstellt.