Mike Rutherford hat mit seiner Band Mike and the Mechanics in der Liederhalle alte und neue Hits gespielt und das Publikum begeistert.
Spät am Samstagabend knallt ein allbekanntes Gitarrenriff in die Liederhalle. Mike Rutherford löst sich von seinem Platz und tritt inmitten der Bühne dem Sänger Tim Howar gegenüber. Rutherford, zentrale Figur bei Mike and the Mechanics, ehemals Gitarrist bei Genesis, gibt sich sonst sehr zurückhaltend – ein hagerer Mann im hellblauen Anzug, der viele Ansagen seinen Mitmusikern überlässt, selten mit einem Gitarrensolo in den Vordergrund tritt. Nun aber spielt ein offenes Lächeln über das Gesicht des 74-Jährigen, während Tim Howar in die Rolle seines alten Bandkollegen Phil Collins schlüpft und faucht: „I can’t dance!“
Mike Rutherford hatte sich in den frühen 1980er Jahren bereits erfolglos an zwei Solo-Alben versucht. 1985 dann erschien sein erstes Album mit Mike and the Mechanics – und der übergroße Erfolg war plötzlich da. Zwischen 1986 und 1995 gab es Monate, in denen Genesis und die Solokünstler Mike Rutherford, Phil Collins, Peter Gabriel rund die Hälfte der internationalen Top Ten belegten. Heute feiern Mike and the Mechanics mit den Sängern Andrew Roachford und Tim Howar ihre alten Hits und fügen ihnen manchmal neue hinzu – 2025 sind es „A Song For You Song For Me“ und „East And West of the Sun“, die sich in bewährter Manier neu ins Programm schmiegen.
Große Party mit Genesis, Stevie Wonder und Tina Turner
40 Jahre nach Gründung seiner Band teilt sich Mike Rutherford das Gitarrenspiel mit Anthony Drennan; Phil Collins’ Sohn Nic Collins sitzt am Schlagzeug. Der erste Teil des Abends läuft noch wie der flüssige, aber etwas routinierte Auftritt einer gut besetzten Band. Es gibt Hits wie „Another Cup of Coffee“, „Silent Running“ und, mitten drin, das Genesis-Cover „Land of Confusion“. Die beiden Sänger wechseln sich ab; Tim Howar ist derjenige, dem die rockigeren Stücke zufallen, der, den Mikrofonständer in der Hand, aufs Publikum zugeht; Andrew Roachford singt mit souliger Stimme, sitzt im weißen Jackett hinter seinem Keyboard, wird später einen eigenen Song zur großen R’n’B-Nummer ausbauen und in seinem Solo Tina Turner und Stevie Wonder zitieren.
Dann kommt ein akustisches Zwischenspiel: Mike and the Mechanics bringen ein Medley aus eigenen Stücken und den Genesis-Songs „Land of Confusion“ und „Follow You, Follow Me“ – Mike Rutherford begleitet mit schlichtem, lockeren Schlag, der eine Song wirkt fast wie gemütvoller Country-Pop, der andere glänzt mit einem kleinen Keyboard-Solo im sparsamen Arrangement. Die Band greift wieder zu verstärkten Instrumenten – und der Rest des Abends wird zur 80er-Jahre-Party.
Für die Fans ein Stück Jugend
Andrew Roachford baut „The Living Years“ zum großen Soul- und Gospel-Song auf. Es folgen „All I Need is a Miracle“, „Over my Shoulder“, bei dem Bassist Luke Juby ans Mikrofon tritt, die Melodie pfeift, und „Word of Mouth“. Viele Zuschauer in der nahezu ausverkauften Liederhalle tragen Genesis-T-Shirts, sind auf den Beinen, singen, klatschen mit: Mike and the Mechanics lassen für sie zwei Stunden lang ein Stück ihrer Jugend wieder auferstehen.