Der Sänger der Band, Patrick Lück, trägt ein T-Shirt mit der Aufschrift „Gisela“. Foto: Lichtgut/Julian Rettig

Die Kölner Musikgruppe Höhner bringt das Publikum zum Tanzen und Mitsingen – die Hände in der Luft. So war das Konzert im Stuttgarter Theaterhaus.

Der Karneval fängt erst in drei Wochen an. Vermutlich wollen die Höhner dann daheim in Köln sein. Am Donnerstagabend aber sind sie im Stuttgarter Theaterhaus. Und einmal wollen sie es genau wissen. Sie fragen ihr Publikum, wie viele Menschen aus Stuttgart und näherer Umgebung zum Konzert gekommen seien. Es melden sich ein paar. Sie fragen, wie viele Kölner denn im Saal seien. Es melden sich nicht wenige. Im Theaterhaus geht ein seltsamer Geist um, an diesem Abend. Da sieht man Menschen jeden Alters, die sich kindlich freuen über eine Musik, die sehr zünftig, bodenständig und gerade daherkommt. Manche hüpfen auf der Stelle, manche haben sich mit Stoffblumen geschmückt, manche tragen bunte T-Shirts, alle singen mit. Im unbedarften Zuschauer keimt der Verdacht, er habe sich in eine rheinländische Enklave im Herzen des Schwabenlandes verirrt.

 

Herzlich sind die Höhner natürlich auch. „Schenk dir mein Herz“ heißt einer ihrer größten Hits, sie haben viele. Alle sind sie eingängig, manche beleihen den Rock’n’Roll, andere die Popmusik, den Schlager, die Folklore, das Seefahrerlied. In ruhigen Momenten, wenn die Band ans Gemüt appelliert, setzt man sich und lauscht, die meiste Zeit aber verbringen die Fans der Höhner im Stehen, die Hände in der Luft.

Höhner gibt es schon seit 53 Jahren

Höhner gibt es schon seit 53 Jahren, dies erfährt man im Konzert – keiner, der zu Beginn dabei war, ist es heute noch. Jens Streifling, geboren bei Leipzig, spielte bis 2002 bei einer anderen Kölner Band, bei BAP, wechselte dann zu den Höhnern und ist heute, als Multiinstrumentalist mit Gitarre, Mandoline und Saxofonen, das dienstälteste Mitglied der Gruppe. Er spielt schmissige Soli bei „Gott weiß, dass ich kein Engel bin“, er spielt die Mundharmonika, wenn Keyboarder Micki Schläger von der schönsten Straße erzählt, die immer nach Hause führt, dorthin, wo der Dom überm Horizont leuchtet. Micki Schläger singt und spricht auch die ernsten Worte des Abends – „Was wäre wenn“ heißt das Lied, danach sagt er: „Zu Hass, Gewalt, Intoleranz, Antisemitismus, Fremdenhass gibt es nur eine Meinung: Dass wir das nicht brauchen. Wir brauchen Liebe, wir brauchen Frieden, wir brauchen ein gutes und friedliches Miteinander.“

Die Bühne des Theaterhaus wird zum Fahrradweg. Foto: Lichtgut/Julian Rettig

Aber Höhner ziehen die Heiterkeit den ernsten Ansagen deutlich vor: Freddi Rubitz-Lagrand am Bass, Edin Čolić an der E-Gitarre, Heiko Braun am großen und kleinen Schlagzeug setzen auf Feierlaune. Patrick Lück, Sänger der Band seit drei Jahren, springt sportlich über die Bühne, fährt einmal Fahrrad, grinst und plaudert im größten Überschwang, singt „Es ist nicht so, wie du denkst“ und „Wenn nicht jetzt, wann dann?“ und „Alles, was ich will“.

„Pass op, Prinzessin, dat Krokodil well dich fresse“

Höhner teilen ihr Konzert, legen eine Pause ein, stehen zuletzt rund zweieinhalb Stunden auf der Bühne. Jenes Höhner-Lied, das jeder kennt, die Heimathymne der Band, kommt noch vor der Zugabe, und alle stimmen ein: „Viva Colonia!“ Mehr noch reißt das Publikum ein Stück mit, dessen Refrain auch auf vielen T-Shirts steht. Er geht: „Pass op, Prinzessin, dat Krokodil well dich fresse!“ Ein grünes Krönchen leuchtet, nebst dem Umriss des Reptils, das Theaterhaus ist außer Rand und Band. Mit vereintem tosenden Publikumsschrei verjagen Höhner den FC Bayern von Platz eins der Bundesliga und setzen Köln dort ein. Sie freuen sich darüber, dass es in Stuttgart ein Bier gibt, das dem heimischen „Schreckenskammer Kölsch“ zum Verwechseln ähnlich sieht. Sie fühlen sich wohl im Theaterhaus. Sie möchten wiederkommen. Und sie machen sich noch einmal auf die Suche: „Kennt hier jemand eine Gisela?“