Das SWR Vokalensemble hat im Mozartsaal seine erste eigene Abo-Reihe eröffnet – mit Musik aus Dänemark.
Wer hätte gedacht, wie attraktiv Nonsens-Wörter wie „g’gung“ klingen können, wenn sie gesungen werden. In sonore, warme, weiche Trommeltropfen verwandelte das Vokalensemble dieses „g’gung“ und grundierte damit die Stimme des Solisten, der sich exaltiert-stotternd am „g’ g’ g’ g’ gali ging“ abarbeitete und in seinem Ringen um Artikulation (seiner Trauer?) sehr verzweifelt wirkte. Dieser „Trauermarsch mit einem Unglücksfall“, in dem Per Nørgård 1980 ein Gedicht von Adolph Wölfli vertont hat, erklang im Saisoneröffnungskonzert des SWR Vokalensembles. Es war gleichzeitig auch der Auftakt zu seiner ersten eigenen Abo-Reihe mit vier Konzerten pro Saison im Mozartsaal der Liederhalle.
Vielfalt dänischer Chormusik
Unter der Leitung seines Chefs Yuval Weinberg ließ das Ensemble in unterschiedlichen Besetzungen in die Vielfalt dänischer Chormusik des 20. und 21. Jahrhunderts hineinhören – von Schönklangkompositionen über Humoristisches bis hin zu Folkloristischem. Interessant vor allem die Avantgarde. Und da ist Lautpoesie als Gegenstand, wie überall in moderner Chormusik, schon seit langem angesagt. Hörbar auch in Mette Nielsens „Tidlig solopgang“, in dem die Komponistin 2022 einen Sonnenaufgang auf ganz eigene Weise musikalisierte: Anbruch des Tages gleich Aufbruch ins Leben, sagte sie sich, in Erinnerung an ihre späten Teenagerjahre, als sie nach durchgemachten Nächten frühmorgens durch die Stadt nach Hause radelte: „Da ist nur freudige Erwartung – von kommenden Lieben und einem unabhängigen Leben.“ So überführte sie Glissandi, Melodiefragmente und Empfindungslaute in einen sich steigernden Fluss, der in grandiose Euphorie mündet.
Auch Pelle Gudmundsen-Holmgreens „Sound I“ von 2011 ist die Vertonung von Konsonantenreihen, jetzt im Soloquartett und von Gefühlslauten übergehend ins genau Rhythmisierte und Perkussive. Die emotionale Spannung entlädt sich am Ende in einem einzigen voll gesungenen Ton.
„Mein Gott, schon wieder Montag“
Auch ein Auftragswerk kam in diesem inspirierenden Konzert zur Uraufführung: „Punch“ von Nicolai Worsaae, der darin satirisch unterschiedlichste Textfragmente und Lautreihungen wie „ha, ha, ha“ und „ka, ka, ka“ aufeinanderprallen lässt und zum „Martyrium des Alltags“ zusammenführt: Jesu’ letzte Worte am Kreuz zitierend, kommentiert von Spott- und Lachchören und der Aussage „Mein Gott, schon wieder Montag“ und kontrapunktiert von Börsenmeldungen, Nachrichten über Ufos und Paul Gerhardts „O Haupt voll Blut und Wunden“. Das Publikum goutierte nicht nur das.