Wer das Konzert „Tango Argentino“ im Mostmaierhof am Samstag besuchte, hat echte Sternstunden erlebt. Die Veranstaltung zog viel mehr Publikum an, als Platz war und viele mussten enttäuscht wieder gehen.
Karten waren nur an der Abendkasse erhältlich und die waren rasch ausverkauft. „Musik übersetzt Schwingung und die wird in Hertz gemessen,“ stimmte Barbara Lehmann, Vorsitzende des Mostmaierhof-Vereins, mit nüchterner Physik auf das außergewöhnliche Konzerterlebnis ein. Das Bandoneon – auf 442 Hertz gestimmt – sei ein eigenwilliges Instrument und für den Abend wurde das ehrwürdige Steinway-Klavier des Vereins dank Oliver Schell darauf abgestimmt.
Keiner besonderen Einstimmung bedurften die Zuhörer, denn die Poesie der ursprünglichen Tangoklänge aus der Welt von Buenos Aires offenbarte sich ohne weiteres. „Tango ist sentimentale Musik und trifft die Herzen der Menschen“, übersetzte Christian Gerber die Worte von Sänger Omar Fernandez. Der Bandoneónist fand die Übersetzung eigentlich überflüssig und meinte: „Die Leute verstehen das auch so.“ Damit hatte er zweifellos recht.
Die Geschichten voll Begehren und Versagung, dem Zerbrechen menschlicher Träume und Sehnsucht nach einem besseren Leben beschrieben eine Gefühlswelt großer Emotionen, die direkt unter die Haut ging. Wohl die wenigsten der Zuhörer verstanden Spanisch, doch die emotionale Fülle der Worte gepaart mit dem virtuosen und gleichermaßen beseelten Spiel der vier erstklassigen Musiker schenkte ein umfassendes Begreifen der universellen Themen des Lebens über Kontinente und Kultur hinweg.
In der Balance zwischen viel Licht und Dunkelheit, zwischen den unüberhörbaren Klängen von Einsamkeit, Melancholie und einer Prise Erotik gelang es dem Quartett ein „Trotzdem“ zu formulieren.
Kraftvoll und ausdrucksstark, bisweilen mit geballter Faust besang Omar Fernandez die Höhen und Tiefen des Lebens, das Glück und den Schmerz.
Facettenreiches Repertoire sorgt für Begeisterung
Zum facettenreichen Repertoire gehörte unter anderem der Tango „Oblivion“, den Astor Piazolla für den Film „Heinrich IV“ des italienischen Regisseurs Marco Bellocchio komponierte, und ein altes Stück von Tangolegende Carlos Gardel. Fehlen durfte auch nicht der viel interpretierte Klassiker „Malena“, deren Stimme nach dem Unkraut der Vorstadt duftet, die den Tango singt wie keine andere und ihr ganzes Herz in jeden Vers legt.
Mit beispiellosem Charisma und spieltechnischem Können begeisterten Javier Fernandez (Klavier), Rodolfo Paccapelo (Kontrabass), Christian Gerber (Bandoneon) und Omar Fernandez (Gesang) das Publikum, das in einem kollektivem Seufzer das „Adiós“ eines letzten Tangos kaum glauben mochte. Erst nach zwei Zugaben durften die Musiker, die sich eigens für das Hausacher Konzert aus ganz unterschiedlichen Orten Europas zusammengefunden hatten, die Bühne verlassen.
Hommage an Hafner
Das Konzert „Tango Argentino“ im Mostmaierhof war auch eine Hommage an den im vergangenen Jahr verstorbenen Vereinsvorsitzenden Werner Hafner. „Das Konzert war eine Idee von Werner und er hatte eine eigene Geschichte mit Buenos Aires“, gedachte Barbara Lehmann, Lebensgefährtin von Hafner und Nachfolgerin im Vereinsvorsitz, des Gründungsmitglieds. Hafner wirkte maßgeblich bei der Erhaltung der ehemaligen Apfelsaftmosterei und der Einrichtung des heutigen reichen Kulturlebens dort mit.